Rede Bundeskanzlerin Merkels beim Petersberger Klimadialog

„Wir wissen, dass wir verbindlicher werden müssen“

Bundeskanzlerin Angela Merkel hielt beim IX. Petersberger Klimadialog am 19.06.2018 in Berlin eine Rede, in der sie einräumte, Deutschland werde sein ambitioniertes Klimaziel nicht erreichen. Ihre Schlussfolgerung daraus: „Wir in Deutschland müssen zugeben, dass wir wieder besser werden müssen.“ Solarify dokumentiert die Rede und setzt Zwischentitel ein.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, lieber Kollege Morawiecki,
sehr geehrter Herr Ministerpräsident Bainimarama,
liebe Frau Bundesministerin Schulze,
sehr geehrte Damen und Herren aus nah und fern,

ich möchte Sie seitens der gesamten Bundesregierung nochmals hier in Berlin herzlich willkommen heißen. Einen ganz besonderen Dank möchte ich an meinen Kollegen, Ministerpräsident Morawiecki, senden. Denn es ist nicht selbstverständlich, dass wir hier bei diesem Klimadialog gemeinsam auftreten können. Dieses Treffen dient der Vorbereitung der nächsten UN-Klimakonferenz. Deshalb deutet auch durch die Anwesenheit des Ministerpräsidenten alles darauf hin, dass Polen Gastgeber sein wird. Polen wird bereits zum vierten Mal Gastgeber der Klimakonferenz sein.

Deshalb ganz herzlichen Dank dafür, dass Sie Kattowitz für die Veranstaltung ausgesucht haben. Denn Kattowitz steht im Grunde für das, was auch uns in Deutschland beschäftigt, nämlich für den Strukturwandel in Regionen, die durch Schwerindustrie und Bergbau gekennzeichnet sind und in denen der Wandel im Sinne des Klimaschutzes gestaltet werden muss. Das ist alles andere als eine einfache Sache. Da wird das Thema Klimaschutz auch sehr konkret.

Im vergangenen Jahr hatte mit der Republik Fidschi erstmals ein vom Klimawandel besonders betroffener Inselstaat die Präsidentschaft der Klimakonferenz inne. Daraus entstand der Talanoa-Dialog. Mit diesem klangvollen Namen verbindet sich ein bestimmtes Verfahren, wie es im pazifischen Raum angewandt wird. Es geht darum, statt sich in Interessengegensätzen zu verlieren, Gemeinsamkeiten herauszustellen. Das erleichtert, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. So kann man sich mit frischem Ehrgeiz daranmachen, das Pariser Klimaschutzabkommen einmal mit einer anderen Methodik umzusetzen. Es tut uns Europäern, die wir die Gegensätze gern sehr hart ausfechten, gut, auch einmal Herangehensweisen aus anderen Regionen kennenzulernen. Ich möchte deshalb dem Ministerpräsidenten der Republik Fidschi ganz herzlich für das danken, was Sie für das Klimaschutzabkommen getan haben.

Paris umsetzen

Wir haben uns als Weltgemeinschaft sowohl auf das Abkommen von Paris als auch auf die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung verständigt. Beides war ein großartiger Erfolg. Um daraus einen historischen Erfolg zu machen, geht es natürlich nun darum, das Vereinbarte auch wirklich umzusetzen. Das muss ja die Aufgabe sein. Deshalb möchte ich sagen: Die Bundesregierung steht voll und ganz zum Klimaabkommen von Paris. Denn eine ambitionierte Klimaschutzpolitik hilft nicht nur die schlimmsten Folgen des Klimawandels einzudämmen, sondern bietet auch neue Chancen für Innovationen und damit für Wachstum und Wohlstand weltweit. Das Abkommen ist jetzt von 178 Staaten ratifiziert. Alle, die dabei sind, eint die Überzeugung, dass globale Probleme auch nur gemeinsam gelöst werden können.

Natürlich ist es sehr bedauerlich, dass sich die Vereinigten Staaten von Amerika aus diesem Abkommen zurückziehen wollen. Daran hat sich leider auch nach dem jüngsten G7-Gipfel nichts geändert. Deshalb ist es wichtig, dass wir mit den anderen G7-Staaten weiter ein klares Bekenntnis zum Pariser Abkommen gesendet haben, genauso wie wir es letztes Jahr in Deutschland beim G20-Treffen getan haben. Wir sind davon überzeugt, dass wir die multilaterale Zusammenarbeit stärken müssen und eine Schwächung nicht zulassen dürfen.

In diesem Jahr, in dem der multilaterale Ansatz unter Druck steht, gilt es auch im Bereich des Klimaschutzes Nägel mit Köpfen zu machen. Wir wollen, dass bis zum Ende des Jahres bei der COP24 ein verbindliches Regelwerk beschlossen wird. Ich denke, wir brauchen gemeinsame Regeln für unser Handeln. Das ist ja auch das Signal, das von diesem Petersberger Klimadialog ausgehen soll und sicherlich auch ausgehen wird. Ich habe mir sagen lassen, dass die Beratungen erfolgreich verlaufen. Dafür möchte ich allen danken, die daran mitwirken.

Folgt: Es muss eine Bewegung aus der Gesellschaft heraus sein