Flüssigmetallforschung: Neue Lösungen für die Energiewende

KIT-Technologien können wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten

Ob thermische Energiespeicher, neue Prozesswege für die emissionsfreie Produktion von Wasserstoff oder innovative Solargroßkraftwerke: Mit Flüssigmetalltechnologien aus dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) lasse sich die Dekarbonisierung des Energiesystems beschleunigen – so eine Medienmitteilung aus Karlsruhe.

Der aktuelle Sonderbericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) zum Klimawandel habe deutlicher kaum ausfallen können: Nur, wenn der Menschheit die rasche Umsetzung von beispiellosen Veränderungen in allen Bereichen der Gesellschaft gelingt, dann ließen sich nach Erkenntnissen der am IPCC-Bericht beteiligten Klimaforscherinnen und -forscher katastrophale Folgen der Erderwärmung vielleicht noch abwenden. Entscheidend für einen Erfolg dieser Bemühungen seien die nächsten Jahre. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des KIT unterstützen den notwendigen Wandel zum Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen mit praxisnahen Innovationen. Neue Ansätze und langjährige Erfahrungen verbindet dabei die Liquid Metal Competence Platform Karlsruhe (LIMCKA), in der mehrere Institute und Labore des KIT ihre Expertise bündeln. „Metallschmelzen haben ausgezeichnete thermische Eigenschaften. Sie können Wärme sehr gut aufnehmen, transportieren und speichern. Damit eignen sie sich für eine ganze Reihe neuartiger klimafreundlicher Energietechnologien“, sagt Dr. Alfons Weisenburger, der Koordinator von LIMCKA. „Bei einer entschlossenen Umsetzung könnten sie die notwendige Dekarbonisierung des Energiesystems beschleunigen.“

In den Versuchsanlagen des KArlsruhe Liquid metal LAboratory (KALLA) wird die Thermofluiddynamik von Metallschmelzen erforscht. – Foto © Karsten Litfin, KIT

Speicher für Wärme und Strom

Der IPCC-Sonderbericht nenne einen zügigen Kohleausstieg als wichtige Voraussetzung für eine Begrenzung der Folgen des Klimawandels. Allerdings tragen Kohlekraftwerke aktuell noch zur Netzstabilität bei einer zunehmend volatilen Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien bei. Die mögliche Lösung: Kohlekraftwerke ließen sich – bei Weiterverwendung der vorhandenen Turbinen, Generatoren und Netzanbindung – in thermische Energiespeicherkraftwerke umrüsten. „Das Kernelement einer solchen Anlage, der thermische Speicher, aber auch die Rückverstromung, könnten mit flüssigen Metallen besonders effizient betrieben werden“, erläutert Dr. Julio Pacio vom Karlsruher Flüssigmetalllabor KALLA des KIT.

Auch die direkte Speicherung elektrischer Energie in Flüssigmetallbatterien ist Teil der Forschung zu innovativen Energiespeichern mit großer Kapazität. Einen Schlüssel hierzu bildeten Materialinnovationen aus dem KIT. Gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) arbeite man zurzeit am Aufbau einer entsprechenden gemeinsamen Forschungsinfrastruktur, dem Nationalen Demonstrator für Isentrope Energiespeicher (NADINE).

Mit Methanspaltung zu sauberem Wasserstoff

Erdgas werde oft als eine saubere Alternative zur Kohle betrachtet. Doch auch das hauptsächlich aus Methan bestehende fossile Erdgas erzeugt bei der Verbrennung noch klimaschädliche CO2-Emissionen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des KIT sowie des Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) in Potsdam sei es aber gelungen, Erdgas klimaneutral nutzbar zu machen: „Wir nutzen die Flüssigmetalltechnologie, um das Methan in gasförmigen Wasserstoff und festen, elementaren Kohlenstoff zu trennen“, sagt Professor Thomas Wetzel vom Institut für Thermische Verfahrenstechnik des KIT.

Bei dem Pyrolyseverfahren werde das Methan von unten in eine auf bis zu 1200 Grad Celsius gehaltene Säule aus flüssigem Zinn kontinuierlich eingebracht und steige darin als Blasenschwarm auf. Dabei erreiche das Gas in den Blasen die für die Spaltung notwendige Temperatur und zerfalle. An der Oberfläche des flüssigen Zinns entweiche dann der gasförmige Wasserstoff und der pulverförmige Kohlenstoff könne entfernt werden. „Im Labormaßstab konnten wir den kontinuierlichen Betrieb bei einer Umwandlungsrate von bis zu 78 Prozent nachweisen“, so Wetzel.

Sonnenkraftwerke der nächsten Generation

Nur etwa ein Viertel des weltweit erzeugten Stroms stamme nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) bislang aus erneuerbaren Energien. Eine für den global notwendigen weiteren Ausbau geeignete Technologie ist Concentrated Solar Power (CSP). In CSP-Kraftwerken wird Sonnenlicht mit Spiegeln auf einen Absorber konzentriert, einer Vorrichtung in der sich ein Wärmeträgerfluid durch das konzentrierte Licht erhitzt. Die Wärme kann dann sofort über einen klassischen Kraftwerksprozess in Strom gewandelt oder preiswert zwischengespeichert und während sonnenarmer Tage oder in der Nacht bedarfsgerecht verstromt werden.

Mit Flüssigmetallen lasse sich die Wirtschaftlichkeit von CSP-Kraftwerken gegenüber der aktuellen, auf Salzschmelzen beruhenden Technologie steigern. „Mit den höheren möglichen Fluidtemperaturen können wir einen höheren Umwandlungswirkungsgrad im  Kraftwerksprozess erreichen und durch die hervorragenden Wärmetransporteigenschaften können die Absorber bei gleicher Leistung in ihrer Größe halbiert werden“, sagt Professor Robert Stieglitz vom Institut für Angewandte Thermofluidik des KIT, „entsprechend groß ist das Interesse aus der Industrie.“ Zudem entwickelten die Forscher in LIMCKA innovative Direktwandler auf Natrium-Basis, sogenannte Alkali-Metal-Thermal-Electric-Converter-Zellen (AMTEC-Zellen), mit denen Wärme in Sonnenkraftwerken zukünftig auf elektrochemischem Weg direkt in Elektrizität gewandelt werden könne. „Wir haben einen entsprechenden Prototyp bereits erfolgreich im Labormaßstab realisiert und betrieben“, berichtet Dr. Wolfgang Hering vom Institut für Neutronenphysik und Reaktortechnik des KIT, das ebenfalls Teil von LIMCKA ist.

-> Quelle: kit.edu/fluessigmetallforschung-neue-loesungen-fuer-die-energiewende