4. EEG-Dialogforum im BMU: „Die Rolle von Speichern im Kontext der Energiewende“

Leitfragen für die Podiumsdiskussionen
Vor dem Hintergrund der Ausführungen ergeben sich folgende Leitfragen, die im Rahmen des EEG-Dialogforums diskutiert werden sollten:
1. Welche Anforderungen an das zukünftige Versorgungssystem mit hohen An-teilen erneuerbarer Energien werden kurz-, mittel- und langfristig gesehen?
2. Welchen Beitrag können und sollen Speicher leisten und wann ist dieser Bei-trag gefordert?
3. Mit welchen anderen technischen Optionen stehen Speicher in Konkurrenz?
4. Welche Schwerpunkte sollten kurz- und mittelfristig bei der Speicherentwick-lung gesetzt werden?
5. Wie ist die Kostenentwicklung der einzelnen Speichertechnologien zu beurtei-len?
6. Wie können die gesetzlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen so op-timiert werden, dass Speicher im Wettbewerb mit anderen technischen Optio-nen ihre Vorteile realisieren können?
7. Welche Hemmnisse existieren im Hinblick auf den Markteintritt und welche Marktmodelle sollen angestrebt werden?

Sieben Thesen
These 1: Kurzzeitspeicher können im Verteilnetz Systemdienstleistungen erbringen.

Kurzzeitspeicher sind zwar im Hinblick auf die reine Ein- und Ausspeisung sehr teuer, können aber im Verteilnetz systemstabilisierende Wirkung haben. Vor allem bei der Frequenz- und Spannungshaltung können Speicher sinnvoll zur Versorgungsinfrastruktur beitragen und zudem bei Netzengpässen überschüssigen Strom aufnehmen. Damit können sie die wachsende Rolle der EE-Anlagen im Netzbetrieb unterstützen und damit den Bedarf an konventioneller Kraftwerksleistung für einen sicheren Netzbetrieb verringern. Dabei ist zu klären,

  • wie realistisch dieses Konzept ist,
  • mit welchen alternativen Technologien Speicher für diesen Zweck konkurrieren
  • und wie die Rangfolge der einsetzbaren Alternativen unter wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aussieht.

These 2: Kurzzeitspeicher müssen sich im Wettbewerb mit anderen Flexibilitätsoptionen behaupten.

Der angestrebte Ersatz konventioneller Kraftwerke durch Anlagen zur erneuerbaren Stromerzeugung wirft die Frage auf, wie in einem modernen Strommarkt Versorgungssicherheit und Systemstabilität gewährleistet werden können. Die Wahl der optimalen Anbieter von Ausgleichsenergie und Systemdienstleistungen hängt von der jeweiligen Erzeugungs- und Netzstruktur ab. Folglich wird es vermutlich regional unterschiedliche Optima geben, die sich in stetigem Wettbewerb herauskristallisieren müssen.

These 3: Kurzzeitspeicher sind keine wirtschaftliche Alternative zum Ausbau des Übertragungsnetzes.

Als Alternative zum Netzausbau wird der Bau von Speicherkapazitäten diskutiert. Verschiedene Kosten-Nutzen-Analysen zeigen aber sehr deutlich, dass der Netzausbau auf  Übertragungsnetzebene die kostengünstigste Alternative ist. Insoweit werden Kurzfristspeicher eher als Systemdienstleister gesehen, die aber den Bedarf für den Netzausbau nicht vermindern. Für den überregionalen Ausgleich von Erzeugung und Nachfrage haben die Optimierung des vorhandenen Netzes und der geplante Netzausbau höchste Priorität.

These 4: Je nach Nutzung erhöhen Speicher den erforderlichen Netzausbau.

Bisher wird der Speicherbetrieb häufig nicht nach den Anforderungen der Netze ausgelegt, sondern erfolgt ausschließlich nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten. Aus diesem Grund können Speicher die bestehenden Netzprobleme sogar verschärfen. Unter veränderten Rahmendbedingungen – stärkere Netzorientierung des Speicherbetriebs – könnten Speicher aber grundsätzlich zur Entlastung der Stromnetze beitragen. Deshalb sollten geeignete Regelungen für den Netzanschluss von Speichern entwickelt werden, die einen netzdienlichen Speicherbetrieb sicherstellen.

These 5: Langzeitspeicher werden erst ab 2050 systemrelevant und brauchen keine spezielle Förderung.

Die Strommärkte geben aufgrund ihrer Preissignale derzeit nur geringe Investitionsanreize für Speicher. Neue Speichertechnologien stehen am Anfang der Lernkurve. Deshalb ist eine gezielte Förderung von Forschung & Entwicklung sinnvoll, wie im Speicherforschungsprogramm der Bundesregierung vorgesehen. Dagegen scheint eine breit angelegte spezielle Förderung zur Markteinführung von Speichern nicht erforderlich zu sein. Besonders gilt dies für die Weiterentwicklung der „Power-to-Gas-Technologie“. Diese sollte weiter entwickelt und marktfähig gemacht werden.

These 6: Wärmespeicher können für das Stromversorgungssystem ähnlich sinnvoll sein wie Stromspeicher.

Wärmespeicher im Kontext von Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen, Wärmepumpen, Wärmenetzen und Prozesswärmeproduktion können die Flexibilität von Strom-Erzeugung und -Verbrauch erhöhen, indem sie z.B.

  • bei Stromüberschuss die elektrische Mindesteinspeisung von KWK verringern (durch Wärmenutzung aus dem Wärmespeicher) oder Strom über Wärmepumpen oder Elektroheizer in Wärme umwandeln und
  • bei Strom-Knappheit die elektrische Einspeisung aus KWK erhöhen bzw. den Stromverbrauch von Wärmepumpen

These 7: Flexibilitätsoptionen brauchen fairen Wettbewerb auf der Grundlage eines weiterentwickelten regulatorischen Umfeldes.

Für fairen Wettbewerb ist es entscheidend, dass Märkte für Systemdienstleistungen weiter entwickelt werden, die technischen Flexibilitätsoptionen gleichberechtigt konkurrieren können. Hierzu gehört auch die Frage, inwieweit die Bereitstellung von Systemdienstleistungen ausschließlich Erzeugungsanlagen obliegt oder besser und kostengünstiger durch andere erbracht werden können. Die wachsende Bedeutung der Flexibilitätsoptionen zum Ausgleich fluktuierender Erzeugung und wechselnden Verbrauchs erfordert neue technische Spielregeln. Besonders im Verteilnetz können die Flexibilisierung des Verbrauchs und der erwartete Einsatz von Kurzzeitspeichern neben den dezentralen Erzeugungsanlagen zunehmend eine relevante Rolle übernehmen.