Deutschland und Österreich gehen getrennte Wege

Zu viel Stromabfluss – kein gemeinsamer Strommarkt mehr – skeptisches Echo

Seit dem 01.10.2018 ist die gemeinsame Strompreiszone Deutschland-Österreich Geschichte, schreibt Kathatina Wolf in Erneuerbare Energien. Denn seit diesem Tag werde nicht mehr unbegrenzt mit Strom gehandelt – nach langer Vorbereitung wurde der gemeinsame Strommarkt aufgetrennt. Denn zu viel Strom war aus Deutschland nach Süden abgeflossen und hatte das Nord-Süd-Gefälle im deutschen Übertragungsnetz ständig weiter verschärft.

Jetzt werde der Stromhandel an die Netzsituation angepasst und damit Energieflüsse für die Übertragungsnetzbetreiber besser beherrschbar, so die Vorstände der Netzbetreiber. Und: Die Netzsicherheit beider Länder werde durch Redispatchleistungen aus österreichischen Kraftwerken unterstützt. „Das klingt harmonischer als die Diskussion um die Trennung der Strommärkte verlief“ so EE-Autorin Wolf. „Die österreichische Behörde E-Control hatte erfolglos Beschwerde gegen das Engpassmanagement eingelegt und auch bezweifelt, dass die Handelsbegrenzung zu Millioneneinsparungen bei Redispatchkosten und Winterreserve in Deutschland führen würde.“

Strommasten in Hessen – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

[note Aus der Medienmitteilung der vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz, Amprion, TenneT und TransnetBW:
„Das Engpassmanagement sichert den Stromhandel an der deutsch-österreichischen Grenze und gleichzeitig die Netzstabilität und damit die Versorgungssicherheit in Deutschland und Österreich: Bislang gab es hier aufgrund der gemeinsamen Gebotszone einen uneingeschränkten Stromhandel. Dies führte zu Engpässen im stark belasteten Stromnetz, das mit umfangreichen Maßnahmen stabilisiert werden musste. Die Übertragungsnetzbetreiber erwarten eine deutliche Verbesserung der Engpasssituation zwischen Deutschland und Österreich und damit einhergehend eine Reduzierung der netzstabilisierenden Maßnahmen besonders an dieser Grenze so-wie eine Entlastung benachbarter Übertragungsnetze vor allem in Polen und Tschechien. Dies könnte sich langfristig auch positiv auf die Netzentgelte und damit die Kosten für Stromverbraucher auswirken.
Das Engpassmanagement steht im Einklang mit den Zielen der Europäischen Network Codes. Entsprechend den Anforderungen der Regulierungsbehörde erhalten die Marktteilnehmer langfristige Übertragungskapazitäten in Höhe von mindestens 4,9 Gigawatt. Diese Kapazität wird entsprechend einer Vereinbarung der deutschen und österreichischen Regulierungsbehörden von dem österreichischen Übertragungsnetzbetreiber durch Kraftwerkskapazität für netzstabilisierende Maßnahmen gesichert. Sollte diese zeitweise nicht zur Verfügung stehen, wird die verfügbare Übertragungskapazität an der deutsch-österreichischen Grenze entsprechend gesenkt. Für den Start des Engpassmanagements wurden langfristige Übertragungskapazitäten bereits Mitte September erfolgreich auktioniert, auch die Allokation im Day-Ahead- und Intraday-Zeitbereich verlief problemlos. Die tägliche Berechnung der Kapazitäten wird in die regionale zentralwesteuropäische Kapazitätsberechnung einge-bunden. Der Stromaustausch erfolgt über die sogenannte lastflussbasierte Marktkoppelung (flow based market coupling)“.]

Sinken jetzt die Redispatchkosten?

Ungeachtet des österreichischen Zweifels erwarten die deutschen Netzbetreiber also, dass sich die Engpasssituation zwischen Deutschland und Österreich verbessert  – und gleichzeitig die notwendigen netzstabilisierenden Maßnahmen abnehmen. Auch andere benachbarte Übertragungsnetze würden entlastet. Und sie erwarten positiven Einfluss auf Netzentgelte und Redispatchkosten.

Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur, reagiert skeptisch: „Welche Auswirkungen die Strompreiszonentrennung auf die Endkunden in Industrie, Gewerbe und auch bei den Haushalten hat, wird sich erst in den kommenden Monaten zeigen“. In Österreich seien leichte Steigerungen zu erwarten. Wobei Industrie und Gewerbe aufgrund ihrer monatsscharfen Abrechnungen und börsenpreisgekoppelter Strompreise die Auswirkungen wohl schneller zu spüren bekämen als Haushalte mit jährlicher Abrechnung.

Auch BDEW-Chef Stefan Kapferer warnt vor zu hohen Erwartungen: „Es bleibt abzuwarten, ob die Aufsplittung tatsächlich zu der erhofften Entlastung der Stromnetze führt. Dieser Schritt widerspricht in jedem Fall dem Streben nach möglichst großen und damit liquiden Strommärkten in Europa.“ Die Aufsplittung in kleinere Preiszonen werde jedenfalls nicht den Druck beim Netzausbau mindern, so Kapferer:. „Gerade in Deutschland müssen wir den Netzausbau zwischen Nord und Süd entschlossen vorantreiben und mit dem Ausbau der Erneuerbaren synchronisieren.“

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