DLR: Windgeneratoren als Insektizide

(Theoretischer) Wind auf die falschen Mühlen

Eine umfassende Literaturrecherche unter dem Titel „Modellanalyse liefert Hinweise auf Verluste von Fluginsekten in Windparks“ von DLR und Leibniz-Institut für Biodiversität der Tiere (ZFMK) zeigt einen potenziellen Konflikt zwischen Windgeneratoren und Fluginsekten auf: Diese nutzen zur Migration nämlich starken Wind in bis zu 2.000 m Höhe. Eine Analyse der Windenergie seit 1990 und der daraus ableitbaren Volumen- und Massenströme zeige – so die Einleitung der Untersuchung – „trotz bestehender Unsicherheiten eine besorgniserregende Entwicklung“, diese steigt zum Ende des Textes, da heißt es gar „sehr besorgniserregende Entwicklung“. Windkraftgegner werden sich freuen.

Ameisen, auch fliegende – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

„Die aktuelle Diskussion über einen Rückgang der Fluginsekten sowie Berichte über Effizienzverluste von Windkraftanlagen aufgrund von Verschmutzungen der Rotorblatter mit Überresten von Fluginsekten legen eine Überprüfung beider Phänomene bezüglich eines möglichen Zusammenhangs nahe“, begründen Franz Trieb, Thomas Gerz (beide DLR) und Matthias Geiger (ZFMK) ihre Motivation. Sie stellten fest, „dass ausgewachsene, flugfähige Insekten kurz vor der Eiablage in großen Schwärmen hohe, schnelle Luftströmungen aufsuchen, um sich vom Wind zu entfernten Brutplätzen tragen zu lassen“. Doch die „Jahrmillionen alten Pfade, die sie dabei nutzen“, würden zunehmend von großen Windgeneratoren besetzt, deren Rotorblätter durchschnitten mit Blattspitzengeschwindigkeiten von mehreren hundert Stundenkilometern die Luft. Eine Modellanalyse beziffere die heute in Deutschland potenziell gefährdeten Insektenmengen mit etwa 24.000 t pro Jahr, und die beim Durchqueren der Rotoren entstehenden Verluste mit mindestens 1.200 t pro Jahr bzw. etwa fünf bis sechs Milliarden Insekten pro Tag während der warmen Saison.

Naturschützer bezweifeln zwar nicht die Zahlen der Studie, wohl aber deren Aussagekraft: „Es wäre völlig an den Haaren herbeigezogen, eine nennenswerte Gefährdung von Insektenpopulationen durch Windräder abzuleiten“, dimmt beispielsweise Lars Lachmann vom Nabu laut greenpeace-magazin die Panik herunter – denn allein in deutschen Wäldern würden jährlich 400.000 Tonnen Insekten von Vögeln gefressen. Also Entwarnung: Eine Gefährdung der Insektenpopulation besteht durch die Windkraftanlagen aber offenbar nicht.

Ob nun aber in großer Höhe und mit hoher Geschwindigkeit migrierende Fruchtfliegen, Blattläuse, Ameisen und Wespen bis hin zu Heuschrecken, Zikaden, Schmetterlinge und Käfer wirklich von Rotorblättern in ihrer Existenz gefährdet werden, können auch die Studienautoren nicht sagen. Auch seien keine Vergleiche zu anderen Ursachen für einen Rückgang der Insektendichte, beispielsweise durch den Einsatz von Pestiziden, die Ausbreitung der Städte, oder den Klimawandel gezogen worden. Am Schluss formulieren sie denn auch vorsichtig: „Abschließend muss gesagt werden, dass die theoretisch berechneten Verluste dringend empirisch verifiziert und umfassende Maßnahmen zum Monitoring und zur Vermeidung von Insektenschlag an Windkraftanlagen getroffen werden müssen“.

Folgt: BWE: Methodische Schwächen