Trotz jahrelanger Verhandlungen und einer immer weiter wachsenden Plastikflut ist ein globales Abkommen gegen Plastikverschmutzung erneut gescheitert. Der Rückschlag von Genf droht eine der direkt sichtbaren Umweltkrisen unserer Zeit endgültig außer Kontrolle geraten zu lassen.

Trotz eskalierender Müllflut scheiterten die UN-Verhandlungen. Der Kampf gegen die Plastikkrise stockt. Foto von Fayegh(Shamal) Shakibay
Ein globales Abkommen gegen Plastikverschmutzung hätte längst verabschiedet werden sollen. Doch auch nach drei Jahren Verhandlungen ist die Staatengemeinschaft nicht über die tiefen Gräben zwischen Ambition und Verweigerung hinweggekommen. In Genf ist die fünfte Verhandlungsrunde über ein rechtlich verbindliches Plastikabkommen am 15. August ergebnislos zu Ende gegangen. Trotz zehntägiger Gespräche und Beteiligung von über 180 Staaten. Der jüngste Vertragsentwurf, vorgelegt von Konferenzpräsident Luis Vayas Valdivieso, scheiterte am Widerstand zahlreicher Delegationen. Vor allem das Fehlen verbindlicher Produktionsgrenzen für Kunststoffe wurde kritisiert: Eine zentrale Forderung der sogenannten High Ambition Coalition, der über 100 Länder, darunter Deutschland, die EU sowie zahlreiche afrikanische und lateinamerikanische Staaten, angehören. Sie hatten sich für ein ambitioniertes Abkommen eingesetzt, das den gesamten Lebenszyklus von Plastik reguliert. Von der Förderung der Rohstoffe bis zur Entsorgung.
Dem gegenüber stand die Like-Minded Group, der vor allem erdölreiche Länder wie Saudi-Arabien, der Iran und Russland angehören. Auch die USA hatten laut Medienberichten im Vorfeld massiv gegen Produktionsobergrenzen lobbyiert. Stattdessen sollte das Abkommen auf Abfallmanagement und freiwillige nationale Maßnahmen setzen. Ein Ansatz, der nach Ansicht von Wissenschaftlern und Umweltorganisationen die Ursachen des Problems nicht bekämpft. „Ein Abkommen ohne Reduktionsziele ist ein gescheitertes Abkommen”, sagte Sian Sutherland von der Initiative A Plastic Planet. Auch die WWF-Delegation sprach von einem „erschütternden Rückschritt“. Der Entwurf sei nicht mehr als eine Sammlung nationaler Absichtserklärungen und damit im Angesicht einer eskalierenden globalen Krise wirkungslos.
Tatsächlich ist die Lage dramatisch: Die weltweite Plastikproduktion liegt bei über 460 Millionen Tonnen pro Jahr, mit steigender Tendenz. Laut dem Bundesumweltministerium könnten es bis 2050 fast 600 Millionen Tonnen jährlich werden. Nur rund neun Prozent des Plastikmülls werden recycelt. Mikroplastik findet sich inzwischen in Meeren, Böden, Tieren und menschlichen Organen. Während die internationale Gemeinschaft in Genf blockiert ist, richtet sich der Blick nun auf die vom 1. bis 6. September stattfindende Climate Week 2-2025 (CW2) in Addis Abeba. Dort sollen konkrete Umsetzungsstrategien für Klimaschutz, Anpassung und Finanzierung erarbeitet werden. Im Zentrum stehen gerechte Übergänge zu CO2-armen Volkswirtschaften und der Schutz von Ökosystemen – auch vor Plastikmüll.
Dass derartige Großthemen in der Öffentlichkeit und in den Medien oft nur am Rande wahrgenommen werden, bleibt ein ungelöstes Problem. Ihre politischen und ökologischen Folgen betreffen jedoch längst alle Lebensbereiche. Ob sichtbar oder unsichtbar. Ein Scheitern wie in Genf wäre mehr als nur ein diplomatisches Missgeschick. Es wäre eine vertane Chance, das bekannte Problem mit bekannten Lösungen endlich ernsthaft anzugehen.
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