Klimaschutz kostet „Billionen statt Milliarden“

Bonn: Vorbereitung der Weltklimakonferenz CUP29 in Baku

Etwa 6.000 Politiker, Diplomaten und Wissenschaftler bereiten seit dem 02.06.2024 in Bonn die Weltklimakonferenz COP29 (in Baku) vor. Einer der größten Knackpunkte beim Klimaschutz besteht darin, dass Experten höhere Kosten für den Klimaschutz als bisher vereinbart befürchten. Daher muss der im kommenden Jahr endende Klimafinanzierungsplan dringend überarbeitet werden. „Wir müssen ernsthafte Fortschritte bei der Finanzierung erzielen – dem wichtigsten Motor für Klimaschutzmaßnahmen“, betonte Simon Stiell, UN-Exekutivsekretär für Klimawandel, in seiner Eröffnungsrede.

Klimaschutz jetzt – Demo-Plakat der Klima-Allianz – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Operationalisierung des neuen globalen Kohlenstoffmarktes der UN: Die Entwicklung besserer Kohlenstoffmärkte kann Mittel für nationale Klimapläne und Anpassungsmaßnahmen freisetzen. Ein wichtiges Element ist die Operationalisierung des neuen globalen Kohlenstoffmarktes nach Artikel 6.4 des Pariser Abkommens. Im Vorfeld der COP29 besteht die wichtigste Aufgabe darin, die Empfehlungen zu den Methoden und zum Abbau von Treibhausgasen fertigzustellen. Bei der UN-Klimakonferenz in Bonn brachte das Aufsichtsgremium Vertragsparteien und Interessenvertreter zusammen, um die in Dubai aufgetretenen Bedenken zu erörtern und einen Konsens für das weitere Vorgehen auf der COP29 zu finden. „Unser Ziel bei der heutigen Zusammenkunft von Vertragsparteien und Interessenvertretern war es, eine freimütige und offene Diskussion zu führen, die es uns ermöglicht, im Vorfeld der COP29 Lösungen zu finden, die alle einbeziehen“, sagte Maria AlJishi, Vorsitzende des Aufsichtsgremiums nach Artikel 6.4. „Wir begrüßen die Geduld und Beharrlichkeit der vielen Interessengruppen, die heute hier anwesend sind. Wir haben uns eine Reihe von Ansichten angehört und unser Verständnis für die vor uns liegende Aufgabe gestärkt“, fügte der stellvertretende Vorsitzende Martin Hession hinzu.

„Hier in Bonn fordere ich Sie dringend auf,“ so Stiell, „vom Null-Entwurf zu echten Optionen für ein neues kollektives quantifiziertes Ziel zur Klimafinanzierung überzugehen.“ Das ist eine große Herausforderung. Schon früher haben Kompromisse stets lange gedauert. „Wir können es uns nicht leisten, Baku zu erreichen, wenn noch zu viel zu tun ist. Bitte lassen Sie jede Stunde hier zählen. Wir brauchen mehr Klimafinanzierung, während wir über ein künftiges Ziel verhandeln. Fortschritte bei dem einen ermöglichen das andere. Neue Zuschüsse und stark vergünstigte Finanzierungsformen für die Entwicklungsländer müssen mit globalen Finanzreformen gekoppelt werden, die einen Schuldenerlass und erschwingliche Finanzmittel ermöglichen, sowie mit der Erschließung neuer und innovativer Finanzierungsquellen außerhalb des Prozesses. Wir müssen uns auch für bessere Kohlenstoffmärkte einsetzen, indem wir hier in Bonn Fortschritte bei Artikel 6 erzielen.“

Stiell weiter: „Wir bewegen uns jetzt auf 2,7 Grad zu. Das ist nach wie vor ruinös hoch, und es liegt noch ein langer und steiler Weg vor uns, um unsere gemeinsame Grenze von 1,5 Grad in diesem Jahrhundert einzuhalten, aber wir sollten ermutigt sein, dass wir uns der Hälfte der Strecke nähern. Es ist klar, dass die zweite Hälfte der Klimareise der Menschheit noch schwieriger sein wird und dass die Klimaschutzmaßnahmen viel, viel schneller voranschreiten müssen. Wir können uns also keine Zwischenstopps oder Umwege auf diesem halben Weg der Klimareise der Menschheit leisten. Und wir können es uns absolut nicht leisten, in den nächsten zehn Tagen zu stolpern, oder dass der globale Klimafortschritt in diesem Jahr und darüber hinaus zum Stillstand kommt. Dies erfordert gegenseitiges Vertrauen und Respekt voreinander. Die vollständige Einhaltung des Verhaltenskodex ist unerlässlich, ohne Ausnahmen. Respektvolle Meinungsverschiedenheiten sind Teil dieses Prozesses, aber sie dürfen nicht sein bestimmendes Merkmal oder sein Ergebnis sein. Ich fordere Sie auf, zusammenzukommen und Differenzen zu überwinden. Dies ist nicht der Moment, um zu versuchen, es zu versuchen, sondern um Lösungen zu finden und Wege nach vorn zu bahnen.“

Im Raum steht konkret mindestens eine Billion Dollar, die gebraucht würde, um die Beseitigung von Klimaschäden und Klimaschutz zu finanzieren. Dabei geht es um Entschädigungen für den globalen Süden, aber auch um die Finanzierung der Energiewende dort. Viele Staaten sind nicht in der Lage, sich von fossilen Energien zu verabschieden und in Wind- oder Solarkraft zu investieren. Doch am Ende, so Experten, sei ein Umschwung in allen Erdteilen notwendig, um die Klimaziele zu erreichen. Das müsse auch während der Weltklimakonferenz im aserbaidschanischen Baku im Zentrum stehen.

„Bei der diesjährigen Klimakonferenz müssen wichtige Entscheidungen für die Finanzierung von Klimaschutz und Anpassung getroffen werden sowie eine Dynamik entwickelt werden für eine Ambitionssteigerung bei den Klimaschutzzielen der Staaten, die im nächsten Jahr vorgelegt werden müssen“, so Manfred Fischedick vom Wuppertal Institut. „In beiden Bereichen fehlt es aktuell, gemessen an den zunehmenden Folgen des Klimawandels, an der Ernsthaftigkeit der Staatengemeinschaft handeln zu wollen. Bewegung gibt es im Wesentlichen durch technische Entwicklungen und Kostensenkungen bei zentralen Technologien wie insbesondere Wind und Elektromobilität. Das allein reicht aber nicht.“ Hanna Fekete vom NewClimate Insitute erklärte: „Die Länder haben sich im Pariser Klimaschutzabkommen dazu verständigt, mindestens 100 Milliarden Dollar pro Jahr zu verabreden, aber eigentlich müsste dieses Ziel deutlich höher sein. Also eher Billionen statt Milliarden.“

Klimapolitik wieder mehr in den Fokus rücken

Ein Ziel von Bonn ist daher auch, die Klimaschutzpolitik wieder in den Fokus der Weltpolitik zu rücken. Die andauernden Kriege in der Ukraine und Nahost, aber auch die vielen anderen weltweiten Krisen forderten so viel Aufmerksamkeit, dass der Klimawandel immer weiter in den Hintergrund gerutscht sei. Eine wichtige Rolle, was Wahrnehmung und Ernsthaftigkeit angehe, spiele hierbei auch die kommende Wahl zum Europaparlament, so Klimawissenschaftlerin Fekete: „Ein möglicher Rechtsruck auf EU-Ebene könnte für die Klimapolitik bedeuten, dass es deutliche Rückschritte gibt. Und Rückschritte sind genau das, was wir eigentlich gar nicht brauchen. Wir müssen zusehen, dass die EU eine Führungsrolle einnimmt und die Welt auch ein bisschen mitzieht.“

In Bonn geht es darum, die Folgen des Klimawandels zu betonen, um so auch eine Diskussionsgrundlage zu finden, auf der nicht nur ein Finanzierungsfahrplan für die kommenden Jahre vordebattiert werden kann. Es geht auch darum, für Baku die bestmögliche Vorbereitung zu gewährleisten. Eine Herausforderung, für die die Bonner Delegierten bis zum 13. Juni Zeit haben – vorerst.

Bei den Bonner Klimatreffen begann am 03.06.2024 eine neue Arbeitsphase zu einem der wichtigsten Punkte auf der globalen Klimaschutzagenda – der Festlegung eines neuen Ziels für die Klimafinanzierung bis Ende 2024. Der 10. technische Expertendialog (TED10), gefolgt von der zweiten Sitzung im Rahmen des Ad-hoc-Arbeitsprogramms zum neuen kollektiven quantifizierten Ziel für die Klimafinanzierung (NCQG), begann um 15:00 Uhr. Diese Treffen markieren einen bedeutenden Wechsel in der Arbeitsweise – vom technischen zum politischen Bereich – um die Entwicklung eines Entwurfs für einen Verhandlungstext zu ermöglichen, der auf der UN-Klimakonferenz COP29 im November erörtert werden soll.

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