Die Lausitz: Vom CO2-Schmutzfink zur Zukunftsregion?

Ein CDU-Abgeordneter verabschiedet sich von der Braunkohle
mit freundlicher Erlaubnis von – zuerst veröffentlicht im Tagesspiegel, Berlin –

Hans-Georg von der Marwitz will mit einer Handvoll CDU-Politikern aus der Lausitz eine Zukunftsregion machen. Seit 2009 ist er Bundestagsabgeordneter, einer mit Ecken, Prinzipien und guten Nerven. Der Landwirt betreibt einen 900-Hektar-Hof im Oderbruch. Schon in der Auseinandersetzung um die Klimaabgabe schlug er sich gegen die Mehrheit in seiner Fraktion auf die Seite von Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD).

Hans-Georg von der Marwitz sieht nicht aus wie ein Rebell. Er ist ein Gutsherr in Brandenburg, der im Oderbruch einen landwirtschaftlichen Betrieb mit 900 Hektar führt, davon 60 Prozent nach den Regeln des ökologischen Landbaus. Er hat eine Vermarktungsgesellschaft gegründet, und wenn es um Direktzahlungen für die Landwirte geht, vertritt er Positionen, die er für richtig hält, auch wenn sie ihm schaden würden. Hans-Georg von der Marwitz hält die derzeitigen Prämien, die große Betriebe massiv besser stellen, für falsch. Er hat, bevor er „das Privileg hatte“, auf das Land seiner Vorfahren in Brandenburg zurückkehren zu können, was er 1991 tat, einen Hof im Allgäu bewirtschaftet und mehrere Stationen im Ausland absolviert.

In dieser Woche hat der 54-jährige CDU-Abgeordnete einmal mehr bewiesen, dass er sich vor Auseinandersetzungen nicht fürchtet. Gemeinsam mit seinem Bundestagskollegen Martin Patzelt hat er die Initiativegruppe Energiewende der CDU Brandenburg gegründet. Und unmittelbar nach dem Bekenntnis des G7-Gipfels zu einer kohlenstofffreien Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts haben Marwitz, Patzelt und eine Handvoll CDU-Politiker aus Brandenburg den Ausstieg aus der Braunkohle in der Lausitz gefordert. Dass Marwitz so denkt, hat er schon in der Auseinandersetzung um die Klimaabgabe gezeigt, in der er sich gegen die Mehrheit in seiner Fraktion auf die Seite von Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) geschlagen hat, der alte Kohlekraftwerke mit einer Klimaabgabe belegen will.

„Da war was los“

„Da war was los“, sagt er. Aber er habe auch positive Rückmeldungen bekommen. Marwitz und seine Mitstreiter wollen aus der Lausitz eine „Modellregion des Umstiegs“ machen. Jetzt müsse ein Plan gemacht werden, wovon die Lausitz nach der Kohle leben soll. Das sei eine „gesamtdeutsche Aufgabe“, wie es der Ausstieg aus der Steinkohleförderung in Nordrhein-Westfalen und dem Saarland auch gewesen sei. Deshalb will Marwitz vor allem die Hochschulen in der Region stärken, damit sie den „Strukturwandel substanziell begleiten und fördern können“. Vor allem aber sollen sie die Unternehmer der Energiewende hervorbringen, die aus der Lausitz, dieser „offenen Wunde in der Landschaft“, eine Zukunftsregion machen können. Mit dieser Strategie will er den „berechtigten Existenzängsten“ der Lausitzer beikommen. Er wünscht sich, dass sie die Zukunft gestalten, anstatt den Abbruch lediglich herauszuzögern.

Auf die Frage, wie ein Brandenburger MdB eine kohlekritische Position durchhalten kann, lacht er leise und sagt dann, dass man „freundlich und nett die dicken Bretter bohren“ müsse, die nun einmal zu bohren seien. Als Marwitz 2009 in den Bundestag einzog, diskutierte Brandenburg über die Abscheidung von Kohlendioxid aus den Kohlekraftwerken, um das CO2 dann unter die Erde zu verpressen (CCS). Marwitz wollte kein CO2-Lager „unter meiner Scholle“ haben. Und weil er das nicht wollte, musste er einfach zum Unterstützer der Energiewende werden. Denn dass der Klimawandel ein „Weiter so“ nicht mehr zulässt, das ist Marwitz ganz klar. Und so führte ihn sein Kampf gegen CCS unmittelbar ins Zentrum der Energiewende. Mit dem Kampf für die Kohle der Energie- und Wirtschaftspolitiker in seiner Fraktion kann er wenig anfangen. Marwitz gehörte übrigens zu den fünf Unions-Abgeordneten, die gegen die Lautzeitverlängerung für Atomkraftwerke gestimmt haben.

Folgt: Hans-Georg von der Marwitz