Ernst Ulrich von Weizsäcker 80:
„Wir sind dran: Inspirieren – Reflektieren – Handeln“

Vorträge, Workshops, Diskussionsrunden

In Vorträgen, zahlreichen interaktiven Workshops und Diskussionsrunden mit international renommierten Wissenschaftlern und Experten wurden unterschiedliche Themen und Lösungsszenarien diskutiert. Wie kann ein Wandel erfolgreich stattfinden? Welche Wege sollten wir gehen? Das Symposium wollte die vielschichtigen nachhaltigen Entwicklungsansätze verzahnen und neue Narrative, Lösungen und Handlungsoptionen schaffen. Im Zentrum standen die Themenfelder Bildung, Klimawandel und Ressourcenhunger, Balance zwischen Ökonomie und Ökologie, Spielregeln für die Globalisierung, Frieden und Sicherheit im globalen Kontext sowie Werte und Verantwortung für ein digitales Zeitalter. Die Unterveranstaltungen ergaben zahlreiche konkrete Anstöße für eine nachhaltige Transformation auf regionaler und globaler Ebene.

„Wir brauchen weniger Untergangs- sondern Übergangsszenarien. Übergänge in eine Welt, die mehr Freude macht als die jetzige. Wir brauchen eine ansteckende positive Vision von einer Welt, für die wir nicht verzichten ‚müssen‘, sondern gerne loslassen von dem, was uns eh nicht glücklich macht. Und genau dafür steht Ernst Ulrich von Weizsäcker“, sagte der Kabarettist und Moderator Eckart von Hirschhausen. „Die Preise müssen die ökologische Wahrheit sagen“, ist eine der Forderungen, von denen Ottmar Edenhofer, Direktor am Potsdam-Institut für Klimaforschung (PIK) inspiriert wurde. „Auch wenn wir noch weit entfernt davon sind, muss es uns gelingen das umzusetzen, um eine sozial verträgliche und ökologische Marktwirtschaft aufbauen zu können, sagte er und dankt Ernst Ulrich von Weizsäcker für seine Erdpolitik, die dringender ist denn je.

Maja Göpel (WBGU) und Uwe Schneidewind (Wuppertal-Institut, das Weizsäcker 1990 gegründet hatte) schlugen die „erste genossenschaftliche Universität für Wirtschaftswissenschaften“ vor. Dazu müsse man die Genossenschaftsidee gemeinsam mit Scientists-for-Future weiter entwickeln; eben jetzt – während im Klimakabinett der Klimaschutzplan entstehe – gebe es ein „Window of Opportunity“, soziale und ökologische Verträglichkeit voranzubringen.

Mojib Latif (Geomar) und Peter Hennicke (Ex-Wuppertal) beklagten, dass wir alles wüssten, es aber nicht schafften, etwas zu ändern. Dezentralisierung sei dringend erforderlich, allerdings sei der sekuläre Trend dazu nicht mehr aufzuhalten. Die Politik sei zu fragen, warum nichts geschehe. Man müsse bereits in 10 Jahren aus der Kohle aussteigen. In Schleswig-Holstein entstehe eben eine von atmosfair unterstützte Produktionsstätte für synthetischen Kerosin.

Umweltministerin Svenja Schulze Weizsäcker in „fünf Faktoren“. Faktor eins: Visionär und Vordenker

Thesen zu ihrer aktuellen Politik habe Weizsäcker schon in den 70er, 80er Jahren entwickelt. Und das Erstaunliche daran: Sie seien immer noch hochaktuell. Faktor zwei: Weizsäcker sei radikal und Realist – als Pionier und Vordenker werde er heute bewundert. Das sei nicht immer so gewesen. Denn er sei mit seinen Ideen stets seiner Zeit voraus gewesen: Er habe der Globalisierung Grenzen zu setzen, die Bändigung des Finanzmarktkapitalismus und die Effizienzrevolution gefordert. Mit allem habe er Recht behalten: „Was damals als radikal galt, gilt heute als notwendig.“

Wenn die Bundesregierung heute daran arbeite, bis 2050 in einem klimaneutralen Land zu leben, brauche man dafür „eine grundlegende Transformation, radikale Veränderungen, revolutionäre Technologien. Dein Beispiel zeigt, dass radikal und utopisch erscheinende Forderungen manchmal die realistischsten und vernünftigsten sind.“

Faktor drei: Der Problem-Löser – Probleme seien Ausgangspunkt seiner Überlegungen, nicht ihr Endpunkt. Er benenne konkrete Lösungen, zeige Auswege aus den Krisen der heutigen Zeit. Schulze. „Meine Arbeit als Umweltministerin wäre schwieriger ohne Deine Pionierarbeit.“ Als vierten Faktor nannte Ministerin, Weizsäcker sei „Wissenschaftler und Politiker von ganzem Herzen“. Der Wissenschaftler im Elfenbeinturm sei so ziemlich das Gegenteil von dem, was er verkörpere. DennErneuerbare Energien stehe für interdisziplinäre und politiknahe Forschung. Schulze: „Zunehmend erkennen wir, dass die Umweltkrise DAS Zukunftsthema ist, das sozialdemokratischer Antworten bedarf. Und ich will an dieser Stelle ergänzen: Deine Thesen hätten schon früher das politische Profil unserer Partei prägen sollen. Dann stünden wir heute ein ganzes Stück besser da.“

– Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Faktor Nummer fünf sei, dass Weizsäcker zwar stets seiner Zeit voraus gewesen sei, habe aber gleichzeitig darauf geachtet, die Menschen mitzunehmen. Seine Idee der “Neuen Aufklärung im Zeitalter des Anthropozän” nehme als Ausgangspunkt die Überlastung der Umwelt, der Ressourcen. „Aber sie stellt den Menschen in den Mittelpunkt. Das ist der Kern sozialdemokratischer Umweltpolitik. Wie Du es formulierst: Wir müssen die Kilowattstunden arbeitslos machen – nicht die Menschen.Schließlich kam sie auf Weizsäckers „breites Engagement für eine friedlichere, tolerantere und menschlichere Welt“: Er stehe „für eine Welt mit weniger Rüstung und militärischen Bedrohungen. Eine Welt, in der der Kapitalismus gezähmt wird und in der das Individuum mit seiner unveräußerlichen Würde Mittelpunkt allen Handelns ist. Eine Welt, in der es sich zu leben lohnt und für die es sich zu kämpfen lohnt.“ Am Schluss ihrer Rede sagte Schulze: „Du gehörst einer Generation an, in der ein altväterliches ‚Deine Eltern können stolz auf dich sein‘ als ultimatives Lob gilt. Das trifft sicher zu. Aber für Dich gilt auch: ‚Deine Kinder, Deine Enkel und Urenkel können stolz auf dich sein.‘ Du hast Dein Leben lang an einer besseren Welt für sie gearbeitet. Mit Erfolg.“

Alt-Bundespräsident Horst Köhler nannte in seiner Festrede Weizsäcker einen „Universalgelehrten“, er sei nicht selten ein „Übersetzer zwischen den verschiedenen Welten“. Köhler hob hervor, dass Weizsäcker die Zukunft der Demokratie und der Ökologie in Zusammenhang sehe. Und: Er fürchte sich nicht, seine Erkenntnisse weiterzugeben; er sei „gleichzeitig Mahner und Sucher“. Er kämpfe gegen die Paradigmen des Kointrollverlustes und sage: „Wir können handeln“. Und dazu ermutige Weizsäcker uns alle.

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