Klimaklage gegen EU vorerst gescheitert

47 Ein solches Argument kann nicht gelingen.

48 Aus der Rechtsprechung geht hervor, dass es zwar richtig ist, dass die Organe der Union bei der Annahme eines Rechtsakts von allgemeiner Geltung die übergeordneten Rechtsnormen, einschließlich der Grundrechte, zu beachten haben, die Behauptung, dass ein solcher Akt gegen diese Regeln oder Rechte verstößt, allein jedoch nicht ausreicht, um festzustellen, dass die von einer Person erhobene Klage zulässig ist, ohne das Risiko einzugehen, die Anforderungen des Artikels 263 Absatz 4 AEUV bedeutungslos zu machen, solange diese behauptete Verletzung den Antragsteller nicht einzeln unterscheidet, wie im Falle des Empfängers (siehe Urteil vom 2. März 2010, Arcelor / Parlament und Rat, T-16/04, EU:T:2010:54, Ziffer 103 und die zitierte Rechtsprechung).

49 Die Antragsteller haben nicht nachgewiesen, dass die angefochtenen Bestimmungen des Gesetzespakets ihre Grundrechte verletzt haben und sie individuell von allen anderen von diesen Bestimmungen betroffenen natürlichen oder juristischen Personen unterscheiden, wie im Falle des Empfängers.

Es ist wahr, dass jeder Einzelne auf die eine oder andere Weise vom Klimawandel betroffen sein könnte, wobei diese Problematik von der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten anerkannt wird, die sich daher zur Verringerung der Emissionen verpflichtet haben. Die Tatsache, dass die Auswirkungen des Klimawandels für eine Person unterschiedlich sein können als für eine andere, bedeutet jedoch nicht, dass aus diesem Grund die Möglichkeit besteht, gegen eine allgemein anwendbare Maßnahme vorzugehen. Wie aus der in Randnummer 48 zitierten Rechtsprechung hervorgeht, hätte ein anderer Ansatz zur Folge, die Anforderungen des Artikels 263 AEUV Absatz 4 bedeutungslos zu machen und einen Locus standi für alle zu schaffen, ohne dass das Kriterium der individuellen Betroffenheit im Sinne der Rechtsprechung aus dem Urteil vom 15. Juli 1963, Plaumann gegen Kommission (25/62, EU:C:1963:17), erfüllt wird.

Was den Verein Sáminuorra betrifft, so ist zunächst darauf hinzuweisen, dass dieser wie die anderen Antragsteller aus dem gleichen Grund nicht nachgewiesen hat, dass er persönlich betroffen war. Zweitens ist es eine ständige Rechtsprechung, dass Nichtigkeitsklagen von Verbänden in drei Arten von Situationen für zulässig gehalten wurden: erstens, wenn eine Rechtsvorschrift den Wirtschaftsverbänden ausdrücklich eine Reihe von Verfahrensbefugnissen einräumt; zweitens, wenn der Verband die Interessen seiner Mitglieder vertritt, die selbst klagen können; und drittens, wenn der Verband individuell unterschieden wird, weil seine eigenen Interessen als Verband betroffen sind, insbesondere weil seine Verhandlungsposition durch den Rechtsakt, für den die Aufhebung beantragt wird, beeinträchtigt wurde (siehe Beschluss vom 23. November 1999, Unión de Pequeños Agricultores gegen Rat, T-173/98, EU:T:1999:296, Randnr. 47 und die genannte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall hat der Verband Sáminuorra nicht nachgewiesen, dass er eine dieser Bedingungen erfüllt.

52 Was nun das Argument der Klägerin betrifft, dass die Auslegung des in Artikel 263 AEUV Absatz 4 genannten Begriffs der „individuellen Besorgnis“ mit dem Grundrecht auf einen wirksamen Rechtsschutz unvereinbar ist, da sie dazu führt, dass eine unmittelbar anwendbare Verordnung praktisch immun gegen die gerichtliche Überprüfung ist, Es sei darauf hingewiesen, dass der in Artikel 47 der Charta der Grundrechte gewährte Schutz nicht voraussetzt, dass eine Person unbedingt berechtigt sein sollte, direkt vor den Gerichten der Europäischen Union Klage auf Nichtigerklärung eines solchen Gesetzgebungsaktes der Union zu erheben ….

53 Schließlich setzt die Umsetzung des Legislativpakets, wie vom Parlament und vom Rat hervorgehoben, voraus, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten diese Umsetzung durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, wie die Zuteilung von Zertifikaten und die Einführung von Maßnahmen zur Vermeidung einer Überschreitung der von jedem Mitgliedstaat festgelegten Grenzwerte für Emissionen, vornehmen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Artikel 263 und 277 AEUV einerseits und Artikel 267 AEUV andererseits ein vollständiges System von Rechtsbehelfen und Verfahren geschaffen haben, um die gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Organe zu gewährleisten, indem sie diese Überprüfung den Gerichten der Europäischen Union übertragen haben. Wenn natürliche oder juristische Personen aufgrund der Zulässigkeitsvoraussetzungen nach Artikel 263 AEUV Handlungen der Union, wie sie im vorliegenden Fall in Frage kommen, nicht unmittelbar anfechten können, können sie je nach Fall die Nichtigkeit solcher Handlungen entweder indirekt nach Artikel 277 AEUV geltend machen, vor den Gerichten der Europäischen Union oder vor den nationalen Gerichten und sie zu befragen, da sie selbst nicht befugt sind, diese Handlungen für ungültig zu erklären, den Gerichtshof diesbezüglich durch Vorabentscheidungsfragen zu befragen…

54 Daher ist festzustellen, dass die Klägerinnen von den angefochtenen Rechtsakten für die Zwecke der in Randnummer 45 genannten Rechtsprechung nicht persönlich betroffen sind.

55 Darüber hinaus kann diese Feststellung durch die von den Klägern erwähnte Rechtsprechung, nämlich das Urteil vom 18. Mai 1994, Codorniu/Rat (C-309/89, EU:C:1994:197), nicht in Frage gestellt werden. Die Rechtssache, die zu diesem Urteil führte, betraf nämlich den Verlust eines bestimmten erworbenen Rechts, nämlich des Rechts, das Wort „crémant“ in einer eingetragenen Bildmarke zu verwenden. Im vorliegenden Fall haben die Kläger den Verlust eines bestimmten erworbenen Rechts nicht geltend gemacht.

Folgt: Zulässigkeit des Schadenersatzanspruchs