Eine Chance für das Klima?

Papst trifft Chefs der Energie- und Finanzwirtschaft

„Die volle Macht des Mammon wird im Vatikan auftauchen, um das Missfallen des Papstes über bestimmte irdische Dinge zu diskutieren,“ titelte die Financial Times (FT) am 01.06.2018 über die Ankündigung einer „ungewöhnlichen Zusammenkunft von BlackRock, ExxonMobil und Kirchenleitern“. Am 09.07.2018 empfängt Papst Franziskus laut Spitzenvertreter von rund 40 großen Energie- und Finanzunternehmen in Audienz – darunter Darren Woods, ExxonMobil-Chef, und BlackRock-CEO Larry Fink.

Entsprechende Berichte bestätigte der Pressesprecher des Vatikans auf Anfrage der Katholischen Nachrichtenagentur. Das Treffen ist Teil eines zweitägigen Vatikan-Kongresses zum Klimawandel mit dem Titel „Energy Transition and Care for our Common Home“ („Energiewandel und die Sorge für unser gemeinsames Haus“) und wird von der katholischen US-Universität Notre Dame und dem vatikanischen Entwicklungsministerium unter Leitung von Kardinal Peter Turkson veranstaltet.

Neben Fink und Woods stehen BP-CEO Bob Dudley und Lord John Browne (Ex-BP-Chef, jetzt CEO der Öl- und Gas-Investmentgesellschaft L1 Energy) sowie die CEOs von Occidental Petroleum aus Houston, Eni aus Italien und Pemex aus Mexiko auf der Liste. Außerdem Eldar Sætre, CEO von Equinor (ehemals Statoil-Norwegen) und Ernest Moniz, ehemaliger US-Energieminister unter Präsident Obama. Ben Van Beurden, CEO von Royal Dutch Shell, wurde eingeladen, lehnte aber mit der Begründung ab, er habe anderswo eine Verpflichtung, so ein Beamter.

Das Treffen – zuerst gemeldet von der neuen Webseite Axios („Papst bestellt Big Oil ein“) findet zu einer Zeit statt, während institutionelle Investoren zunehmend die größten Energieunternehmen der Welt auffordern, sich dem Klimarisiko zu stellen. Denn erst im Mai 2018 hatten Vermögensverwalter mit einem Kapital von 8,6 Milliarden Euro in einen Brief in der FT Öl- und Gasindustrie aufgefordert, die Klimarisiken transparenter zu machen und die Verantwortung für ihre Emissionen zu übernehmen. Inzwischen haben laut FT Dutzende von katholischen Institutionen – darunter drei führende katholische Banken und Caritas International – angekündigt, ihre Investitionen in fossile Brennstoffe zu veräußern, inzwischen allgemein bekannt als Divestment.

[note Kommentierung auf Axios: „Warum es wichtig ist: Es ist eine der bedeutendsten Entwicklungen, dass Unternehmen mit anderen führenden Politikern der Welt am Klimawandel arbeiten, während sich Präsident Trump in dieser Frage zurückzieht.
Situationsbewusstsein: Vor einem Jahr kündigte Trump seine Absicht an, Amerika aus dem Pariser Klimaabkommen zurückzuziehen, das von allen Ländern außer den Vereinigten Staaten unterstützt wird. Vor drei Jahren schrieb Papst Franziskus seine Enzyklika „Laudato sí“ über die Bedeutung der Bekämpfung des Klimawandels, eine Premiere in der Geschichte der Kirche.]

US-Journalisten werten das Treffen im Vatikan denn auch als Versuch multinationaler Unternehmen, nach dem Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen durch Präsident Donald Trump mit anderen weltweiten Führungspersönlichkeiten über den Klimawandel ins Gespräch zu kommen.

Die „Financial Times“ zitiert den Chef von Exxon Mobile, Darren Woods, mit den Worten:“Wir hoffen, dass diese Art von Dialog uns hilft, Lösungen zu finden für das zweifache Problem, einerseits mit den Risiken des Klimawandels umzugehen und andererseits den steigenden Energiebedarf zu decken.“

Ausgangspunkt der Beratungen am kommenden Freitag und Samstag ist die Umwelt- und Sozial-Enzyklika „Laudato si“ des Papstes (solarify.eu/papst-rundschreiben), der den Klimawandel als „eine der größten Herausforderungen für die Menschheit“ (siehe: solarify.eu/papst-niemand-darf-klimawandel-folgen-leugnen) bezeichnet hat. Nachdem der Papst für seine teils harsche Kritik am Wirtschaftssystem auch Widerspruch erfuhr, sucht er nach Ansicht von Beobachtern verstärkt das Gespräch mit führenden Wirtschaftsvertretern.

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