Tonnenweise chinesische Plastikflaschen im Südatlantik

Forscher vermuten illegale Entsorgung durch Schiffe

Auf der entlegenen Insel „Inaccessible“ bei Tristan de Cunha im Südatlantik hat der südafrikanische Vogelkundler Peter Ryan mit seinen Kollegen während einer zweimonatigen Expedition entlang eines etwa einen Kilometer langen Küstenstreifens 2018 fünf Tonnen Plastikmüll gesammelt – darunter Tausende PET-Flaschen aus chinesischer Produktion. Nach ihren Berechnungen wurden diese wahrscheinlich von Schiffen über Bord geworfen – ein klarer Verstoß gegen internationale Abkommen. Die Wissenschaftler haben ihre Erkenntnisse und Vermutungen in den Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS) veröffentlicht, schrieb am 30.09.2019 in der Süddeutschen Zeitung.

Plastikmüll treibt auf den Weltmeeren und wird an fernen Ufern angespült – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Viele ozeanische Inseln leiden unter Unmengen an gestrandeten Trümmern, so sammelt sich vor allem in der Nähe des subtropischen Felsbrockens schwimmender Abfall an. In den vergangenen drei Jahrzehnten haben Kunststoff-Getränkeflaschen die schnellste Wachstumsrate aller Ablagerungen auf der abgelegenen Insel Inaccessible gezeigt. In den 80er Jahren trieben die meisten Flaschen von Südamerika aus auf die Insel, die von der Westwindströmung 3.000 km mitgenommen wurden. Derzeit kommen 75% der Flaschen aus Asien, die meisten aus China. In der kurzen Zeitspanne könnten die Flaschen nicht von China in den Südatlantik getrieben sein, argumentieren Ryan und sein Team. Die jüngsten Produktionsdaten deuten demnach darauf hin, dass nur wenige Flaschen  von Asien aus dorthin treiben, sondern vermutlich von Schiffen entsorgt werden, was gegen die Vorschriften des Internationalen Übereinkommens zur Verhütung der Umweltverschmutzung durch Schiffe verstößt. Die Ergebnisse von Ryan et al. stellen die weit verbreitete Annahme in Frage, dass der größte Teil des Plastikmülls auf See aus landgestützten Quellen stammt.

Es gibt nämlich kaum schlüssige Beweise für diese Annahme. Seit 1984 werden an der Westküste von Inaccessible, einer unbewohnten Insel im zentralen Südatlantik mit sehr hoher Makro-Müllbelastung, gestrandete Trümmer aufgezeichnet. Die Anzahl der Kunststoff-Getränkeflaschen wächst dabei am schnellsten – sie stiegt mit 15% pro Jahr im Vergleich zu 7% jährlich bei anderen Ablagerungen. 2018 untersuchten Ryan et al. 2.580 Kunststoffflaschen und andere Behälter (ein Drittel aller Ablagerungen), die sich an der Küste angesammelt hatten, und weitere 174 Flaschen, die bei der regelmäßigen Überwachung im Laufe von 72 Tagen (entspricht 800 Flaschen pro km und Jahr) an Land gewaschen wurden. Der älteste Behälter war ein hochdichter Polyethylenbehälter aus dem Jahr 1971, aber die meisten waren Getränkeflaschen aus Polyethylenterephthalat aus jüngster Zeit.

„Von den Flaschen, die während unserer Untersuchung angespült wurden, waren 90% innerhalb von zwei Jahren vor der A nlandung mit einem Datumsstempel versehen worden. In den 80er Jahren trieben zwei Drittel der aus Südamerika stammenden Flaschen 3.000 km durch die Westwindströmung. Bis 2009 hatte Asien Südamerika als Hauptquelle übertroffen, und bis 2018 machten asiatische Flaschen 73% der angesammelten und 83% der neu eintreffenden Flaschen aus, wobei die meisten in China hergestellt worden waren. Das rasante Wachstum der asiatischen Ablagerungen, hauptsächlich aus China, in Verbindung mit der jüngsten Herstellung dieser Gegenstände, zeigt, dass Schiffe für die meisten der im zentralen Südatlantik schwimmenden Flaschen verantwortlich sind, was im Widerspruch zu den Vorschriften des Internationalen Übereinkommens zur Verhütung der Umweltverschmutzung durch Schiffe (MARPOL) steht.

Charisius warnt jedoch: „Nun mit dem Finger auf die chinesische Fisch- und Handelsflotte zu zeigen, wäre jedoch voreilig. Denn auch europäische, amerikanische und Schiffe anderer Nationen kaufen beim Andocken in China lokales Wasser. Dementsprechend wird es schwierig sein, die Schuldigen zu finden. Die über 150 MARPOL-Vertragsstaaten sind rechtlich verantwortlich dafür, dass Schiffe unter ihrer Flagge Plastikabfälle nicht illegal ins Meer kippen.“

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