Neuer Solarboom in Deutschland und der EU?

Bürgerproteste gegen Solarstromanlagen nahezu unbekanntes Phänomen

Neben dem Geldmitteln kann man zudem nicht oft genug betonen wie günstig Solarstrom heute ist, je mehr Solarstrahlung umso billiger. Und selbst im Norden der EU ist Solarstrom für das eigene Heim oder die eigene Fabrik oftmals das billigste und gleichzeitig sauberste Angebot. Mit Stromspeichern kombiniert, lässt sich die Versorgungssicherheit ganz einfach erhöhen, zumal die Stromspeicher sehr günstig geworden sind. Auch sind PV–Anlagen anders als Windenergie- oder Biogasanlagen nicht vor Ort umkämpft, Bürgerproteste gegen Solarstromanlagen sind ein nahezu unbekanntes Phänomen.

‚Chance‘ heißt aber nicht, dass es auch wirklich passiert. Denn in Deutschland sind u.a. durch die – aus meiner Sicht unsinnigen- Zell- und Modulzölle viele Unternehmen der Vertriebs- und Entwicklungskette Pleite gegangen oder aus dem Markt ausgestiegen. Die Ansicht über die fatale der Zölle teile ich mit den über 50 namhaften Unterstützern des SAFE Aktionsbündnis und vielen europäischen Solarverbänden sowie dem Solardachverband Solar Power Europe. Und auch mit dem bekannten Wechselrichterhersteller KACO, der erst vor kurzem in einem Brandbrief die EU dazu aufforderte, Zell- und Modulzölle endlich fallen zu lassen, da diese die Entwicklung aller anderen Wertschöpfungsketten ausbremse oder extrem gefährde. Und das sei noch angemerkt: KACO tut dies, obwohl auch sie unter großem Druck aus China stehen. Aber offenkundig ist KACO anders als Solarworld in der Lage, damit vertrieblich, technisch und in der Produktion umzugehen.

Spätestens seit dem zerstörerischen Schlag durch die Zolleinführung sind die bestehenden EU-Unternehmen extrem vorsichtig damit geworden, bei einem Anziehen des Marktes neue Kapazitäten zu schaffen, wechseln doch die Marktstimmung, die Preise aber auch die Politik sehr schnell die Bedingungen. Hinzu kommt, dass in Deutschland das EEG als Förderinstrument anders in den Boomjahren aufgrund der Anpassung der Förderhöhe bis 750 kWp sehr schnell mit massiven Absenkungen reagieren kann und es oberhalb 750kWp durch die Ausschreibungen einen Deckel von 600 MWp/a gibt. Gerade dieses Segment hatte in den Boomjahren zeitweise mehrere GWp Zubau innerhalb weniger Monaten geliefert.

Konventionelle Energie-Unternehmen lösen durch dauerndes Wettern gegen Solarstrom Kaufzurückhaltung bei Verbrauchern aus

Auch haben viele EU Länder anders als 2008-2012 derzeit keine stabile Rahmensetzung für den Betrieb von neuen PV-Systemen, was Investoren unabhängig vom resultierenden (niedrigen) Strompreis aus der Solaranlage natürlich vom Kauf abhält. Und noch immer sind Unternehmen aus der konventionellen Energiewelt, die keine Chancen im Solargeschäft sehen, damit beschäftigt, gegen den Solarstrom national wie auf der EU-Ebene zu wettern, was bei den Verbrauchern auch eine Kaufzurückhaltung auslöst. Der breite Schwenk von Unternehmen wie E.ON in Richtung Solar wird diese negative Wahrnehmung in der Breite aber mittelfristig durch eine von allen Seiten getragene positive Wahrnehmung ablösen – und das weit über Deutschland hinaus.

Gleichzeitig offerieren deutliche niedrigere Preise in allen anderen Marktsegmenten, also im Selbstverbrauch, europaweit bessere Margenbedingungen und könnten somit massiv ausgebaute Vertriebsaufwendungen EU-weit unterstützen. Mit der Zeit dürfte sich dann überall herumsprechen wie günstig Solarstrom nun ist. Das ist angesichts eines Sprungs in die Post-Zoll-Hochpreis-Zeit eine sehr gute neue Situation, die auch Regierungen überall in Europa klar machen sollte, dass für Solarstrom nur wenig Förderung oder sogar nur wirklich passende rechtliche Rahmenbedingungen her müssen.

Folgt: Auswirkungen auf die Wertschöpfungskette?