„Es lohnt sich, Vorreiter zu sein“

Studien untersuchen zweitbeste Szenarien der Klimapolitik

Industriestaaten können davon profitieren, früh Maßnahmen zur Begrenzung des Klimawandels anzupacken, selbst wenn der Rest der Welt die Verminderung von Treibhausgas-Emissionen hinauszögert. Mit zwei  Grad als Obergrenze der globalen Erwärmung lohnt es sich langfristig, ehrgeizige Emissionsreduktionsziele zu vereinbaren und damit Investitionen in saubere Energien anzukurbeln. Diese Kernaussage treffen Wissenschaftler u.a. nach einer Analyse einer Ökonomie der Dekarbonisierung in einer nicht perfekten Welt in einer Reihe von Studien, die jetzt in einer Sonderausgabe von Climatic Change erschienen sind. Sie werden in den fünften Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC einfließen.

Es lohnt sich Vorreiter zu sein

„Es zahlt sich für Europa aus, wenn es seine Rolle als Vorreiter annimmt, statt wie viele andere Länder lang rumzutrippeln, das zeigt unsere Studie“, sagte Ottmar Edenhofer, Leiter des Projekts und Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. „Indem sie früh handeln, können Länder es vermeiden, sich durch den Aufbau einer auf Dauer teuren CO2-intensiven Infrastruktur gleichsam selbst einzumauern. Ersparen sie sich dies, so überwiegt der positive Effekt die Kosten der Treibhausgasreduktion sowie die kurzfristige Einbußen in der Wettbewerbsfähigkeit auf den internationalen Märkten“, so Edenhofer. Wenn die Preisbildung für den Ausstoß von CO2 nicht optimal funktioniert, kann Technologiepolitik zur Förderung erneuerbarer Energien die Vermeidungskosten deutlich vermindern.

Ohne globales Reduktionsziel fehlen Investitions-Anreize

Selbst mit einer verbindlichen 2-Grad-Grenze könnte es aber für einige Länder unter bestimmten Bedingungen strategisch zunächst nützlich erscheinen, die Verminderung hinauszuzögern. Länder wie Indien, die im Fall von gleichen Pro-Kopf-Emissionsrechten als Verkäufer solcher Rechte auftreten würden, können möglicherweise von spätem Handeln profitieren: Denn wenn sie später verkaufen, steigen die CO2-Preise und damit die Einnahmen.

Ohne ein globales Ziel zur Emissionsreduktion allerdings fehlen den Investoren in jedem Fall die nötigen Anreize, Geld in die Entwicklung emissionsarmer Technologien zu stecken: „Im Ergebnis würden die Kosten zur Verminderung des Klimawandels stark steigen“, sagt Gunnar Luderer, einer der Leit-Autoren. „Frühe und glaubwürdige Klimapolitik ist ein wesentlicher Faktor zur Begrenzung von Vermeidungskosten.“ Die Verfügbarkeit von Technologien ist ein zweiter Faktor. Während das Potential zur Emissionsreduktion im Energiebereich groß ist, das durch den vergleichsweise günstigen schnellen Einsatz von Technologien für erneuerbare Energie – wie zum Beispiel Windkraft – ausgeschöpft werden kann, sind emissionsarme Technologien im Transportsektor noch immer sehr teuer. Es bedarf daher gezielter Anstrengungen zur Verbesserung der Energieeffizienz, vor allem aber verstärkter Forschung und Entwicklung.