Merkel vor RNE – Jahr der Nachhaltigkeit?

Möglichst verbindliche Ziele für alle

Es geht um möglichst verbindliche Ziele für alle – auch bei der UN-Konferenz in Paris, auf der wir ein wirksames und umfassendes Klimaabkommen beschließen wollen. Ich stimme Frau Thieme vollkommen zu: Immer auf die letzte Verhandlungsnacht zu warten, wird den Erfolg der Klimakonferenzen nicht sicherstellen. Deshalb freue ich mich, dass Frankreich als Gastgeber bereits eine Vielzahl an Initiativen gestartet hat, um die Zeit bis zur COP 21, also zur Klimakonferenz, zu nutzen. Ich freue mich auch, dass der französische Präsident François Hollande jüngst beim Petersberger Klimadialog in Berlin zu Gast war, bei dem Vertreter aus 35 Staaten Lösungsansätze für die internationalen Klimaverhandlungen diskutiert haben. Ich konnte auch dabei sein. Gemeinsam haben wir deutlich gemacht, dass wir in Paris Erfolg haben wollen.

Der politische Wille zu einem umfassenden und verbindlichen Abkommen ist da. Er scheint weltweit sogar größer zu sein als je zuvor. Aber damit ist der Erfolg noch keineswegs gewiss. Es kommt jetzt auf eine sehr sorgfältige Vorbereitung an. Dazu wollen wir in unserer G7-Präsidentschaft beitragen und ein deutliches Signal von Elmau in Richtung UN-Klimakonferenz in Paris senden. Ich sage allerdings auch: das ist nicht so einfach, wie man sich das vielleicht vorstellt; die Tücke liegt im Detail. Ich bin aber sehr froh, dass die Europäische Union im vergangenen Herbst die entsprechenden Beschlüsse gefasst hat, die notwendig sind, um in Paris seitens der europäischen Länder einig aufzutreten.

Ich glaube, wir sollten in Elmau das Jahr 2050 in den Blick nehmen und uns möglichst ambitioniert zu einer[[CO2]]-Reduktion verpflichten. Das Mindeste ist das Bekenntnis zum Zwei-Grad-Ziel. Gerade bei langfristigen Zielsetzungen geht es natürlich um Glaubwürdigkeit.

Ein Punkt, der auch für die Verhandlungen in Paris unabdingbar ist, ist, dass wir zu den Zusagen der Kopenhagener Klimakonferenz stehen, was die Finanzierung anbelangt. Damals haben wir gesagt, es sollen ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar aus privaten und staatlichen Mitteln für Anpassungsmaßnahmen und Klimaschutz in Entwicklungsländern bereitstehen. Wir sind seitens Deutschland bereit, einen fairen Anteil an der zugesagten Finanzierung zu übernehmen. Wir wollen eine G7-Initiative starten, die darauf abzielt, dass deutlich mehr Menschen in Entwicklungsländern gegen Klimarisiken versichert werden. Solche Modelle gibt es heute schon, aber es sind noch sehr wenige Menschen, die davon profitieren. Wir wollen deren Zahl deutlich steigern. Es geht auch darum, private Investitionen in klimaschutzfreundliche Technologien in Entwicklungsländern besser zu ermöglichen.

Insgesamt wird es in Paris darauf ankommen, dass wir diese 100 Milliarden US-Dollar-Zusage glaubwürdig darstellen können. Und ich füge noch hinzu: die Mittel müssen dann auch verwendet werden können. Denn wir haben schon internationale Zusagen gehabt, wobei es für manches Land oft unheimlich schwer war, das Geld auch wirklich erfolgreich zu beantragen.

Elmau: Klimaschutz und andere Zukunftsaufgaben

Unter dem Motto „An morgen denken. Gemeinsam handeln“ konzentrieren wir uns beim G7-Gipfel in Elmau neben dem Klimaschutz auf weitere Zukunftsaufgaben, die wir nur in einer umfassenden Partnerschaft bewältigen können. Ich möchte Ihnen drei Beispiele nennen:

  1. Zuerst den Schutz der Ozeane. Hierbei geht es uns um den Kampf gegen zunehmenden Plastikmüll in den Weltmeeren. Seevögel und Meereslebewesen verheddern oder strangulieren sich in Müllresten, sie verschlucken Plastikteile und verenden qualvoll. Wenn sich Kunststoffe zersetzen, werden giftige und hormonell wirksame Zusatzstoffe wie Weichmacher, Pflanzenschutzmittel oder UV-Filter frei, die die Meeresumwelt belasten. Ich glaube, das Thema ist immer noch viel zu wenig in der öffentlichen Wahrnehmung. Es ist noch nicht so bekannt, dass letztlich auch die Gesundheit der Menschen gefährdet ist, wenn Schadstoffe in die Nahrungskette gelangen. Deswegen wollen wir einen G7-Aktionsplan erreichen. Er soll weltweit Maßnahmen gegen Meeresvermüllung voranbringen und dabei die bereits bestehenden regionalen Vorhaben einbeziehen.
  2. Das zweite Beispiel ist der Einsatz für gute Arbeitsbedingungen weltweit. Das verheerende Unglück in der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch vor gut zwei Jahren hat sich tief ins Gedächtnis eingeschrieben. Damals starben mehr als 1.100 Menschen. Im Rahmen der G7 wollen wir Maßnahmen für Prävention, Arbeits- und Umweltschutz vereinbaren, um Arbeitsunfälle in Unternehmen deutlich zu reduzieren. Das heißt, wir müssen jede Stelle der globalen Liefer- und Wertschöpfungskette genauer unter die Lupe nehmen. Gute Arbeitsbedingungen und wirksamer Umweltschutz verbessern einerseits die Lebensqualität, sie sind aber – und das ist das Spannende – auch Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg. Das heißt, es geht nicht nur darum, etwas mehr zu tun, sondern zum Schluss auch wirtschaftlich erfolgreicher zu sein.
  3. Ein drittes Thema, das beispielhaft für das langfristige Engagement der G7 steht, ist die globale Ernährungssicherheit. Wir wollen verantwortungsvolle Investitionen, nachhaltige Produktion und ausgewogene Ernährung fördern.

Folgt: Die Nach-2015-Entwicklungsziele – Armut gesunken