Tennet mit problematischer Redispatch-Berechnung

Was die hohen Kosten 2017 wirklich verursacht hat

Tennet bezifferte jüngst die Kosten für die Netzstabilisierung im vergangenen Jahr allein im eigenen Netzgebiet auf eine Milliarde Euro (solarify.eu/netz-stabilisierung-kostet-fast-eine-milliarde) und sieht den Grund dafür vor allem bei dem wachsenden Anteil der Erneuerbaren. Wer sich aber die Ursachen für die Eingriffe der Netzbetreiber genauer anschaut, kommt zu einem ganz anderen Schluss, wie Energy-Brainpool-Experte Fabian Huneke (Foto) am 0gegenüber von pv magazine aufzeigte. Solarify hatte bereits Zweifel an der Tennet-Version angemeldet.

Unterschiedliche Netzebenen – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Nach der Veröffentlichung des Übertragungsnetzbetreibers Tennet sei viel über verstopfte Stromleitungen und die Kosten für Redispatch-Maßnahmen diskutiert worden. „Gern“ – auch von Tennet, so Seeger – „werden diese dem Ausbau Erneuerbarer Energien in die Schuhe geschoben. Die Situation sei aber deutlich komplexer, so Fabian Huneke auf Nachfrage von pv magazine. Die Daten auf netztransparenz.de zeigten, dass ein Großteil der Redispatch-Maßnahmen im ersten Quartal 2017 angefallen sei und zu dieser Zeit auch hohe Kosten verursacht worden seien. Vielfach werde der hohe Redispatch-Bedarf auf hohe Windeinspeisung im Norden und den Energieverbrauch im Süden zurückgeführt. Im ersten Quartal 2017 seien die Netzeingriffe jedoch in keinem Fall damit zu erklären, wie Bundesnetzagentur und BDEW feststellten, sagte Huneke. Photovoltaik- und Windkraftanlagen hätten in dieser Phase wetterbedingt insgesamt eher zu wenig als zu viel Strom produziert.“

Reservekraftwerke hochgefahren

Huneke führe deshalb die hohe Zahl der Netzeingriffe Anfang 2017 in erster Linie darauf zurück, dass in Frankreich zur gleichen Zeit bei hoher Stromnachfrage bis zu zwölf Kernkraftwerke wegen Sicherheitschecks keinen Strom eingespeist hätten; der zum Ausgleich nötige Strom sei damals auch aus Deutschland bezogen worden. In dieser Phase hätten Netzbetreiber und Energieversorger ihre Reservekraftwerke hochgefahren, so Huneke mit Blick auf die hohen Kosten im ersten Quartal.

Zudem hätten die Windkraftanlagen wegen der Herbststürme im vierten Quartal viel Strom produziert. „Ausgerechnet in dieser Zeit hielten sich die Netzbetreiber mit Redispatch-Maßnahmen zurück“, sagt Huneke, der laut Seeger in diesem Punkt die Meinung mancher Kritiker wie die des Grünen-Bundestagsabgeordneten Oliver Krischer*) teile: „Insbesondere in Nord- und Ostdeutschland verstopft Strom aus konventionellen Kraftwerken die Stromnetze in Richtung Süden“. In der Theorie müssten die Kohlekraftwerke bei hoher Einspeisung aus Photovoltaik- und Windkraftanlagen soweit wie technisch möglich in solchen Situationen heruntergefahren werden. Dennoch blieben nördlich des Engpasses starre fossile Erzeugungsbänder erhalten, die das Netz belasteten. „Ohne sie würde weniger Redispatch stattfinden“, so Huneke.

[note *) Grünen-Experte Oliver Krischer sieht die Schuld ebenfalls bei den Kohle- und Atomkraftwerken. Solange diese weiter laufen, würden logischerweise auch die Kosten für Netzeingriffe steigen, sagt er laut der Hannoverschen Allgemeinen. Er forderte mehr Transparenz und neue Regeln im Stromnetz. „Die Netzbetreiber können weitgehend schalten und walten, wie sie wollen, ohne sich für Notwendigkeit und Kosten der Netzeingriffe rechtfertigen zu müssen“, so Krischer. Solche Kosten würden auch im Süden verursacht, wenn die Netzbetreiber wegen Engpässen etwa Reservekraftwerke hochfahren oder Strom aus Österreich zukaufen müssten. (Nach pv magazine)]

Eine Tennet-Sprecherin sagte Seeger auf dessen Nachfrage, dass im vergangenen Jahr Redispatch und Netzreserve besonders im ersten und vierten Quartal abgerufen worden seien. Dies entspreche den Vorjahren und habe generell damit zusammen gehangen, dass in diesen Monaten die Windeinspeisung hoch gewesen sei, was zu Transportengpässen führe. „Im ersten Quartal kam außerdem die schwierige Lage in Frankreich hinzu, die zu hohem Redispatch hierzulande führte“, so die Sprecherin.

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