Bisher härtestes Urteil auf DUH-Klage – VerwG Düsseldorf lehnt (zunächst) ab
Die Stadt Frankfurt hat am 05.09.2018 vom Verwaltungsgericht Wiesbaden das bisher härteste Fahrverbot aufgebrummt bekommen, wie zahlreiche Medien melden. Die DUH hatte das Land wegen nicht eingehaltener EU-Grenzwerte für saubere Luft in vier hessischen Städten verklagt. Für besonders schmutzige Motoren Autos gilt es schon ab 01.02.2019, andere haben noch ein bisschen Zeit (September 2019). Das Gericht urteilte, dass die hessische Landesregierung den Luftreinhalteplan für die fünftgrößte Stadt in Deutschland um Durchfahrtbeschränkungen für Selbstzünder der Abgasnorm Euro 4 und älter ergänzen muss. Aber auch Benziner der Euro Norm 1 und 2 werden ausgesperrt (Az. 4 K 1613/15.WI). Demgegenüber hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf eine DUH-Klage auf Zwangsvollstreckung abgelehnt: die DUH reicht Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Münster ein.
„Das Fahrverbot ist notwendig, weil alle übrigen vom Land in Betracht gezogenen Maßnahmen nicht zu einer wirksamen Reduzierung der Stickstoffdioxid-Emissionen in angemessener Zeit führen“, sagte Rolf Hartmann, Vorsitzender Richter des Verwaltungsgerichts in Wiesbaden. Und: „Wir müssen begreifen, dass es um die Gefährdung der Gesundheit von uns allen geht“. Die Stadt Frankfurt reagierte enttäuscht und fordert nun finanzielle Unterstützung. „Die Bürger und die Städte haben jetzt die Versäumnisse der Automobilindustrie, aber auch der Bundesregierung auszubaden“, sagte Verkehrsdezernent Klaus Oesterling (SPD). Das Land Hessen müsse jetzt die Konsequenzen aus dem Urteil ziehen. Unter anderem müssten rund zwei Drittel der etwa 340 Busse des öffentlichen Nahverkehrs in Frankfurt nach dem Urteil nachgerüstet werden. „Wir erwarten hier auch eine finanzielle Unterstützung der Landesregierung und der Bundesregierung, was bestimmte Maßnahmen angeht,“ so der Lokalpolitiker.
Hessische Landesregierung nun für Hardwarenachrüstung
Das Verwaltungsgericht habe – wie schon andere in Stuttgart und München vorher, sowie das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig – „den Weg für saubere Luft“ frei gemacht, erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch nach der Verhandlung gegenüber Solarify. „Das Urteil schiebt die unbedingt notwendige Verkehrswende an. In Frankfurt muss der Parkraum dem Urteil folgend verteuert und verknappt und die Stadtbusse nachgerüstet werden. Gleichzeitig muss die Hardwarenachrüstung für die 11 Millionen betrogenen Dieselbesitzer kommen. Die Automobilindustrie muss dafür einen Teil ihrer betrügerisch eingestrichenen Gewinne einsetzen.“ Denn, so Resch weiter, nur durch die Fahrverbote werde die Regierung dazu gedrängt, die Hardwarenachrüstung im Rahmen der Verursacherhaftung bundesweit für alle durchzusetzen: „Wer nachgerüstet ist, für den gelten Fahrverbote nicht“. Die hessische Landesregierung war der DUH gegenüber auf die Forderung nach Hardwarenachrüstung eingeschwenkt, in der Hoffnung, dadurch das Gericht in letzter Minute umzustimmen.
[note Allein in Deutschland jährlich 12.860 vorzeitige Todesfälle – Derzeit führt die DUH in 28 Städten, in denen der Jahresmittelgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³) überschritten wird, Klageverfahren für „Saubere Luft“. Diesel-Fahrverbote sind zur kurzfristigen Einhaltung des NO2-Grenzwertes die einzige Option und laut Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.02.2018 rechtmäßig. NO2 ist gesundheitsschädigend und führt zu vorzeitigen Todesfällen. Die Europäische Umweltagentur EEA hat im Herbst 2017 die gesundheitlichen Folgen der NO2-Verschmutzung mit jährlich 12.860 vorzeitigen Todesfälle allein in Deutschland beziffert.]
Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan kommentierte: „Dieses Urteil lässt die Menschen in Frankfurt aufatmen. Nachdem die Politik viel zu lange akzeptiert hat, dass Zehntausende gefährlich schmutzige Luft atmen müssen, setzt das Gericht jetzt wirksame Hilfe durch. Solange die Bundesregierung Hardwarenachrüstungen schmutziger Autos blockiert, bleiben Fahrverbote die einzige wirksame Maßnahme, um die Gesundheit der Menschen zu schützen. Frankfurt und alle anderen Städte mit Luftproblemen müssen dieses Urteil als Fanal für eine überfällige Verkehrswende begreifen. Diesel und Benziner haben keinen Platz in modernen Innenstädten. Nur wenn Städte das Angebot an Bussen und Bahnen deutlich erweitern und ihr Radwegenetz konsequent ausbauen, kommen Menschen künftig sicher und sauber durch die Stadt.“
[note Die Hessenschau, das Regionalprogramm des Hessischen Rundfunks, beantwortet auf ihrer Webseite Fragen: