Die Welt im Klimawandel verstehen

Beispiel 2: Böden im Wandel

Für grüne Pflanzen ist CO2 wie Dünger: Sie wachsen besser, wenn der Anteil dieses Treibhausgases in der Atmosphäre steigt. Doch in welchem Ausmaß sie dadurch den CO2-Anstieg in der Atmosphäre bremsen können, ist bislang schwer zu kalkulieren. Einer der Gründe ist ein gegenläufiger Effekt: Die Organismen im Boden, auf dem die Pflanzen wachsen, bauen aufgrund der globalen Erwärmung mehr Kohlenstoff ab und setzen es wieder als CO2frei.

Daher ist es bedeutsam, den Austausch von Treibhausgasen zwischen Böden und Atmosphäre genau unter die Lupe zu nehmen. Ein Team um den Jülicher Forscher Dr. Alexander Graf etwa hat die CO2-Bilanz von zwei Feldern in der Region um Jülich gemessen, die auf unterschiedliche Weise bewirtschaftet wurden: Bei dem einen baute ein Landwirt im Winter sogenannte Zwischenfrüchte an – eine Saatmischung, die unter anderem Senf und Ölrettich enthielt. Solche Zwischenfrüchte sollen die Bodenerosion verringern und die Biodiversität erhöhen. Das andere Feld – 13 Kilometer entfernt – blieb im Winter unbestellt.

Das Ergebnis von Grafs Vergleichsmessungen: Das Feld, auf dem in zwei Wintern Zwischenfrüchte angebaut wurden, nahm über vier Jahre hinweg insgesamt rund 60 Prozent mehr CO2 auf. Dies zeigt: Zwischenfrüchte verbessern die CO2-Bilanz, obwohl sie am Ende des Winters vor dem Anbau der normalen Nutzpflanzen untergepflügt werden und damit den Bodenorganismen zur Verfügung stehen.

„Die Forschungsinfrastruktur ICOS – steht für Integrated Carbon Observation System – wird uns unter anderem in die Lage versetzten, solche Messungen an einer großen Anzahl an Standorten langfristig durchzuführen. Dadurch werden wir auch zu verlässlicheren Werten kommen, bei denen etwa Unterschiede in den Bodenverhältnissen berücksichtigt werden“, sagt Graf.

Beispiel 3: Transport von Treibhausgasen

Luftmassen im Grenzbereich zwischen Troposphäre und Stratosphäre können sozusagen reisen – über große Strecken hinweg, etwa von den Tropen in Asien bis nach Europa. Weil mit ihnen auch Treibhausgase transportiert werden, sind solche Vorgänge für das Verständnis des Klimageschehens bedeutsam. In der gerade beendeten Kampagne WISE unter der Leitung des Forschungszentrums Jülich und der Universität Mainz haben Wissenschaftler Luftmassen mit Hilfe des Forschungsflugzeuges HALO verfolgt, auch um herauszufinden, wie sie sich mischen.

„Wir konnten innerhalb der fünf Wochen der Kampagne eine ungewöhnlich hohe Zahl von Flugstunden absolvieren, nämlich 140. Das war nur möglich, weil Planung und Messgeräte perfekt funktioniert haben“, freut sich der Jülicher Wissenschaftler Prof. Martin Riese. Das wichtigste Hilfsmittel bei der Flugplanung sei das Jülicher Computermodell CLaMS gewesen, das Transport- und Mischungsvorgänge sowie chemische Umwandlungen in der Atmosphäre simuliert, abhängig auch von der Wetterlage. Somit konnte das Forschungsflugzeug gezielt etwa dort messen, wo CLaMS einen starken Einfluss von Luftmassen aus den asiatischen Subtropen auf die Menge und Zusammensetzung der Treibhausgase vorhersagte. „Bereits ein erster Blick auf die erhaltenen Daten zeigt: Hochgenaue lokale Messungen am Flugzeug und das Infrarotspektrometer GLORIA, mit dem man dreidimensionale tomographische Informationen über Spurengase erhält, sind eine methodisch machtvolle und aussagekräftige Kombination“, so Riese.

GLORIA ist ein gemeinsames Instrument des Forschungszentrums und des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Es dient auch als Prototyp für das Hauptinstrument der Satellitenmission AtmoSat, die in diesem Jahr vom Wissenschaftsrat herausragend bewertet wurde. „AtmoSat wird erstmals einen dringend benötigten globalen tomographischen Blick auf kleinräumige dynamische und chemische Prozesse in der Atmosphäre ermöglichen, die für unser regionales Klima und Wetter eine entscheidende Rolle spielen. Die in diesem Jahr durchgeführten Flugzeugmessungen stellen eine wichtige Validierung dieses einzigartigen Konzepts dar“, sagt Riese.

  • Beispielhaft im Bereich Atmosphärenchemie ist auch die Mission POLSTRACC (The Polar Stratosphere in a Changing Climate), wo in der Arktis während des Winters 2016 untersucht wurde, wie empfindlich sich die Spurengase Ozon und Wasserdampf auf das bodennahe Klima auswirken. Im Bereich Wolkenforschung war HALO im Herbst 2014 auf außergewöhnlichen Flügen über dem Brasilianischen Regenwald unterwegs.
  • Bei der Mission ACRIDICON (Aerosol, Cloud, Precipitation, and Radiation Interactions and Dynamics of Convective Cloud Systems) untersuchten die Forscher, wie sich der Ruß zahlreicher Brandrodungen in den Tropen auf die Wolkenbildung und Niederschlagsintensität auswirkt. Die Mission ML-CIRRUS (Mid-Latitude Cirrus) rückte davor im Frühjahr 2014 den Blick auf die hohen Eiswolken (Zirren) in acht bis 14 Kilometern Höhe sowie deren Auswirkung auf das Klima.
  • Schließlich noch NAWDEX (North Atlantic Waveguide and Downstream impact Experiment): Bei dieser Mission flog HALO im Herbst 2016 im Rahmen einer internationalen Messkampagne gemeinsam mit Partnern aus den USA, Großbritannien und der Schweiz, um die Atmosphärendynamik und Transportprozesse über dem Nordatlantik zu vermessen. Mithilfe der umfangreichen Daten sollen zukünftig Wetterprognosen verfeinert sowie Extremwetterereignisse besser verstanden und vorhergesagt werden.

[note Das Forschungsflugzeug HALO ist eine Gemeinschafts-Initiative deutscher Umwelt- und Klimaforschungs-Einrichtungen. HALO wurde aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, der Helmholtz-Gemeinschaft und der Max-Planck-Gesellschaft beschafft. Der Betrieb von HALO wird von der DFG, der Max-Planck -Gesellschaft, dem Forschungszentrum Jülich, dem Karlsruher Institut für Technologie, dem Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ in Potsdam und dem Leibniz-Institut für Troposphärenforschung in Leipzig (TROPOS) getragen. Das DLR ist zugleich Eigner und Betreiber des Flugzeugs (siehe solarify.eu/atmosphaerenforschung-rund-um-den-globus).]

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->Quelle:  Forschungszentrum-Jülich.de/17-10-26-cop23