Klimawandel vom Satelliten aus

Wissenschaftlerin der TU Darmstadt erforscht Meeresspiegelveränderungen

Seit 1993 steigt der Meeresspiegel durchschnittlich um 3,1 Millimeter pro Jahr. Langzeitmessungen seit Anfang des 20. Jahrhunderts belegen zudem eine deutliche Beschleunigung des Anstiegs. Überflutungen und Landverluste sind nur einige der gravierenden Folgen. Die Geodätin Luciana Fenoglio-Marc von der TU Darmstadt erforscht die Veränderung des Meeresspiegels und deren Ursachen mithilfe von Satellitenmessdaten und legt in ihrer Habilitationsschrift Ergebnisse vor.

Der menschliche Einfluss verändert die Strahlungsbilanz der Atmosphäre durch den Eintrag von CO2, Methan, Wasserdampf und weiteren Gasen, bewirkt einen Temperaturanstieg und als Folge einen deutlichen Anstieg des Meeresspiegels. Traditionell werden Veränderungen der Meeresspiegel über Pegelstand-Messungen erfasst. Einige dieser Datenaufzeichnungen reichen zurück bis ins 19. Jahrhundert und liefern wichtige Erkenntnisse über die Entwicklung des Wasserstandes.

Seit 1991 kann die Oberfläche der Ozeane global und um ein Vielfaches präziser über die Satellitenaltimetrie bestimmt werden. Satelliten senden hierbei ein Signal an die Meeresoberfläche und empfangen dessen Reflektion. Über die gemessene Laufzeit und die Position des Satelliten auf seiner Bahn kann die Meereshöhe errechnet werden. Während Pegelstanddaten Aufschluss über eine lokale Veränderung relativ zum Land bieten, können mittels Satelliten Daten in einem global einheitlichen Bezugssystem erfasst werden.

Luciana Fenoglio-Marc, Wissenschaftlerin am Fachgebiet Physikalische Geodäsie und Satellitengeodäsie des Fachbereichs Bau- und Unweltingenieurwissenschaften der TU Darmstadt, setzt mit ihrer Forschung an diesem Verfahren an. Ihre Arbeit basiert auf Altimeterbeobachtungen in Verbindung mit Positionierungs- und Schwerefeldsatellitendaten. Ihr Ziel ist es, die Veränderung des Meeresspiegels mittels Satellitengeodäsie zu untersuchen und dessen Ursachen zu verstehen, um Messverfahren, Simulationen und Prognoseverfahren zu verbessern.

Schutz vor steigendem Wasserstand

Mit einem Anstieg des mittleren Meeresspiegels um jährlich etwa 3,1 Millimeter seit 1993 ist eine deutliche Zunahme im Vergleich zu vorherigen Messungen festzustellen, die einen Anstieg um etwa ein bis zwei Millimeter pro Jahr belegen. Ein weiterer globaler Meeresspiegelanstieg von 30 bis 70 Zentimetern bis Ende des 21. Jahrhunderts wird vom Weltklimarat IPCC in dessen 5. Report (IPCC AR5, 2013, (siehe: solarify.eu/weltklimabericht) unter der Annahme eines Szenarios mit mittleren Raten für die Erderwärmung vorhergesagt. Der Anstieg erfolgt nicht gleichmäßig, einige Regionen werden stärker als andere davon betroffen sein. Daraus können Überflutungen von Küstenregionen und steigende Grundwasserspiegel resultieren – eine Prognose, die eine zuverlässige Datenlage für den Umgang mit den daraus entstehenden Gefahren unerlässlich macht. Vor allem für tiefliegende Küstengebiete wie die deutsche Nordseeküste oder Inseln in den Tropen wird ein Anstieg erhebliche Anpassungen im Küstenschutz erfordern.

Fenoglio-Marc hat in ihren Forschungsprojekten zunächst Altimeterdaten in Küstennähe verbessert und mit lokalen geodätischen Messungen abgeglichen. Durch neue Analyseverfahren der Radarechos wurde der Einsatzbereich der Altimetrie wesentlich erweitert. In Kooperation mit der European Space Agency (ESA), der European Organisation for the Exploitation of Meteorological Satellites (EUMETSAT) und in engem Austausch mit der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BFG) und dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) konnten so viele Daten wie Pegelstände, Windgeschwindigkeit und Wellenhöhen in der deutschen Bucht mit den Satellitendaten in Beziehung gesetzt werden.

Folgt: Globaler Austausch von in-situ-Daten schwierig