Zweifel an NO2-Grenzwerten „unseriös“ – DUH ruft zu Meldungen auf

Umweltministerium sieht Kritik politisch motiviert – Lauterbach: Grenzwerte eher zu hoch

Das Bundesumweltministerium wies laut BR die Kritik der Lungenärzte zurück. Staatssekretär Jochen Flasbarth betonte, die geltenden Grenzwerte seien das Ergebnis vieler Studien. Sie zeigten, dass es einen Zusammenhang zwischen Luftschadstoffen und Lungen- sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen gebe. Bei der Ärzte-Kritik handle es sich um eine rein politische Erklärung und nicht um eine wissenschaftliche Auseinandersetzung: „Seit 2010 sind diese Grenzwerte einzuhalten. Das tun wir nicht, aber nicht deshalb, weil die Grenzwerte falsch sind, sondern weil die Industrie dreckige Autos verkauft hat und weil die Verkehrspolitik tatenlos zugeguckt hat.“

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach kritisierte die ärztlichen Grenzwert-Zweifler hart: „Wir haben keine Studien, die derzeit die Gefährdung in Frage stellen würden. Im Gegenteil – die neueren Studien zeigen, dass die Grenzwerte eher zu hoch als zu niedrig sind. Ich bitte hier gerade den Schutz von älteren Menschen und von Kindern zu beachten.“ Lauterbach hält es allerdings für ausgeschlossen, dass deutsche Lungenärzte den europäischen Grenzwert beeinflussen könnten – „insbesondere, wenn es sich um eine Position handelt, die international von Wissenschaftlern nicht geteilt wird“. Auch EU-Umweltkommissar Karmenu Vella wies die Aussagen Köhlers unter Verweis auf den Forschungsstand als sachlich falsch zurück.

DUH: „70.000 wissenschaftliche Publikationen belegen gesundheitsschädliche Wirkung von NO2-und Feinstaub“

70.000 Studien belegen laut DUH zudem die gesundheitsschädliche Wirkung von Dieselabgasen: „Seit 30 Jahren überprüft die Weltgesundheitsorganisation WHO regelmäßig die Grenzwerte und hat auch zuletzt wieder die Richtigkeit des 40 µg/m³ Grenzwertes für NO2 bestätigt“. Der seit über zehn Jahren zu beobachtende Versuch der Automobilindustrie, Feinstaub- wie NO2-Grenzwerte zu diskreditieren, werde auch 2019 keinen Erfolg haben: „Während es früher das von der Autoindustrie finanzierte Fake-Institut EuGT war, das solche Behauptungen aufstellte, ist es heute eine obskure Gruppe aus einem ehemaligen Daimler-Dieselmotorenentwickler, dem Leiter eines Verkehrsforschungsinstituts und zwei Lungenärzten, die allerdings bisher keine wissenschaftlichen Studien zu NO2 veröffentlicht haben. Die WHO sowie die europäischen wie deutschen Behörden entscheiden auf der Basis von wissenschaftlichen Studien, die aktuell eher auf eine Verschärfung der Grenzwerte hindeuten.“

Auch der Präsident der europäischen Pneumologen-Gesellschaft, der Berufsverband der Pneumologen (BdP) und die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) selbst hätten den Grenzwertzweiflern klar widersprochen. ADAC-Vizepräsident Ulrich Klaus Becker sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Wir müssen das Zahlenchaos beenden und eine fundierte Basis für umweltpolitische Entscheidungen schaffen. Die aufgeheizte Diskussion um die Grenzwerte und Gesundheitsgefahren sollten wir produktiv nutzen, um eine bessere Entscheidungsgrundlage zu schaffen.“ Zusätzliche Messpunkte seien ohne viel Aufwand möglich. „Dadurch kann dann auch sachgerecht beurteilt werden, ob es sich um punktuelle Grenzwertüberschreitungen handelt, die lokal gelöst werden können.“

In diese Kerbe schlägt die DUH: Sie ruft in einer Erklärung bundesweit dazu auf, mitzuteilen, „wo die Luft durch Dieselabgase verpestet ist“, und bietet an, gemeinsam nachzumessen. Die Umweltorganisation denkt vor allem an Orte wie Kitas, Kinderarztpraxen, Schulen, Altenheime oder Krankenhäuser, die oft direkt an großen Straßen mit hohem Verkehrsaufkommen liegen. Denn „gerade Kinder sind mit ihren Nasen noch näher an den Auspuffrohren und daher den giftigen Stickstoffdioxid-Abgasen von Dieselfahrzeugen in besonders hohem Maße ausgesetzt. Zudem konzentrieren sich die für Kleinkinder besonders giftigen Dieselabgase in Bodennähe. Durch ihre hohe Atemfrequenz atmen Kleinkinder fünfmal mehr Luft ein als Erwachsene, beim Herumtollen auf dem Spielplatz sogar bis zu zwanzigmal mehr. Sie können einen Lungenschaden für ihr ganzes Leben davontragen, wenn sie erhöhter Belastung ausgesetzt sind“, so die DUH – die bis 17.02.2019 um Rückmeldungen an duh.de/abgasalarm bittet.

Solarify fragt sich: Was bewegt die Herren um den emeritierten Professor eigentlich wirklich? Einer der Autoren des Papiers ist jedenfalls der lange als Diesel-Entwickler in der Automobilindustrie tätige Ingenieurwissenschaftler Thomas Koch – so SPIEGEL-Online

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