CO2-Steuer: Beispiele Schweiz, Frankreich und Großbritannien

Wie es geht – Modelle zur Bepreisung von CO2

Die CO2-Steuer könnte die deutsche Klimabilanz verbessern – doch eine Mehrheit lehnt sie ab, so ein Ergebnis des ARD-DeutschlandTrends, Der Vorschlag, für ausgestoßenes Kohlendioxid einen Preis zu verlangen, kommt derweil zwar bei vielen Politikern nicht nur in der großen Koalition gut an. Doch immer, wenn es konkret werden soll, hört man aus den Parteien ziemlich unterschiedliche Modelle.

Ottmar Edenhofer, Chef des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, sagt, durch die Abgabe würden Treibhausgase eingespart, ohne dass der Staat haarklein vorgeben müsse, wo und wie genau das passiere. Ein CO2-Preis setze dort Anreize, wo es am billigsten sei. Edenhofer will im Gegenzug Steuern senken und hat das vor kurzem exakt vorgerechnet:

Wirtschaftswoche: Eine Steuer kann so gestaltet werden, dass Mittelschichtsfamilien in der Stadt und Geringverdiener finanziell keinen Nachteil hätten. Das haben die Ökonomen Ottmar Edenhofer und Matthias Kalkuhl vom Mercator-Forschungsinstitut MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change) im Auftrag der WirtschaftsWoche berechnet. Die Ökonomen kalkulierten erstmals für Deutschland, wie sich ein Preis von 20, 40 oder 60 Euro je ausgestoßener Tonne CO2 auswirkt. Privatleute würden durch höhere Spritpreise, Wohnnebenkosten und zum Teil durch eine höhere Stromrechnung belastet. Pro Kopf der Bevölkerung kommt eine jährliche Ausschüttung von 77 Euro (bei 40 Euro je Tonne CO2) oder 162 Euro (bei 60 Euro je Tonne CO2) zusammen. Bei einem relativ niedrigen CO2-Preis von 20 Euro je Tonne gäbe es noch keine Rückerstattung, weil das Geld zum Ausgleich anderer Steuersenkungen beim Staat bliebe. Edenhofer erklärt: „Das ist der Vorteil des Modells: Politiker können sagen, wir senken so endlich die Emissionen in Deutschland in größerem Stil und wir federn die sozialen Härten ab, weil wir besonders Betroffene auch entschädigen.“ Reaktionen wie die der Gelbwesten in Frankreich könnten vermieden werden.

Umweltministerin Svenja Schulze ist – wie viele – aus dem französischen Gelbwesten-Beisipiel klug geworden, sie will die CO2-Einnahmen auf jeden Fall den Bürgern zurückgeben: „Es muss möglich sein, dass eine Krankenschwester mit ihrem nicht so neuen Auto weiterhin in die Stadt fahren kann.“ Denn sie werde sich so schnell kein neues Auto leisten und sich auch keine Wohnung in der Stadt nehmen können. Sie konnte im Parlament nachfragen (lassen): Dem Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestags zufolge spricht die OECD von drei möglichen Instrumenten zur Bepreisung von CO2, den direkten CO2-Abgaben, Emissionshandelssystemen und anderen spezifischen Steuern auf den Energieverbrauch – jede der drei Abgaben erhöhe den relativen Preis der CO2-Emissionen.

Schweiz seit 2008 mit „Lenkungsabgabe“

Die Schweiz erhebt seit 2008 eine nationale CO2-Abgabe (auch „Lenkungsabgabe“), auf fossile Brennstoffe wie Heizöl, Erdgas und Kohle – auf Holz und Biomasse nicht. Der Abgabesatz beträgt aktuell 96 Franken (€ 85) pro Tonne CO2, Benzin und Diesel und mit ihnen alle treibhausgas-intensive Unternehmen bleiben außen vor. Etwa ein Drittel der Einnahmen, maximal 450 Millionen Franken, gehen in ein Gebäudeprogramm zur Förderung CO2-wirksamer Maßnahmen wie energetische Sanierung, so der Bericht des Wissenschaftlichen Dienstes. Weitere 25 Millionen Franken kommen jährlich als Einlage einem Technologiefonds zugute. Zwei Drittel wiederum werden an die Bevölkerung und die Wirtschaft zurückverteilt. Der Betrag wird aus verwaltungstechnischen Gründen mit den Krankenkassenprämien der Bürger verrechnet. 2018 bekam jeder Schweizer umgerechnet knapp 78 Euro. Verfehlt die Schweiz ihre Einsparziele trotzdem, erhöht sich die Steuer automatisch. Zumindest bis zum gesetzlich festgelegten Höchstsatz von gut 105 €/t.

14-EU-Länder

Einige andere Teilnehmerländer am Europäischen Emissionshandelssystem (EU-ETS) haben neben
dem Emissionshandel das Instrument einer nationalen CO2-Abgabe/Steuer in unterschiedlichen Varianten zusätzlich eingeführt. Die EU-Energiesteuerrichtlinie vom 27.10.2003 dient dabei als rechtliche Grundlage der Rahmensetzung für die Umsetzung einzelner nationaler CO2-Steuermodelle. In insgesamt 14 (inklusive der Schweiz 15) Teilnehmerländern des EU-ETS sind bereits Varianten einer CO2-Abgabe eingeführt wurden. Zu den EU-ETS-Ländern mit CO2-Abgabe gehören:

  • Finnland (eingeführt 1990), aktuelle Höhe (jeweils Stand August 2017): 73 US$/tCO2
  • Polen (1990): unter 1 US$
  • Schweden (1991): 140 US$
  • Norwegen (1991): 56 US$ bzw. 4 US$
  • Dänemark (1992) 27 US$
  • Lettland (1995): 5 US$
  • Slovenien (1996): 20 US$
  • Estland (2000): 3 US$
  • Irland (2010): 24 US$
  • Island (2010): 12 US$ (Verdopplung für 2018 geplant)
  • Frankreich (2014): 36 US$
  • Portugal (2015): 8 US$
  • Liechtenstein (2008): 87 US$
  • Großbritannien (2013): 24 US$

Frankreich: „Beitrag für Klima und Energie“ als CO2-Steuer auf fossile Energieträger außerhalb des EU-ETS23 Ausgestaltung des Klimabeitrages Frankreich hat 2014 den internen Energieverbrauchssteuern eine CO2-Komponente hinzugefügt, den so genannten „Beitrag für Klima und Energie“ (contribution climat énergie, CCE). Dieser ist seither als Komponente in folgenden Steuern enthalten:

  • der internen Erdgasverbrauchssteuer (taxe intérieure de consommation sur le gaz naturel, TICGN)
  • der internen Kohleverbrauchssteuer (taxe intérieure de consommation sur le charbon, TICC)
  • der internen Energieverbrauchssteuer (taxe intérieure de consommation sur les produits énergétiques, TICPE), die auf als Kraft- oder Brennstoffe verwendete Mineralölerzeugnisse und Kohlenwasserstoffe erhoben wird.

Der gewerbliche Luftverkehr ist vollständig von der TICPE befreit. Baumaschinen und landwirtschaftlich genutzte Maschinen profitier(t)en von einer niedrigeren Dieselsteuer und der Güterverkehr und Taxis von einer TICPE-Erstattung.

Die dem EU-ETS unterworfenen Industrieanlagen fallen nicht unter die Regelung des Klimabeitrages, um eine Doppelbesteuerung zu verhindern. Der französische Agrarsektor sowie die Abfallwirtschaft sind größtenteils nicht über eine direkte Bepreisung von Emissionen abgedeckt. Aktuell liegt der Klimabeitrag bei 44,60 Euro/tCO2.Er fällt für die Energieträger proportional anhand ihrer anfallenden CO2-Emissionen an. Die Energieverbrauchssteuer und ihr Beitrag für Klima und Energie werden von dem französischen Zollamt erhoben.

Die Einnahmen aus dem französischen Beitragwerden auf 2,3 Milliarden Euro im Jahr 2015 und 3,8 Milliarden Euro im Jahr 2016 geschätzt. Mit den Einnahmen wird seit 2017 der Ausbau der erneuerbaren Energien vorangetrieben. Die Erhöhung wird ab 2018 von sozial-energiepolitischen Maßnahmen flankiert:

  • Flächendeckende Einführung eines jährlichen Energieschecks für Haushalte mit geringen Einkommen: Rund 4 Millionen Haushalte sollten durchschnittlich 150 € für das Jahr 2018 sowie weitere 200 € für das Jahr 2019 erhalten. Diese Schecks können sowohl zur Begleichung der privaten Energiekosten als auch für energetische Sanierungsmaßnahmen genutzt werden und ersetzen die bisher bestehenden sozialen Energietarife.-
  • Erhöhung der Umtauschprämie für alte Benzin- oder Dieselfahrzeuge gegen CO2-sparsame Modelle, die weniger als 130 gCO2/km ausstoßen: Für von der Einkommenssteuer befreite Haushalte wird diese Prämie zudem zusätzlich auf 2.000 € statt 1.000 € verdoppelt.

Großbritannien hat 2013 einen „Carbon Price Floor“ (CPF), eingeführt. Dieser ergänzt die Energiesteuer „Climate Change Levy“ (CCL), die Klimawandelabgabe, und gibt CO2-Zertifikaten aus dem EU-ETS im Bereich der Stromerzeugung national einen Mindestpreis, der bisher immer deutlichst über dem CO2-Zertifikatepreis des EU-ETS lag. Die CCL wird seit 2001 auf Primärenergieträger und Strom erhoben. Besteuert wird durch diese der Verbrauch von Erdgas, Stein- und Braunkohle, Flüssiggas sowie Elektrizität. Die Steuer orientiert sich ausschließlich am Energiegehalt der Energieträger. Private Haushalte sind von dieser Abgabe befreit. Durch Ausnahmetatbestände waren von der Besteuerung bis 2013 die Stromerzeugung aus Kohle, Erd- und Flüssiggas befreit.

Mit dem Carbon Price Floor wurde für Stromerzeuger die „Carbon Price Support Rate“ (CPSR), eine CO2-Preisstützungsrate, eingeführt. Sie berechnet sich aus „(target carbon price – market carbon price) x (emission factor of the fuel)“. Diese CPSR wird zusätzlich („top on“) zur Teilnahme am EU-ETS fällig (s. zur Illustrierung die Abbildung; es handelte sich dabei um Schätzwerte aus dem Jahr 2011). Sie gilt nur für den Einsatz von fossilen Energieträgern für die Stromerzeugung (im Verkehr eingesetzte Energieträger werden nicht erfasst) und wird zum Zeitpunkt des Verkaufs von Kohle, Öl, Erdgas und Flüssiggas mit dem Einsatzzweck Stromerzeugung erhoben. Dabei zahlen die Unternehmen/Stromproduzenten den Differenzbetrag zwischen dem Zielpreis des Carbon Price Floors und dem EU-ETS-Zertifikatspreis (= Carbon Price Support Rate) an das britische Finanz- und Wirtschaftsministerium.

->Quellen: