Doch noch Klimaschutzplan 2050

Gabriel holt kleinen CO2-Rabatt für Industrie heraus

Bis 2030 muss die Industrie nun 140 bis 143 Millionen Tonnen (49 bis 51 Prozent) CO2 einsparen (wie das ZDF aus Regierungskreisen erfuhr). Das sind etwa 10 Millionen Tonnen weniger als zuletzt von Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) vorgesehen. Die Energiewirtschaft muss ihren Ausstoß auf 62 Prozent weniger als 1990 senken. Der Gebäudewirtschaft wird eine Minderung um 67 Prozent auf 70 bis 72 Millionen Tonnen CO2 auferlegt. Der Verkehrssektor, der bislang kaum Einsparleistungen erbracht hat, muss die Emissionen bis 2030 um 40 bis 42 Prozent auf 95 bis 98 Millionen Tonnen verringern, die Landwirtschaft um 31 bis 34 Prozent auf 58 bis 61 Millionen Tonnen und sonstige Bereiche, vor allem die Abfallwirtschaft, um 87 Prozent auf fünf Millionen Tonnen.

Im Gegenzug muss Hendricks im eigenen Ressort bei der Gebäudeeffizienz um die acht Millionen Tonnen extra einsparen. Die restlichen zwei Millionen Tonnen CO2 sollen, um den Industrie-Rabatt auszugleichen, in anderen Wirtschaftsbereichen wie etwa Abfall und Abwasser eingespart werden. Verkehrsminister Dobrindt willigte ein, dass der Verkehrsbereich bis 2030 bis zu 98 Millionen Tonnen CO2 Einsparung bringen muss.

Es gebe jetzt eine „sehr gute und ausgewogene Lösung“, erklärte Gabriel. Er hob einen geplanten Fonds hervor, um „realistische Perspektiven“ für vom Rückgang der Kohleverstromung betroffene Regionen zu schaffen. Ein geplanter Passus, der vor neuen Braunkohletagebauen warnt, fehlt in dem vereinbarten Text. Ebenso wenig ist von einem CO2-Mindestpreis für den EU-Emissionshandel mehr die Rede.

Start 2018

Die heftig umstrittene Kohle-Kommission soll im Jahr 2018 unter Federführung des Gabriel-Ministeriums starten – aber formal stark verwässert. Sie wird anders heißen und soll „Strukturwandel“ in Wirtschaft und Klimaschutz unter einen Hut bekommen. Von einer „Vollendung der Energiewende“ ist keine Rede mehr.

Die Kanzlerin und der Wirtschaftsminister hatten gefürchtet, dass die Industrie – insbesondere die Braunkohle-Konzerne – beim CO2-Einsparen in den nächsten Jahrzehnten zu stark gegängelt wird und Arbeitsplätze in Gefahr geraten. So war beim Koalitionsgipfel am Dienstagabend im Kanzleramt der eigentlich erwartete Kompromiss überraschend doch nicht zustande gekommen. Neben Merkel und Gabriel hatten auch die Bundestagsfraktionen von Union und SPD gebremst. Kein Wunder: Im Mai 2017 wird in Nordrhein-Westfalen gewählt, wo die SPD regiert und Kohle noch immer ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist.

Opposition: Merkel tatenlos

Die Opposition hatte sich verärgert über die Verzögerungen gezeigt. „Angela Merkel hat wochenlang tatenlos zugesehen, wie der Klimaschutzplan ausgehöhlt und zerschossen wurde“, sagte zuletzt Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Unfassbar sei auch, wie sich Gabriel „zum Schutzpatron der Kohlelobby macht und seiner Kollegin Hendricks dazwischen grätscht“.

Im Koalitionsvertrag von Union und SPD steht, dass dass Deutschland bis 2050 den Netto-Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen Richtung Null bringen muss. Ein verbindliches Klimaschutzgesetz ist der Plan aber nicht.

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