Weizsäcker fordert Ausgleichsabgabe für Ölpreissturz

Sonst Schaden für Klimaschutz zu befürchten

Ernst Ulrich von Weizsäcker, Ko-Präsident des Club of Rome und Vordenker der Energiewende, drängt auf mehr Umwelt- und Klimaschutz und fordert deshalb eine Abgabe zum Ausgleich für den abgesackten Ölpreis, die auf den Preis aufgeschlagen werden soll. Der Physiker und Biologe sagte der Frankfurter Rundschau, wenn Öl wieder teurer werde, bedeute das mehr Anreize zum Energiesparen und für den Klimaschutz.

Vor 26 Jahren nannte von Weizsäcker das 21. Jahrhundert das „Jahrhundert der Umwelt“. Später räumte er ein, dass er sich da „getäuscht“ habe. Der Glaube, der Markt werde alles richten, habe fast alle Gedanken an Um- und Nachwelt erdrückt. Doch seine Hauptkritik, Kurzfristigkeit und Sofortbefriedigung siegten über die Langfristigkeit, bleibt bestehen. Wichtig sei die Einsicht, sagte er am 29.10.2014  im Solarify-Selbst-Gespräch, „dass kulturelle Verkurzfristigung unsere Welt destabilisiert“. Die „Jetztzeit-Besoffenheit“ sei eine „Frechheit gegenüber unseren Enkeln, die wir uns moralisch nicht leisten können. Fortschritt und Innovation müssen enkeltauglich sein. Zerstörerischer Fortschritt ist kein Fortschritt, sondern Rückschritt.“

Daher jetzt – „soweit wie politisch durchsetzbar“ – die Ölpreisabgabe: Sie solle sich „aufkommensneutral“ gestalten, denn andere Abgaben müssten „entsprechend gesenkt“ werden. Wirtschaftliche Bedenken hat der 75jährige („Faktor Vier“, „Factor Five“) keine. Dänemark habe beispielsweise den damals extrem niedrigen Ölpreis steuerlich abgefangen und gleichzeitig andere Abgaben gesenkt, das sei der dänischen Wirtschaft „großartig bekommen“. Andernfalls komme der Klimaschutz bei anhaltenden Niedrig-Ölpreisen „zum Stehen“. Allerdings ist Weizsäcker überzeugt, „dass es in weiten Teilen der Weltbevölkerung die Einsicht gibt, dass das nicht passieren darf“.

[note Ernst Ulrich von Weizsäcker – Seit den 70er Jahren mahnt der studierte Physiker und promovierte Biologe Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu nachhaltigem Denken und Handeln. Der Sohn des Physikers und Philosophen Carl Friedrich von Weizsäcker zählt zu den Pionieren der Umweltforschung und wurde vielfach ausgezeichnet. Er wirkte u.a. als Direktor am UNO-Zentrum für Wissenschaft und Technologie, als Direktor des Instituts für Europäische Umweltpolitik, Präsident des Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie und als Dean der Donald Bren School for Environmental Science and Management, University of California, Santa Barbara in den USA. Als Mitglied des Bundestags leitete er die Enquete-Kommission „Globalisierung der Weltwirtschaft“. – Mehr auf ernst.weizsaecker.de.]

Eine „Neuauflage der Ökosteuer“ hält Weizsäcker für sinnvoll, aber eher als „langfristig kalkulierbarer, langsam ansteigender Preiskorridor“. Dann könnten sich die anderen Parameter (wie Technologieentwicklung, Infrastrukturplanung und Investitionsentscheidungen) darauf einstellen. Langfristiges Einrichten auf das Ende der fossilen Energien mache „wettbewerbsfähiger“. Weizsäcker: Nur dann hätten wir eine „realistische Chance, bei Klima, Biodiversität und Knappheit halbwegs rechtzeitig vorzusorgen“.

[note Ob Parteifreund, Vizekanzler und Energieminister Gabriel von Weizsäckers Idee angetan ist, bleibt vorerst offen. – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft]

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