Bis zu 85 Prozent CO2-Einsparung durch Blue Crude möglich

Ökobilanzbericht für synthetischen Diesel-Kraftstoff aus Wasser und CO2 veröffentlicht

Als die Dresdner Firma sunfire GmbH am 22.04.2015 unter dem Namen „Blue Crude“ den ersten im Auftrag des BMBF produzierten synthetischen Diesel-Kraftstoff aus Wasser und CO2 vorstellte (siehe solarify.eu/ccu-kommt-voran), war das Interesse in Politik und Medien groß. Die Ökobilanz und damit die wissenschaftliche Bewertung der Anlage und des produzierten Treibstoffes hinsichtlich der potenziellen Umweltwirkungen erstellte die Abteilung Ganzheitliche Bilanzierung am Lehrstuhl für Bauphysik der Universität Stuttgart. Jetzt wurde der Abschlussbericht publiziert: Bis zu 85 Prozent CO2 können unter bestimmten Bedingungen eingespart werden.

Die Studie vergleicht Blue Crude mit biogenen und fossilen Treibstoffen. „Die ersten Ergebnisse zeigen, dass Blue Crude gegenüber fossilen Kraftstoffen ein CO2-Einsparpotenzial von 35 bis über 85 Prozent aufweist und somit unter bestimmten Bedingungen erhebliche Vorteile für die Umwelt bringen kann“, fasst Projektleiter Aleksandar Lozanovski die Ergebnisse der Untersuchung zusammen.

Die Ökobilanz-Studie analysiert die notwendigen Rahmenbedingungen, um Emissionen zu reduzieren. Ein ausschlaggebendes Kriterium ist dabei die verwendete Energie: „Blue Crude sollte nur auf Basis erneuerbarer Energie und nicht mit dem deutschen Strommix hergestellt werden“, betont Lozanovski. Ein weiteres Kriterium ist die Herkunft des CO2, hier wurde unter anderem ein Verfahren der Climeworks AG gewählt, das CO2 direkt aus der Luft filtert. Zum Betrieb der Anlage müssen Strom und Wärme eingesetzt werden. Wird die Wärme durch Erdgasfeuerung bereitgestellt und Strom aus erneuerbaren Quellen verwendet, sind 35 Prozent Einsparung gegenüber fossilem Diesel beim Treibhauspotenzial möglich. Wird dagegen Abwärme und Strom aus erneuerbaren Quellen für den Prozess verwendet, steigt die CO2-Reduktion auf bis zu 85 Prozent an.

Der Dresdner Firma sunfire GmbH war es im März 2015 erstmals gelungen, künstlichen Diesel-Kraftstoff auf Basis von Wasser, CO2 und Ökostrom zu produzieren (siehe Solarify). Das sunfire-Konzept basiert auf der so genannten „Power-to-Liquids-Technologie“. Das dreistufige Verfahren mit einem Systemwirkungsgrad von etwa 70 Prozent ermöglicht es, CO2, das unter anderem bei der konventionellen Nutzung fossiler Energieträger entsteht, zu synthetischen Kraftstoffen für Autos oder Flugzeugen aufzubereiten und damit doppelt zu nutzen. Dadurch ergibt sich sowohl eine deutliche CO2-Einsparung, als auch das Potenzial, andere Emissionen und Ressourcen einzusparen.
Für die Analyse verwendeten die Forscher den Well-to-Wheel (vom Rohmaterial bis zum Rad)-Ansatz und betrachteten die Produktion und Aufbereitung sowie die Verteilung und Nutzung des Kraftstoffs. Im Mittelpunkt standen dabei die Wirkungen auf mehreren ökologischen Problemfeldern wie zum Beispiel Treibhauseffekt, Versauerung der Böden, Überdüngung, Sommersmog und Ressourcenverbrauch. Die letztgenannten, bei einem Kraftstoff zunächst überraschend scheinenden Kriterien wurden in die ökobilanzielle Analyse integriert, da der Anbau von nachwachsenden Rohstoffen für die Herstellung der als Vergleichssysteme herangezogenen Biokraftstoffe vergleichsweise landintensiv ist.
Mithilfe der Ökobilanz lässt sich zudem identifizieren, ob eine neue Technologie tatsächlich umweltfreundlicher ist oder die Belastungen nur verschiebt. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn Emissionen von einem Lebensabschnitt zu einem anderen oder von einer Wirkungskategorie zu einer anderen verlagert werden. Durch die Analyse wird es ermöglich, sich mit den Verschiebungen auseinanderzusetzen und gegebenenfalls im weiteren Projektverlauf gegenzusteuern.
Am 23.03.2015 entnahmen die Ingenieure den Kraftstoff ‚Blue Crude‘ erstmals einer Power-to-Liquids-Demonstrationsanlage in Dresden. Mittel- und langfristig könnte Blue Crude als überall produzierbarer alternativer Kraftstoff den Autofern- und den Flugverkehr umweltfreundlicher machen – insbesondere in den Mobilitätssektoren, in denen die Elektromobilität noch eine ganze Weile keine Alternative sein dürfte.

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