CO2-Grenzwerte – ein IASS-Vorschlag

Mögliche Umsetzung – Ausgestaltungsansätze in Deutschland

„Das Ziel einer Einführung von CO2-Emissionsgrenzwerten in Deutschland ist die kontrollierte Verminderung der CO2-Emissionen der deutschen Kraftwerke als Beitrag zum Erreichen der gesetzten Klimaziele.

Durch den derzeit großen Überschuss an CO2-Zertifikaten im Emissionshandel und den daraus resultierenden niedrigen CO2-Preis sollen die CO2-Emissionsgrenzwerte vor allem kurz- und mittelfristig ihre Wirkung entfalten. Die Unsicherheit über die weitere Entwicklung des Emissionshandels legt allerdings nahe, die Emissionsgrenzwerte so auszugestalten, dass sie klare Signale an Kraftwerksinvestoren geben, dass Investitionen in emissionsintensive Erzeugungstechnologien mit der deutschen Klimapolitik nicht vereinbar sind.“

CO2-Emissionsgrenzwerte für neue und Bestands-Kraftwerke

„CO2-Emissionsgrenzwerte für neue Kraftwerke sind zwingend geboten, da diese mit Nutzungsdauern von mindestens 30 bis 40 Jahren potenziell bis in die Mitte des Jahrhunderts Strom produzieren werden. Emissionsgrenzwerte ausschließlich für neue Kraftwerke bergen die Gefahr der Verzögerung von Investitionen in neue Anlagen.48 Die Integration des Bestandes in die Emissionsgrenzwerteregelung beugt diesem Effekt vor. Eine signifikante zeitnahe Verminderung der CO2-Emissionen der Stromerzeugung ist ohnehin nur möglich, wenn auch Bestandskraftwerke in die Emissionsgrenzwerteregelung integriert werden.

Aus ökologischer Sicht ist es effizient, die Kraftwerke mit den höchsten spezifischen Emissionen in eine solche Regelung miteinzubeziehen. Eine mehrheitsfähige Regelung muss allerdings dem Umstand Rechnung tragen, dass die Braunkohle bei der Verstromung zwar zu den höchsten spezifischen Emissionen führt, sie allerdings auch die mit Abstand größten Vorkommen in Deutschland aufweist und am kostengünstigsten ist.“

Investitionen bestmöglich schützen

„Der Zugriff auf den Bestand ist aus ökologischer Sicht zwar nicht zu vermeiden. In der Vergangenheit getätigte Investitionen in Kraftwerke sollten dennoch bestmöglich geschützt werden, indem primär amortisierte Anlagen durch die Emissionsgrenzwerte reguliert werden.

Auf Basis der internationalen Beispiele und der angestellten Grundüberlegungen könnten Emissionsgrenzwerte für deutsche Kraftwerke folgendermaßen ausgestaltet werden:

Das Altersstufenmodell

  • Strikter Grenzwert für spezifische Emissionen (in g/kWh, Jahresmittel) von neuen Kraftwerken, der sich an den Emissionen moderner hocheffizienter Gas- und Dampfkraftwerke orientiert. Die Unsicherheit der langfristigen Entwicklung des CO2– Preises lässt den Neubau von Kohlekraftwerken als Möglichkeit zumindest offen. Emissionsgrenzwerte sind insoweit als Sicherheitsnetz sinnvoll.
  • Jahresemissionsgrenzwerte (in t/(MW Jahr)) für Kraftwerke, die 40 Jahre oder älter sind. Der Grenzwert soll den Jahresemissionen eines durchschnittlich effizienten Gas- und Dampfkraftwerks (400 – 450 g/kWh) mit einer Auslastung von 80 – 90 % entsprechen. Durch die derzeitige Überkapazität in der Stromerzeugung und die regulatorische Unsicherheit hinsichtlich zukünftiger Kapazitätszahlungen werden im Moment keine Investitionsentscheidungen für neue Kraftwerke getroffen. Emissionsminderungen in der Stromerzeugung werden vor allem dadurch erzielt, dass die Betriebszeiten bestehender Kraftwerke mit unterschiedlichen Energieträgern verändert werden. Die Altersstruktur des deutschen Kraftwerksparks offenbart ein beträchtliches Potenzial einer Regelung für Altanlagen.
    [note Altersstruktur der in Betrieb, in saisonaler Konservierung oder in Reserve befindlichen deutschen Kraftwerke mit fossilen oder radioaktiven Brennstoffen. Quelle: Bundesnetzagentur, Kraftwerksliste, Stand: 02. April 2014.]

Das Flottenmodell

  • Strikter Grenzwert für spezifische Emissionen (in g/kWh, Jahresmittel) von neuen Kraftwerken, der sich an den Emissionen moderner hocheffizienter Gas- und Dampfkraftwerke orientiert.
  • Einführung eines spezifischen CO2-Emissionsgrenzwerts, der für jedes Stromerzeugungsunternehmen gilt. Dieser Grenzwert wäre über einen Top-down-Ansatz relativ einfach zu bestimmen. Die Unternehmen hätten die Möglichkeit, die Stromerzeugung innerhalb ihres Portfolios auf Kraftwerke mit geringeren spezifischen Emissionen zu verlagern. Die Erzeugung würde sich tendenziell von älteren zu jüngeren und von Kohle- zu Gaskraftwerken verschieben.
  • Der Jahresgrenzwert für Altanlagen (>40 Jahre) könnte auf Bestandskraftwerke erweitert werden, indem für weitere Altersstufen (>25 Jahre, >30 Jahre, >35 Jahre) Jahresgrenzwerte (in t/(MW Jahr)) gesetzt werden. Um die Auslastung der relativ emissionsintensiven alten Kraftwerke zu reduzieren und gleichzeitig Modernisierungsmaßnahmen anzureizen, sollten die Jahresgrenzwerte mit zunehmendem Alter strikter werden. Eine solche Regelung ermöglicht eine fließende Reduktion der Emissionen durch den Braun- und Steinkohlebestand. Die durch die Emissionsgrenzwerte unterbundene Stromerzeugung durch alte Anlagen wird dabei auf moderne Kohle- und Gaskraftwerke verlagert.
  • Alternativ könnte statt eines spezifischen Emissionsgrenzwerts ein Jahresemissionsgrenzwert (in t/(MW Jahr)) definiert werden, der wiederum für jedes Erzeugungsunternehmen gälte. Auch dieser Jahresemissionsgrenzwert würde über einen Topdown- Ansatz bestimmt. Ausgangspunkt wäre das angestrebte jährliche Emissionsbudget der gesamten konventionellen Stromerzeugung. Dieser Wert würde durch die installierte Leistung dividiert.Wie im Absatz zum Altersstufenmodell erwähnt, ermöglicht ein Jahresgrenzwert einzelnen Anlagen den Grenzwert zu erfüllen, indem die Erzeugung reduziert wird. Jahresgrenzwerte würden kleinen Unternehmen mit wenigen emissionsintensiven Kraftwerken im Portfolio Zeit zur Umstrukturierung ihres Portfolios verschaffen.“

Folgt: Ansatzpunkte und Fazit