Gleicher Ertrag bei halbem Aufwand

Erlanger und Jülicher Forscher vereinfachen Wasserstoff-Speicherung

Wissenschaftler der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und des Forschungszentrums Jülich haben – so eine Medienmitteilung vom – ein Verfahren entwickelt, mit dem sich die Speicherung von Wasserstoff stark vereinfacht. Es reduziert den technischen Aufwand für die chemische Bindung des Wasserstoffs an organische Trägerflüssigkeiten: Statt wie bisher braucht es jetzt nur noch einen Apparat, der Be- und Entladung der Trägerflüssigkeit übernimmt. Ein industrieller Einsatz könnte Kosten- und Energieaufwand der Wasserstoffspeicherung bedeutend reduzieren – möglicherweise wichtig für die Energiewende.

Sonne und Wind sollen in Zukunft den Löwenanteil unserer Energie bereitstellen. Diese regenerativen Quellen liefern ihre Energie jedoch in Abhängigkeit von der Witterung, was effiziente Formen der Energiespeicherung erforderlich macht. Eine Lösung für dieses Problem ist Wasserstoff: Der universell einsetzbare Energieträger kann aus Wasser mit Hilfe regenerativer Energie gewonnen und bei Bedarf genutzt werden, um wieder Strom zu erzeugen.

Um den Wasserstoff zu speichern und an den Ort zu transportieren, an dem er gebraucht wird, haben Forscher der FAU und des Helmholtz-Instituts Erlangen-Nürnberg für Erneuerbare Energien (HI ERN), einer Außenstelle des Forschungszentrums Jülich,  ein spezielles Verfahren entwickelt: eine organische Trägerflüssigkeit („Liquid Organic Hydrogen Carrier“, kurz LOHC), die mehr als 650 Liter Wasserstoff pro Liter binden kann und mit der sich der chemisch gebundene Wasserstoff sicher lagern und kostengünstig transportieren lässt.

Holger Jorschick an Laboranlage zur Chemischen Wasserstoffspeicherung am HI ERN – Foto © Forschungszentrum Jülich – C. Heßelmann

„Die Wasserstoffspeicherung und -freisetzung aus der Trägerflüssigkeit geschieht über eine umkehrbare chemische Reaktion“, erklärt Holger Jorschick vom HI ERN. „Bisher war für jede Reaktionsrichtung ein spezieller Katalysator notwendig, da Druck und Temperatur der beiden Reaktionsschritte deutlich unterschiedlich waren. Daher musste die LOHC-Beladung mit Wasserstoff und die Freisetzung des Wasserstoffs aus dem LOHC-Träger in zwei getrennten Reaktionseinheiten stattfinden.“

Preiswert und energiesparend

Dem Team von FZ Jülich und FAU unter Leitung von Prof. Peter Wasserscheid ist es nun gelungen, einen Katalysator zu entwickeln, der Beladungs- und Entladungsreaktion bei gleicher Temperatur effizient beschleunigen kann. Nur durch Druckwechsel kann mit diesem Katalysator in einem Apparat die Wasserstoffspeicherung und Wasserstofffreisetzung erfolgen. Das bringt enorme Ersparnisse. „Das Teure an den LOHC-Anlagen ist üblicherweise die Instrumentierung – Ventile, Pumpen, die Mess- und Regeltechnik“, erklärt Patrick Preuster vom Lehrstuhl für Chemische Reaktionstechnik der FAU. „Da diese mit dem neuen Katalysator nur noch für einen anstatt für zwei Apparate benötigt werden, lassen sich etwa 30 bis 50 Prozent der Kosten einsparen.“ Außerdem reduziere sich der für die Anlage benötigte Raum und die Betriebskosten.

Ein weiterer großer Vorteil ergibt sich durch das neue Verfahren für die effiziente Nutzung der Reaktionswärme, die bei der Wasserstoffspeicherung freigesetzt wird. „Bisher musste der Beladeapparat bei etwa 150 Grad Celsius betrieben werden, der Entladeapparat bei etwa 300 Grad“, sagt Holger Jorschick. „Obwohl bei der Beladung die gleiche Menge Wärme frei wird, die bei der Entladung zugeführt werden muss, war es wegen der unterschiedlichen Reaktionstemperaturen bisher unmöglich, die freiwerdende  Wärme der Beladung zu speichern und für die Entladung zu nutzen.“ Das neue Verfahren ermöglicht das Beladen des Wasserstoffspeichers bei höheren Temperaturen – die entstehende Wärme kann zwischengespeichert und für die Entladereaktion genutzt werden.

Umschalten in Sekundenbruchteilen

„Erst mit der von uns entwickelten Hochtemperatur-Hydrierung – und einem für beide Reaktionen wirksamen Katalysator – wurde es überhaupt möglich, beide Reaktionen in einem Apparat ablaufen zu lassen“, so Preuster. Besonders günstig wirkt sich das neue Speicherverfahren auf den dynamischen Betrieb solcher Anlagen aus. Während im herkömmlichen Verfahren mit zwei getrennten Apparaten jeweils der benötigte Apparat zeit- und energieaufwändig angefahren werden muss, steht mit der neuen Methode sofort ein betriebsbereiter Apparat zur Verfügung. „Durch ein einfaches Umschalten eines Ventils lässt sich in Sekundenbruchteilen vom Speicher- in den Entladebetrieb wechseln, und umgekehrt“ (Preuster).

Das Verfahren hat praktisch keine Nachteile. Allerdings seien die möglichen Einsatzorte begrenzt, gibt Holger Jorschick zu: „Natürlich ist es nicht in jedem Fall sinnvoll, den Apparat ständig durch Speicherung oder Freisetzung von Wasserstoff auf Betriebstemperatur zu halten. Aber wir gehen davon aus, dass in einem zukünftigen, stark regenerativen Energiesystem großer Bedarf an solchen Anlagen ist.“ Wann genau das Verfahren im kommerziellen Maßstab einsatzbereit ist, ist noch nicht sicher. Gegenwärtig wurde es nur im kleinen Labormaßstab getestet. Doch Holger Jorschick ist zuversichtlich: „Bis Ende des Jahres wird es einen technischen Prototypen geben.“

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