EE-Anteil 2017 >36 %

Fell: Kommentierung viel zu positiv

„Viel zu positiv“ habe Kapferer die Zahlen kommentiert, meint Energieexperte Hans-Josef Fell: „Der gestiegene Beitrag der erneuerbaren Energien ist erfreulich. Leider hält der notwendige Netzausbau nicht annähernd Schritt mit dem Zuwachs an regenerativen Anlagen.“ In den Zahlen stecke in Wirklichkeit „eine hohe Sprengkraft für die Fortführung der Energiewende“.

Denn vor allem zwei Ursachen seien für die „erfreuliche“ Steigerung verantwortlich: 2017 habe deutlich stärkere Solareinstrahlung und höhere Windgeschwindigkeiten als 2016 gehabt – und zweitens sei der Ausbau der Windenergie an Land und an der Küste vorangekommen.

Weil aber beides nicht unvermindert so weitergehen werde, könne „überhaupt nicht die Rede davon sein“, dass die Energiewende auf gutem Wege sei. „Neben der weiterhin völlig unzulänglichen – weil seit Jahren stagnierenden – Entwicklung der Erneuerbare Energien in den Bereichen Verkehr und Wärme in Gebäuden­ sollten auch im Stromsektor die Alarmglocken klingen.

Einzelkritik Fells

  • „Der Solarstromanteil ist nur marginal von 5,9 Prozent auf 6,1 Prozent gestiegen, was hauptsächlich auf die bessere Solarstrahlung und einen geringen Ausbau um circa 1,5 GW zurückzuführen ist. Damit liegt der Ausbau auch im dritten Jahr weit unter dem sowieso völlig unzulänglichen Ausbauziel der Bundesregierung von 2,5 GW. 2010, 2011 und 2012 lag der PV-Zubau noch bei über 7 GW.
  • Der Bioenergieanteil ist von 6,9 Prozent auf nur 7,0 Prozent gestiegen. Auch hier liegt der Zubau deutlich unter den Regierungszielen und weit unter dem Zubau früherer Jahre.
  • Der Anteil des Wasserkraftstromes ist gar von 3,2 Prozent auf 3,0 Prozent gefallen. Strom aus Geothermie spielt weiterhin keine nennenswerte Rolle, trotz des hohen Potenzials.
  • Die „Energiewende“ in Deutschland ist 2017 nur noch erfolgreich im Teilsegment Windkraft. Hier stieg die Stromerzeugung für Windkraft an Land von 10,7 Prozent auf 13,3 Prozent und bei Offshore von 1,9 Prozent auf 2,8 Prozent. Die Energiewende ist also nur noch eine Windkraftausbauwende. Alle anderen Erneuerbaren Energien stiegen nur minimal, stagnieren oder gehen sogar zurück, wie Strom aus Wasserkraft und Erneuerbare Energien im Verkehrssektor.“

Diese Entwicklung nennt Fell sehr bedrohlich, denn nur auf Windkraft zu setzen, berge erhebliche Probleme. So habe „Kapferer zwar recht, dass der Netzausbau nicht mitkommt, was aber hauptsächlich daran liegt, dass der gleichmäßige dezentrale Ausbau über alle Regionen in Deutschland nicht mehr stattfindet, sondern sich im Wesentlichen nur auf den Zubau der Windenergie konzentriert, und das auch nur noch im Norden“. So seien 2017 in Bayern nur noch vier Bauanträge für Windkraftanlagen gestellt worden. Mit dem einseitigen Windkraftausbau im Norden – prophezeit Fell –  würden die Probleme des Schwankungsausgleichs und des zu langsamen Großspeicherausbaus schnell wachsen. Eine Entwicklung, die an den vielen verfehlten EEG-Novellen der letzten Bundesregierungen absehbar gewesen sei.

„Doch selbst der einzig nennenswerte Ausbau bei Erneuerbaren Energien, der Windkraftausbau, ist bundesweit stark gefährdet“, sagt Fell. „Der erfreulich hohe Zubau 2017 resultierte daraus, dass nur die Anlagen ans Netz gingen, die noch mit dem alten EEG und seiner Einspeisevergütung geplant und genehmigt wurden. Der Wechsel zu Ausschreibungen im EEG 2017 wird aber auch den Ausbau der Windenergie von 2017 über 5 GW auf weit unter die Regierungsziele von 2,8 GW fallen lassen. Die bereits sichtbare Abwanderung ins Ausland und die Entlassungen bei den Planungsbüros sprechen vor diesem Hintergrund eine deutliche Sprache. Den Planungsbüros gehen schlicht die Projekte, die 2018 und 2019 verwirklicht werden könnten, verloren.“

„Energiewende mitnichten auf gutem Weg“

Überhaupt sieht Fell die Energiewende in Deutschland „mitnichten auf einem guten Weg“. Die vielen Akteure von BDEW, Kohlekonzernen bis hin zur Bundesregierung hätten den von Rot-Grün gut auf den Weg gebrachten Ausbau der Erneuerbaren Energien in weiten Teilen schon heftig dezimiert – außer der Windkraft, doch deren Ausbau werde spätestens 2019 „völlig einbrechen“.

Wenn die neue Regierung nicht schnellstens Nachbesserungen am an EEG, EnWG und anderen Gesetzen zur Wiederbelebung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien und der Bürgerenergiewende einleite, werde Deutschland niemals klimaverträglich den Atomausstieg schaffen.

Fell weiter: „Deutschland wird dann der Lächerlichkeit preisgegeben, weil hier nicht das Vorbild für andere Nationen weitergeführt wird, was Deutschland einmal für China, Indien oder Südamerika war. Jetzt, da die Erneuerbaren Energien die billigste Energieform geworden sind, beendet Deutschland absurderweise die Energiewende. Es wird Zeit, dass auch die Verbände der Erneuerbaren Energien endlich Klartext über die wahre desolate Situation der Energiewende in Deutschland reden, statt sich in der Chor der Beschöniger einzureihen, die den erfreulichen Ausbau der Windenergie in 2017 als Erfolg für den Ausbau der Erneuerbare Energien insgesamt feiern.“

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