Grüne: ITER keine Klimaschutz-Maßnahme

„2050 viel zu spät“

Das Budget für den Fusionsreaktor ITER soll nach Willen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nicht als Klimaschutzmaßnahme angerechnet werden. In einem Antrag (19/10221) kritisieren die Grünen, dass die EU-Kommission plane, das Budget für das Projekt „zu 100 Prozent den Klimaschutzmaßnahmen der Europäischen Union zuzurechnen“. Das sei als Antwort auf die Klimakrise völlig verfehlt, denn das Projekt habe sich immer weiter verzögert und Prognosen von einer Stromerzeugung ab 2050 ausgehen.

„Sollte durch ITER jemals Strom erzeugt werden, käme das für den Klimaschutz viel zu spät.“ Bis dahin sei die Energieerzeugung längst vollständig auf Erneuerbare Energien umzustellen. Wind- und Sonnenenergie würden dann „unschlagbar günstig“. Von der Bundesregierung fordern die Grünen daher, die „Energieforschung auf das Erreichen der Energiewende auf Basis Erneuerbarer Energien, Energieeinsparung, Energieeffizienz und Energiespeicherung und die Bewältigung des Atomzeitalters zu konzentrieren“. (hib/SCR)

Im Wortlaut: Antrag der Fraktion Bündnis90/Die Grünen: „Fusionsreaktor ITER nicht als Klimaschutzmaßnahme ausweisen“

„Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Klimakrise ist die größte Herausforderung, der sich die Menschheit derzeit stellen muss. Wir stehen vor irreversiblen Kipppunkten, wie dem Abschmelzen des grönländischen Eisschildes, dem Auftauen der Permafrostböden und dem Verlust der CO2-Senke Amazonas. Mit dem Pariser Klimaschutzabkommen hat sich die Weltgemeinschaft das globale Ziel gesetzt, die Erhitzung unseres Planeten im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf ‚deutlich unter‘ zwei Grad Celsius zu begrenzen mit Anstrengungen für eine Beschränkung auf 1,5 Grad. Der Weltklimarat IPCC hatte in einem Sonderbericht zum 1,5-Grad-Ziel Anfang Oktober 2018 dargelegt, dass ’schnelle, weitreichende und beispiellose Änderungen in allen gesellschaftlichen Bereichen‘ nötig seien, um das angestrebte Ziel noch zu erreichen. Laut Emissions Gap Report des UN-Umweltprogramms (UNEP) von November 2018 müssten die Länder ihre Klimaschutzziele verdreifachen, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen und für das 1,5-Grad-Ziel sogar verfünffachen.

Die EU-Kommission plant nun, das Budget für den Fusionsreaktors ITER (International Thermonuclear Experimental Reactor) zu 100 Prozent den Klimaschutzmaßnahmen der Europäischen Union zuzurechnen. Das ist als Antwort auf die Klimakrise völlig verfehlt. Weder kann es heute im Kampf für die Rettung des Klimas um die Entwicklung von Energiequellen gehen, die ‚Teil einer dekarbonisierten Energielandschaft jenseits des Jahres 2050‘ (Begründung der Kommission) sein könnten. Noch werden die Bemühungen der EU um Klimaschutz engagierter, wenn diese durch Einbeziehung nicht klimaschutzrelevanter Maßnahmen schöngerechnet werden. Die Kommission gesteht in ihrem Vorschlag für einen ‚Beschluss des Rates zur Änderung der Entscheidung 2007/198/Euratom über die Errichtung des europäischen gemeinsamen Unternehmens für den ITER und die Entwicklung der Fusionsenergie sowie die Gewährung von Vergünstigungen dafür’“ (Drs.-Nr. KOM(2018)445 endg.) ein, dass die Anrechnung der Ausgaben für ITER zu Klimaschutz-Maßnahmen zur Erreichung des Ziels beitragen soll, 25 Prozent des EU-Budgets für den Klimaschutz auszugeben.

Der ITER sollte ursprünglich 2016 in Betrieb gehen, derzeit wird als frühester Termin für das erste technisch machbare Plasma Dezember 2025 angesetzt, eine Plasma-Reaktion aus Deuterium und Tritium wird nicht vor 2035 erfolgen, weitere Verzögerungen sind nicht ausgeschlossen. Die Kosten sind von ursprünglich 5 Milliarden auf derzeit über 20 Milliarden Euro angestiegen. Waren im EU-Haushalt von 2014 bis 2020 knapp drei Milliarden Euro für das ITER-Projekt veranschlagt, soll der Betrag im kommenden Budget mit 6,07 Milliarden mehr als doppelt so groß sein.

Sollte durch ITER jemals Strom erzeugt werden können, käme das für den Klimaschutz zu spät. Gemäß der sogenannten „Fusionskonstante“ verschiebt sich konstant die Prognose, dass in jeweils ca. 30 bis 35 Jahren mittels kontrollierter Verschmelzung der Wasserstoffisotope Deuterium und Tritium Energie produziert werden könne. Entsprechend nennt die Prognose, wann diese Technologie einsatzbereit sein werde, jetzt das Jahr 2050. Bis dahin werden wir allerdings unsere Energieerzeugung längst vollständig auf Erneuerbare Energien umgestellt haben müssen und Wind- und Sonnenstrom werden unschlagbar günstig sein.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

  • sich innerhalb der Europäischen Union dafür einzusetzen, das ITER-Budget nicht als Kli-maschutzmaßnahme anrechnen zu lassen;
  • die Energieforschung auf das Erreichen der Energiewende auf Basis Erneuerbarer Energien, Energieeinsparung, Energieeffizienz und Energiespeicherung und die Bewältigung des Atomzeitalters zu konzentrieren.

->Quellen: