Viele Landwirte erleben die Agrarwende als Bedrohung. Ökonomisch und auch kulturell. Ein neues Forschungsprojekt aus Osnabrück fragt, warum gerade in der Landwirtschaft soziale Konflikte um Klimaschutz und Nachhaltigkeit so schnell eskalieren und was das für die Transformation bedeutet.

Transformationen in der Landwirtschaft: Ein Forschungsprojekt untersucht, warum die Agrarwende bei vielen Bäuerinnen und Bauern auf Widerstand stößt. Foto von LMX5 Fotografi
Die Umstellung auf eine nachhaltige Wirtschaftsweise ist unumgänglich, verläuft jedoch nicht reibungslos. Ein neues Forschungsprojekt der Universität Osnabrück untersucht nun, warum sich die Spannungen in der Landwirtschaft zeigen. Das Projekt TRAKONLA („Transformationskonflikte in der Landwirtschaft“) wird mit rund 250.000 Euro vom niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur sowie von der VolkswagenStiftung im Rahmen des Programms zukunft.niedersachsen finanziert.
Im Zentrum steht die Frage, wie Landwirtinnen und Landwirte den durch Umwelt- und Klimapolitik ausgelösten sozialen Wandel erleben und wie daraus Konflikte entstehen. Denn laut der Studie haben immer mehr Menschen im ländlichen Raum das Gefühl, wirtschaftlich wie kulturell unter Druck zu geraten. „Diese Konflikte können dringend notwendige ökologische Änderungen behindern und sogar die Legitimität der Klimapolitik untergraben“, erklärt Prof. Holst vom Institut für Sozialwissenschaften der Universität Osnabrück.
Die Landwirtschaft ist in mehrfacher Hinsicht betroffen. Einerseits spielt sie eine Schlüsselrolle bei Klimaschutz, Biodiversität und Ressourcenschonung, andererseits muss sie sich tiefgreifend verändern. Im Rahmen des Forschungsprojekts wird mittels einer deutschlandweiten Befragung sowie Fallstudien in Niedersachsen, Brandenburg und Baden-Württemberg untersucht, wie Landwirtinnen und Landwirte auf politische Maßnahmen reagieren und welche regionalen Faktoren ihre Sichtweise beeinflussen. Auch die Protestbereitschaft wird dabei analysiert. „Viele fühlen sich materiell und symbolisch an den Rand gedrängt“, erläutert Prof. Dr. Martin Franz vom Institut für Geographie.
Ein zentrales Ziel von TRAKONLA ist es, die Zusammenhänge zwischen sozialen und räumlichen Dynamiken besser zu verstehen. Mithilfe der regionalen Fallstudien können Unterschiede zwischen den Protestregionen erfasst und die Rückwirkungen auf die Transformationsbereitschaft analysiert werden. Dabei geht es nicht nur um politische Einstellungen, sondern auch um Fragen von Identität, Zugehörigkeit und Gerechtigkeit.
Laut dem Projektteam schließt TRAKONLA eine Forschungslücke. Die räumliche Dimension von Konflikten um Nachhaltigkeit wurde bisher kaum untersucht. Die Ergebnisse sollen in die politische Debatte über die Zukunft der Landwirtschaft einfließen. Das Ziel ist eine Transformation, die nicht nur ökologisch notwendig, sondern auch sozial tragfähig ist. Vor dem Hintergrund von Klimakrise, Ressourcenknappheit und globalen Lieferketten ist der Umstieg auf eine Kreislaufwirtschaft nötig. Doch ihre Umsetzung hängt davon ab, ob sie vor Ort akzeptiert wird. Das Forschungsprojekt soll dazu fundierte Erkenntnisse und möglicherweise erste Antworten liefern und soll so für die Frage helfen, wie gesellschaftlicher Wandel gelingen kann, ohne neue Brüche zu erzeugen.
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