Robert Schlögl: Für eine dynamische Katalyse

Was hat sich in den vergangenen zehn Jahren in der Katalyseforschung getan?

RS: Die Katalyseforschung hat eigentlich genau diese Erkenntnisse in den letzen zehn Jahren gefestigt, das heißt, wir gehen davon aus, dass heterogen-katalytische Prozesse sich nicht auf statischen Oberflächen abspielen, sondern dass die Oberfläche mit den reagierenden Stoffen zusammen eine Einheit, ein dynamisches System bildet. Dieses dynamische System bringt die aktiven Zentren hervor. Auch deswegen ist die Nanotechnologie in der Katalyse von größter Bedeutung, weil die Geschwindigkeit, mit der sich aus einem Vormaterial, das man Precursor nennt, der Katalysator bildet, davon abhängt, wie lang die Diffusionslänge von Atomen ist, das heißt, wie lang der geometrische Abstand zwischen Oberfläche und Volumen eines Teilchens ist. Es ist offensichtlich, dass ein nanostrukturiertes Teilchen eben sehr viel kürzere Zeiten dafür benötigt und deswegen auch die Einstellung des dynamischen Zustands eines Katalysators sehr viel schneller von statten geht.

Wohin geht der Trend in der Katalyse, so es denn einen gibt?

RS: Wir arbeiten mit allen Katalysatorsystemen, die verfügbar sind, das heißt molekulare und auch heterogene Katalysatoren, allerdings unter der ganz klaren Maßgabe, dass wir von den Edelmetallen wegwollen und uns mit den Elementen beschäftigen, die auch die Natur verwendet, um Energiespeicherprozesse durchzuführen. Das sind im Wesentlichen die Elemente Mangan und Kalzium für die Wasserspaltung auf der einen Seite und Eisen und Nickel, um den gewonnenen Wasserstoff auf der anderen Seite mit Kohlenstoff umzusetzen. Damit ist auch klar, welche Elemente wir untersuchen.

Mit welchen Katalysatortypen arbeiten Sie in Ihrer Forschung schwerpunktmäßig und warum?

RS: Das erste große Forschungsprojekt, mit dem sich das gesamte Institut beschäftigt, ist die Spaltung des Wassers. Denn wenn wir nicht in der Lage sind, die Schnittstelle zwischen elektrischem Strom und chemischen Bindungen zu besetzen, das heißt, aus elektrischem Strom Wasserstoff zu erzeugen, dann sind alle nachgeschalteten Energiespeicherprozesse wertlos. Leider ist genau die Beherrschung dieser äußerst einfachen Reaktionen – Wasser zu spalten in Wasserstoff und Sauerstoff – heute noch so schlecht verstanden, dass wir zum einen nicht in der Lage sind, Energiewandler zu bauen, die sich der regenerativen Energielieferung anpassen können, das heißt, die in der Lage sind, mehrmals am Tag an- und abgeschaltet zu werden und zum anderen sind die verfügbaren Elektrolyseapparaturen derartig teuer, dass sich auf der Dimension einer nationalen Energieversorgung niemand leisten kann, solche Technologien einzusetzen. Wir brauchen also stabile, wechsellastfähige und preiswerte Elektrolysetechniken. Dazu müssen wir die Elektrolyse als Prozess wesentlich besser verstehen. Es wird nicht möglich sein, durch schlichte empirische Verbesserung vorhandener Systeme diese dringende Aufgabe zu lösen.