CO2-Capture anders

Im Gegensatz zu CCS: CO2 Rohstoff – nicht „Abfall“
„Lässt sich CO2 recyclen? Ein Dialog zu Carbon Capture and Utilisation (CCU) Technologien“

Unter diesem Titel veranstaltete das Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS-Potsdam) am 05.06.2014 in Potsdam einen Workshop. Eine Zusammenfassung der Round-Table-Infobroschüre. „Carbon Capture and Utilisation“(CCU) verwende CO2 direkt oder nach einer chemischen Umwandlung als Teil einer Kohlenstoffverbindung in Materialien oder Energieträgern. Es unterscheide sich grundsätzlich von der umstrittenen Carbon Capture and Storage (CCS)-Technologie – so die Broschüre erläuternd.

Während CO2 durch CCS dauerhaft unterirdisch entsorgt werden solle, sei das Ziel von CCU, CO2-Emissionen als alternative Kohlenstoffquelle zu nutzen. In Trockeneis, Feuerlöschern oder Getränken werde  CO2 bereits direkt in fester oder flüssiger Form bzw. als Gas physikalisch genutzt – bald auch in Klimaanlagen von Autos als Kühlmittel. Abgesehen von dieser direkten Nutzung könne  CO2 nach chemischer Umwandlung auch in Form von energetisch höherwertigen Kohlenstoffverbindungen verwendet werden. Diese sogenannte stoffliche Nutzung als Baustein für Materialien sei bereits heute in pharmazeutischen Produkten, Lösungs- und Düngemitteln üblich.

[note „Außerdem kann  CO2 zur Herstellung von Plastik und Schäumen, Farben und Beschichtungen sowie in Zement genutzt werden. Auch ist grundsätzlich die Verwendung von Kohlenstoffdioxid in Energieträgern möglich. So können mit  CO2 in unterschiedlichen Prozessen flüssige Kraftstoffe und synthetisches Erdgas hergestellt und somit für die Energiespeicherung nutzbar gemacht werden. Da  CO2 sehr reaktionsträge ist, sind in der Regel Hilfsmittel nötig, um es an chemischen Reaktionen zum Aufbau höherwertiger Materialien zu beteiligen. Dies kann durch zusätzliche Energie ermöglicht werden. Alternativ können chemische Katalysatoren eingesetzt werden, um einen effektiven und energetisch effizienteren Prozess zu entwickeln. Die dafür erforderliche Katalyseforschung ist ein Schlüsselfaktor für die Entwicklung erfolgreicher CCU-Technologien.“]

Welche ökologischen Effekte bringt CCU mit sich?

Der Einsatz von CCU-Technologien könne schädliche Umweltauswirkungen der Industrie verringern, dadurch dass fossile Rohstoffe substituiert würden, die eingesetzte Energie reduziert würde, und CO2-Emissionen zumindest temporär zwischengespeichert werden könnten. Die Nutzung andernfalls emittierten Kohlendioxids ermögliche über die Lebensdauer eines Produkts bis zu dessen Entsorgung, dass Emissionen verzögert würden. Möglicherweise könne sie diese sogar durch eine dauerhafte Bindung, z.B. in Zement, langfristig verhindern.

[note „Mit einem signifikanten Beitrag zum Klimaschutz ist aufgrund der begrenzten Nutzungsmengen jedoch vorerst nicht zu rechnen: Nach Schätzungen könnten in Materialien weltweit jährlich nur etwa 180 Mio. Tonnen  CO2 in Polymeren und anderen Chemiebasisprodukten eingebaut werden. Bei der Produktion synthetischer nachhaltiger Kraftstoffe – beispielsweise Methanol oder Dimethylether (DME) – ist das Potenzial größer, geschätzt weltweit bei etwa 1.800 Mio. Tonnen CO2 jährlich. Zum Vergleich: Der globale anthropogene CO2-Ausstoß betrug im Jahr 2013 etwa 36.000 Mio. Tonnen.“]

Voraussetzung: Verfügbarkeit Erneuerbarer Energien

Damit CO2 aus CCU-Technologien in Kombination mit Wasserstoff ([[H2]]) für Kraftstoffe ökologisch sinnvoll genutzt werden könne, müssten allerdings erneuerbare Energien dauerhaft verfügbar sein. Denn durch die Substitution fossiler Kohlenstoffquellen wird der wesentliche positive Umwelteffekt infolge des Recyclings von CO2 erzielt. Ein Produkt, bei dem Bestandteile mit CCU-Technologien hergestellt wurden, muss allerdings nicht zwingend verbesserte Umwelteigenschaften haben. Um den gesamten Lebenszyklus zu bewerten, müssen viele Kriterien einbezogen werden: die CO2-Quellen und den Transport, den Produktionsprozess, die Nutzungsdauer sowie die Recycling- und Entsorgungsoptionen. „Dieses sogenannte Life Cycle Assessment (LCA) von CCU-Produkten zielt auf transparente Bewertungen der Umweltauswirkungen von Produkten. Für eine zuverlässige Bewertung sind jedoch einheitliche Kriterien zur LCA-Erstellung notwendig, die bislang nur in Form von wissenschaftlichen Empfehlungen existieren und noch nicht etabliert sind.“

Ökonomische Bewertung

Viele Unternehmen aus der Chemieindustrie und der Energiebranche hätten zwar in den vergangenen Jahren in Forschungs- und Entwicklungsprojekte zur industriellen Nutzung von CO2 investiert. Treiber hierfür seien die Volatilität der Rohstoffpreise wie auch die Endlichkeit fossiler Ressourcen gewesen. Die lokale „Versorgung“ mit CO2 für die Anwendung von CCU-Technologien wäre dagegen langfristig gesichert, technisch möglich und im Vergleich zu importierten fossilen Quellen voraussichtlich zu relativ niedrigen Kosten realisierbar.

„Für Unternehmen bietet sich dadurch die Chance, Emissionen aus eigenen Industrieanlagen oder von Kooperationspartnern zu recyceln und so eine größere Unabhängigkeit von Rohstofflieferanten zu gewinnen. Möglich sind ebenfalls die Senkung von Kosten und eine Verbesserung des ökologischen Fußabdrucks durch CCU-Prozesse. Somit bieten CCU-Technologien die Chance kombinierter ökologischer und ökonomischer Vorteile im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung. Aus volkswirtschaftlicher Sicht bergen CCU-Technologien folglich wichtige Potenziale. Die Eröffnung einer neuen, lokalen Rohstoffquelle könnte die europäische Chemieindustrie im internationalen Wettbewerb stärken. Außerdem könnte durch CCU-Technologien ein Innovationsvorsprung erreicht werden und das Know-how auch in andere Regionen exportiert werden.“

Die Entstehung einer möglichen „CCU-Industrie“ könnte wirtschaftliches Wachstum generieren und neue Arbeitsplätze schaffen. Die höheren Produktionskosten einiger CCU-Produkte schreckten allerdings noch manche Investoren und Unternehmen ab. Dazu verringere das niedrige CO2-Preisniveau im EU-Emissionshandel die Anreize, in CCU zu investieren um Emissionen zu reduzieren weiter.

Recycling von  CO2 – eine Option für die Kreislaufwirtschaft?

Die Möglichkeit der  CO2-Nutzung stelle nicht nur eine prozessuale Veränderung für die chemische Industrie dar, so die Broschüre weiter. Vielmehr bedeute sie „einen Perspektivenwechsel in einem größeren Kontext. Die Entwicklung hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft verlangt eine Neubewertung des Umgangs mit vermeintlichem ‚Abfall‘ ebenso wie mit endlichen Ressourcen“. CCU-Technologien trügen beide Aspekte in sich: „Die sinnvolle Nutzung eines Abgases, das als zentraler Treiber des Klimawandels gilt, kann gleichzeitig den Verbrauch fossiler Ressourcen reduzieren. Insbesondere in Kombination mit der Verfügbarkeit erneuerbarer Energien, bietet CCU vielfältige Möglichkeiten industrielle CO2-Kreisläufe zu verbessern oder gar zu schließen“. Damit aber die Anwendung dieser Technologien ihr volles Potenzial als Beitrag zu einer Kreislaufwirtschaft entfalten könne, seien „auf technischer wie auf gesellschaftlicher Ebene unter Beteiligung von Akteuren aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik noch offene Fragen wie zum Beispiel zur Lebenszyklusanalyse und den kommunikativen Aspekten der CO2-Nutzung zu beantworten, zu bewerten und mögliche Auswirkungen aufzuzeigen“.

Zusammenfassung

  • CO2 wird bereits in vielen Wirtschaftszweigen als Rohstoff verwendet.
  • Aufkommende CCU-Technologien bieten nun die Möglichkeit, den Bedarf an fossilen Rohstoffen durch Nutzung von wiederverwertetem  CO2 zu reduzieren.
  • Die Erschließung der neuen Rohstoffquelle kann ökologisch und ökonomisch vorteilhaft sein und die Abhängigkeit von volatilen Rohstoffmärkten reduzieren.
  • In der Zukunft könnten CCU-Technologien dazu beitragen, industrielle Kohlenstoffkreisläufe zu schließen und so einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Wirtschafts- und Lebensweise leisten.
  • Als Quellen für das  CO2-Recycling stehen derzeit große fossile Kraftwerke und Industrieanlagen zur Verfügung.
  • Um dem Klimawandel signifikant entgegenzuwirken, sind die heute absehbaren Anwendungsmöglichkeiten von CCU-Technologien zu eingeschränkt.

Die Plattform „Enabling Technologies for Sustainability“ (ETS) am IASS untersucht, wie innovative technologische Anwendungen zur nachhaltigen Entwicklung von Gesellschaften beitragen können. Die Hauptforschungsaktivitäten liegen in der Analyse von Technologien und der Entwicklung strategischer und prozessorientierter Lösungen, um Ressourcen effizienter zu nutzen. Wesentliches Ziel ist es dabei, die Gesellschaft über diese Prozesse zu informieren und sie aktiv an dem Transformationsprozess zu beteiligen. Die Plattform ETS gliedert sich in die wissenschaftlichen Projektbereiche Nachhaltige Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) und CO2 als Wertstoff (CCU).

->Quellen: