Zweifel an NO2-Grenzwerten „unseriös“ – DUH ruft zu Meldungen auf

Kinderpneumologen stellen sich hinter WHO-Vorgaben

Die Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie (GPP – Vereinigung der Lungenfachärzte für Kinder und Jugendliche) stellt sich in einer am 30.01.2019 auf der Verbandswebseite veröffentlichten Stellungnahme klar hinter die Grenzwert-Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO). In Bezug auf sogenannte „Grenzwert-Skeptiker“ stellten die Ärzte fest: „Wissenschaftliche Aussagen pauschal in Frage zu stellen, ohne hierfür Belege anzuführen, ist unseriös. Wer öffentlichen Zweifel an dem gesundheitsschädlichen Potential von Luftschadstoffen sät, ohne hierfür wissenschaftliche Arbeiten zu zitieren, verletzt die Grundsätze ärztlichwissenschaftlichen Handelns.“ Ausdrücklich distanziert sich der GPP-Vorstand von „dieser Form der öffentlichen Meinungsäußerung“. Die GPP vertritt nach eigenen Angaben mehr als 900 Kinder-Lungenfachärzte in Deutschland, Österreich und der Schweiz – so die Ärzte Zeitung online. Derweil ruft die Deutsche Umwelthilfe zu Meldungen besonderer Luftbelastungen auf.

Diesel-Auspuff – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Alte Behauptungen

Die Kollegenschelte der Kinderlungenärzte brachte es bis in tagesschau und FAZ. 113 Lungenspezialisten (ca. 3 % der rund 3.800 angeschriebenen Personen) um Professor Dieter Köhler, ehemaliger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), hatten kürzlich den gesundheitlichen Nutzen der aktuellen Grenzwerte für Feinstaub und Stickoxide (NOx) bezweifelt. Sie sehen derzeit keine wissenschaftliche Begründung, die die Grenzwerte rechtfertigen würden, wie es in einerAbgase eines Busses – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify am 23.01.2019 veröffentlichten Stellungnahme heißt. Unter der Überschrift: „NOx und Feinstaub – Grenzwerte bei Lungenärzten umstritten“ versuchten sie den Eindruck zu erwecken, als ob „immer mehr Experten die gesundheitliche Relevanz der aktuellen Grenzwerte für Stickoxide (NOx) und Feinstaub bezweifeln“. Die wissenschaftliche Methodik bei Festlegung dieser Grenzwerte stehe „in der Kritik“. Laut FAZ „behauptet der emeritierte Professor Köhler seit Jahren, dass praktisch alle derzeitigen epidemiologischen und toxikologischen Studien, die den Grenzwertempfehlungen zugrunde liegen, ‚ideologisiert‘ und damit falsch interpretiert worden seien“. Eine Behauptung, die laut Wikipedia „dem Faktencheck nicht standhält„.

Die GPP-Erklärung im Wortlaut:

1. Die Lungenfachärzte für Kinder und Jugendliche weisen ausdrücklich auf die in zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten dokumentierten gesundheitsschädigenden Auswirkungen von Luftschadstoffen hin. Der Vorstand der GPP unterstützt die Grenzwert-Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO. Diese Grenzwerte sind von internationalen Expertenteams auf Basis der weltweit verfügbaren Literatur zu den Auswirkungen von Luftschadstoffen auf die Gesundheit festgelegt worden.
2. Neben kurzfristigen und langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen von Luftschadstoffen ist die Gesundheitsfürsorge für besonders gefährdete Gruppen ein wichtiger Aspekt bei der Risikobewertung. Hierzu zählen u.a. Kinder und Jugendliche, schwangere Frauen, ältere Menschen sowie Patienten aller Altersgruppen mit chronischen Lungenerkrankungen. In der aktuellen Debatte wird die Schutzwürdigkeit dieser besonders gefährdeten Gruppen häufig nicht erwähnt. Damit wird das Prinzip der Schadensvermeidung als Kernelement ärztlicher Handlungsethik ignoriert.
3. Der Vorstand der GPP unterstützt die Position und die inhaltlichen Stellungnahmen der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), der European Respiratory Society (ERS), des internationalen Forums der pneumologischen Fachgesellschaften (FIRS) und der World Health Organisation (WHO), die übereinstimmend auf die gesundheitlichen Gefahren einer erhöhten Exposition mit Luftschadstoffen hinweisen.
4. Als Wissenschaftler stehen wir in der Pflicht, unsere Erkenntnisse zu hinterfragen, unsere Ergebnisse kritisch zu diskutieren und unsere Methoden des Erkenntnisgewinns kontinuierlich zu verbessern. Wissenschaftlicher Diskurs und Selbstkritik sind Kernelemente einer freien und pluralistischen Wissenschaftskultur. Wissenschaftliche Aussagen pauschal in Frage zu stellen, ohne hierfür Belege anzuführen, ist unseriös. Wer öffentlichen Zweifel an dem gesundheitsschädlichen Potential von Luftschadstoffen sät, ohne hierfür wissenschaftliche Arbeiten zu zitieren, verletzt die Grundsätze ärztlichwissenschaftlichen Handelns. Von dieser Form der öffentlichen Meinungsäußerung distanziert sich der Vorstand der Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie ausdrücklich.

Folgt: Umweltministerium sieht Kritik politisch motiviert – Lauterbach: Grenzwerte eher zu hoch – Aufruf der DUH