Erster Diesel-ÖPNV-Bus mit SCR-Nachrüstung

„Neu“ im Rahmen der BMVI-Förderrichtlinie Sofortprogramm Saubere Luft

Der bundesweit erste ÖPNV-Dieselbus mit SCR-Nachrüstung (SCR = Selektive Katalytische Reduktion) ist einer Medienmitteilung des BMVI zufolge am 20.07.2018 in Düsseldorf vorgestellt worden. Verkehrsminister Andreas Scheuer wiederholte dabei in Gegenwart von (Foto v.re.) NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser, des Düsseldorfer OB Thomas Geisel, Hermann Josef Schulte vom Nachrüst-Unternehmen HJS in Menden und Rheinbahn-Vorstand Klaus Klar wieder einmal das Politik-Mantra, Hauptziel der Politik sei die Vermeidung genereller Fahrverbote.

Scheuer wörtlich: „Unser klares Ziel ist: keine generellen Fahrverbote in deutschen Städten. Deshalb rüsten wir dort nach, wo es Sinn macht. Also nicht alte private Diesel-Pkw<, sondern ÖPNV-Busse, die täglich tausende von Kilometern in den Innenstädten zurücklegen. Wir unterstützen deshalb die Verkehrsunternehmen finanziell dabei, ihre Dieselbusse mit der Nachrüstung von Abgasnachbehandlungssystemen umweltfreundlicher zu machen. Pro Dieselbus können so die Stickoxid-Emissionen um bis zu 90 Prozent reduziert werden. Damit wird sich die Luft in Düsseldorf deutlich verbessern.“

Der 104er (Diesel)-Bus in Berlin – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

ÖPNV-Busse fahren pro Jahr mehr Kilometer in den Städten als andere Verkehrsteilnehmer. Deswegen unterstützt das BMVI die Kommunen mit 107 Millionen Euro dabei, Dieselbusse nachzurüsten. Die Förderung erfolgt im Rahmen des Sofortprogramms Saubere Luft 2017-2020. Gefördert werden System- und externe Einbaukosten der Nachrüstung von genehmigten Abgasnachbehandlungssystemen zur Reduzierung der Stickstoffdioxidemissionen. Antragsberechtigt sind Gebietskörperschaften, Verkehrsverbünde sowie öffentliche und private Verkehrsunternehmen, die ÖPNV-Leistungen in einer der belasteten Kommunen erbringen. Die Fördersätze betragen entsprechend dem EU-Beihilferecht je nach Unternehmensgröße 40 bis 60 Prozent. Ein förderunschädlicher vorzeitiger Vorhabenbeginn ist bereits ab Inkrafttreten möglich. Bisher sind aus ganz Deutschland Anträge für knapp 1.000 Busse mit einem Fördervolumen von rund 8,5 Millionen Euro eingegangen.

[note Die Firma HJS auf ihrer Webseite: „Neueste Busse im Öffentlichen Personennahverkehr müssen heute der Abgasnorm Euro VI entsprechen. Auch aus Sicht kritischer Umweltschützer sind diese Fahrzeuge hinsichtlich ihrer Schadstoffe sauber. In Deutschland gibt es zurzeit mehr als 28.000 Stadtbusse, die in den letzten Jahren noch nicht mit diesen modernen Motor- und Abgas-Konzepten zugelassen worden sind und somit auch zu den innerstädtischen Schadstoffbelastungen beitragen. HJS hat für diese Diesel-Busse jetzt eine Abgastechnologie vorgestellt, mit der Bestandsfahrzeuge im Markt nachträglich ausgestattet werden können. Mit dem Einbau erreicht man eine drastische Reduzierung der Schadstoffe von zum Teil über 90 %. Mit dieser HJS Technik ausgestattete Fahrzeuge werden vom Bundesverkehrsministerium analog den neuesten Bussen eingestuft und finanziell gefördert.“]

Gemeinsames Ziel von Bund, Ländern und Kommunen ist es, die Luftqualität in den Ballungsräumen nachhaltig zu verbessern und den Ausstoß von Stickoxiden zu reduzieren. Ein Schlüssel dafür seien moderne Fahrzeugtechnik und emissionsarme Abgassysteme. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) habe „bereits drei eingereichte Anträge zu Nachrüstlösungen genehmigt“, so das BMVI weiter in seiner Erklärung.

Die Bundesregierung und die beteiligten Bundesländer und Kommunen haben sich am 28.11.2017 auf Eckpunkte eines „Sofortprogramms Saubere Luft 2017-2020“ zur Verbesserung der Luftqualität in Städten verständigt. Der Bund hat damit ein Maßnahmenpaket für bessere Luft in Städten aufgelegt. Das Sofortprogramm umfasst 1 Milliarde Euro. Gegenstand sind Maßnahmen für die Elektrifizierung des urbanen Verkehrs und die Errichtung von Ladeinfrastruktur, für die Digitalisierung von Verkehrssystemen sowie zur Nachrüstung von Diesel-Bussen im ÖPNV mit Abgasnachbehandlungssystemen. Alle Maßnahmen sollen bis 2020 Wirkung entfalten.

 

Bauchmüller: „Der Grenzwert für Stickoxid gilt seit 2010, seit sieben Jahren wird er in vielen deutschen Städten gebrochen. Jetzt aber, da Gerichte Fahrverbote erlauben und die Brüsseler EU-Kommission auf die Einhaltung der Grenzwerte pocht, verfällt die Bundesregierung in sofortprogrammgewordenen Aktionismus. Sie reiht Luftnummer an Luftnummer, hat aber nur ein Ziel: Zeitgewinn.“

[note Solarify fragt sich (und die Bundesregierung und ihren kantigen Verkehrsminister) denn auch, wie man (im November 2017) allen Ernstes nach jahrelangem schuldhaftem Zögern im Dieselskandal ein solches Programm, das in Wirklichkeit die Gewinne der Automobilindustrie absichern soll, das scheinheiligerweise aber angeblich Arbeitsplätze schützen soll, „Sofortprogramm“ nennen kann. Wie man dann bis Ende März des Folgejahres (fast vier Monate!) mit der Konkretisierung für den ÖPNV warten kann, und wie man dann weitere vier Monate verstreichen lassen kann, bis der erste (ein einziger!) Bus nachgerüstet ist – ohne sich der Gefahr („Comedy-Gold“) bewusst zu sein, damit Komiker und Kabarettisten landauf landab unfreiwillig mit Material zu versorgen. Dabei ist das Thema angesichts vieler vorzeitiger Todesfälle viel zu ernst für humorvolle Anmerkungen: Die durch Stickstoffdioxid verursachten 12.860 vorzeitigen Todesfälle in Deutschland sind nahezu viermal mehr als die Anzahl der Verkehrstoten.]

->Quellen: