HGÜ-Strom aus Afrika „tragfähiges Modell“

DLR-Studie: Regelbarer Solarstrom aus Nordafrika kann tragfähiges Geschäftsmodell sein – Europäische Studie untersucht Auswirkungen auf das Energiesystem

Stromtransfer von Afrika nach Europa über Hochspannungs-Gleichstrom-Trassen (HGÜ) kann ein tragfähiges Geschäftsmodell sein, mit Mehrwert für beide Regionen. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher im EU-geförderten Projekt BETTER („Bringing Europe and Third Countries Closer Together Through Renewable Energies“) des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR) gemeinsam mit CIEMAT (Centro de Investigaciones Energéticas, Medioambientales y Tecnológicas) und Kooperationspartnern. Das Desertec-Modell lebt wieder auf (s.u.).

Nachfrage nach regelbarem Strom in Europa

Stromimporte aus Erneuerbaren Energien aus nichteuropäischen Ländern nach Europa sind seit 2009 von der Europäischen Kommission vorgesehen und durch Artikel 9 der EU Direktive 2009/28/EC geregelt. Von Stromanbietern wird diese Möglichkeit bislang jedoch nicht genutzt. Aufgabe der BETTER-Studie war es, zu untersuchen, unter welchen Voraussetzungen ein solcher Import ökonomisch, ökologisch und sozial sinnvoll ist. Die Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass in Europa eine zunehmende Nachfrage nach regelbarem und gleichzeitig erneuerbarem Strom besteht. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass in Deutschland immer mehr fossile Kraftwerke wie Kohle- und Gaskraftwerke durch Strom aus Erneuerbaren Energien-Quellen ersetzt werden sollen.

Solare Dampfkraftwerke in Nordafrika können über das Jahr hinweg dank gleichmäßiger Einstrahlung und Wärmespeicher Tag und Nacht gut regelbaren Strom liefern. Selbst wenn die Sonne über längere Zeit nicht scheint, was in Nordafrika selten vorkommt, kann kurzzeitig mit Zufeuerung aus Erdgas ausgeholfen werden, so dass jederzeit die notwendige Leistung nach Bedarf sicher geliefert werden kann.

Hoher Strompreis bei großer Nachfrage

„Solarstrom aus Afrika ist auf den ersten Blick teurer als Wind- und Photovoltaikstrom hierzulande. Wenn aber in Europa Mangel an Wind- und PV-Strom herrscht, wie z.B. in den frühen Abendstunden oder an trüben Tagen, dann steigt auch der Preis, der für die Kilowattstunde Strom bezahlt wird“, erklärt Franz Trieb, Projektleiter der BETTER-Studie beim DLR-Institut für Technische Thermodynamik. Wenn Solarkraftwerke in Afrika in solchen Situationen über mehrere Stunden am Tag erneuerbaren Strom nach Europa liefern, können beide Seiten profitieren: Für Stromanbieter in Afrika entsteht so ein tragfähiges, kostendeckendes Geschäftsmodell. Europa profitiert, weil es seinen Anteil an erneuerbarer Energie bei gleichbleibend sicherer Stromversorgung kostengünstig weiter steigern kann.

Weniger Netzausbau in Deutschland notwendig

Die Studie zeigt zudem, dass ein 15-20%iger Anteil an regelbaren Solarstromimporten zu einer massiven Entlastung der für die Energiewende notwendigen Infrastrukturen führen kann. Deutschland braucht unter diesen Voraussetzungen deutlich weniger Netzausbau, Stromspeicher und konventionelle Backup-Kraftwerke. Stromimporte nach Europa können damit substanziell zur Realisierbarkeit und Akzeptanz der Energiewende beitragen.

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