Anfrage und Antwort: „CO2-Emissionen im Verkehrsbereich senken“

Treibhausgas-Vorteile von Elektrofahrzeugen – deutschen Strommix zugrunde gelegt

Die Bundesregierung legt bei der Bewertung der Klimafreundlichkeit von Elektrofahrzeugen grundsätzlich den deutschen Strommix zugrunde. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung (19/13609) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/13159) hervor. Darin hatte die Fraktion gefragt – so der parlamentseigene Pressedienst heute im bundestag – von welchem Strommix die Bundesregierung bei eigenen Ausführungen zur CO2-Bilanz von batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen ausgehe. Im Vergleich zu einer Betrachtungsweise mit rein erneuerbarem Strom oder unter Berücksichtigung des Emissionshandels stelle dies eine konservative Perspektive dar.

Elektro-Lade-Station der Multi-Energie-Tankstelle – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Erneuerbare Energien seien künftig die wichtigste Primärquelle. Ihr Anteil am Bruttostromverbrauch solle bis zum Jahr 2030 auf 65 Prozent steigen, schreibt die Bundesregierung. Das Verkehrssystem werde im Jahr 2050 „nahezu unabhängig von Kraftstoffen mit fossilem Kohlenstoff und somit weitgehend treibhausgasneutral“ sein. Betrachte man die Klimaschutzwirkungen eines Elektrofahrzeugs im Sinne einer ganzheitlichen Bilanzierung, ergäben sich erhebliche und im Zeitverlauf zunehmende Treibhausgasvorteile von Elektrofahrzeugen, schreibt die Bundesregierung. Auch diese Einschätzung basiere auf konservativen Annahmen und ziehe den Vergleich zu besonders effizienten konventionellen Fahrzeugalternativen.

Antwort der Bundesregierung

auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Oliver Luksic, Frank Sitta,Daniela Kluckert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP– Drucksache 19/13159 –

Die vollständige CO2-Bilanz von E-Autos

Vorbemerkung der Fragesteller Die Bundesregierung strebt für die kommenden Jahre ein enormes Wachstum der Elektromobilität in der Bundesrepublik Deutschland an. Zu diesem Zweck schafft sie Kaufanreize durch steuerliche Vorteile, Kaufprämien und weitere Maßnahmen (bundesregierung.de/elektromobilitaet-weiter-vorantreiben). Gleichzeitig musste das ursprünglich ausgegebene Ziel von einer Million Elektroautos bis 2020 um zwei Jahre auf 2022 verschoben werden, da das Angebot und der Absatz von Elektrofahrzeugen nicht den Vorstellungen der Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE) entsprechen und Elektroautos weiterhin einen marginalen Anteil am PKW-Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland haben. So waren zum 1. Januar 2019 insgesamt 83.175 reine Elektroautos laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) zugelassen. Dies entspricht einem Anteil von etwa 0,2 Prozent aller zugelassenen Pkw in der Bundesrepublik Deutschland (kba.de/b_barometer).

Der Ausbau der Elektromobilität in der Bundesrepublik Deutschland erfolgt primär mit dem Ziel, die CO2-Emissionen im Verkehrsbereich zu senken (https://ecomento.de/2019/01/29/elektroautofoerderung-mineraloelbranche-bemaengelt-wettbewerbsnachteile/). Allerdings gibt es widersprüchliche Aus-sagen und Kritik bezüglich der CO2-Bilanz von Elektrofahrzeugen. Diese kon-zentrieren sich nicht auf die eigentliche Fahrt, die elektrische Batterie stößt im Gegensatz zum Verbrennungsmotor im Fahrbetrieb kein CO2 aus, sondern auf die CO2-Bilanz des gesamtheitlichen Schöpfungs-, Nutzungs- und Abbauzyklus von Elektrofahrzeugen (www.n-tv.de/wirtschaft/Sinn-verteidigt-Fazit-zu-Elektroautos-article20989625.html). Beispiele dafür sind der verwendete Strom, dessen Zusammensetzung große Auswirkungen auf die CO2-Bilanz des jeweiligen Fahrzeugs hat, oder der Energieaufwand einer angemessenen Entsorgung von Fahrzeug und Batterie. Eine vollständige Bewertung aller Aspekte allein ermöglicht eine sachgerechte Bewertung und damit die Entwicklung hin zu einer nachhaltigen Mobilität.

1. Von welchem Strommix geht die Bundesregierung bei eigenen Ausführungen zur CO2-Bilanz von batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen aus, und von welchem Strommix gehen Studien zur CO2-Bilanz von batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen aus, die die Bundesregierung verwendet (bitte nach Inhalt des Strommixes, nach Referenzdatum und Studie aufgeschlüsselt)?

Die Bundesregierung legt bei der Bewertung der Klimafreundlichkeit von Elektrofahrzeugen grundsätzlich den deutschen Strommix zugrunde. Der Emissionsfaktor des Strommix wird jährlich vom Umweltbundesamt berichtet. Eine aktuelle Bewertung und nähere Beschreibung ist unter www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Verkehr/emob_klimabilanz_2017_bf.pdf zu finden. Einschlägige Studien Dritter verfolgen in der Regel eine ähnliche Betrachtungsweise, das heißt sie setzen den deutschen Strommix an. Im Vergleich zu einer Betrachtungsweise mit rein erneuerbarem Strom oder unter Berücksichtigung des Emissionshandels stellt dies eine konservative Perspektive dar. Nähere Angaben sind den Studien zu entnehmen, eine Auflistung führt die Bundesregierung nicht.

2. Wie setzt sich der durchschnittliche Strommix in der Bundesrepublik Deutschland zusammen, den batteriebetriebene Elektrofahrzeuge zum 1. Januar 2019 tankten, und wie sind die Unterschiede zwischen den Ländern (bitte insgesamt sowie für die Länder aufgeführt)?

Unter der Voraussetzung, dass der Strom, der deutschlandweit bzw. auf Länderebene erzeugt wird, auch verbraucht wird, stellt sich der Stromverbrauch von Elektrofahrzeugen auf der Grundlage des jeweiligen Strommix wie folgt dar. Der Strommix ist am 1. Januar 2019 aufgrund des gesetzlichen Feiertags stark überzeichnet, da hier der Witterungseinfluss eines einzigen Tages einen großen Einfluss hatte und die Produktion im Industrie- und GHD-Bereich zum großen Teil heruntergefahren wurde. Auf Länderebene liegen nur jahresscharfe Daten zum Energiemix vor. Da der aktuelle Datenstand von Land zu Land sehr unterschiedlich ist, werden für die Landesergebnisse mehrere Jahresergebnisse dargestellt.

3. Ab welchem Zeitpunkt rechnet die Bundesregierung mit einem CO2-neutralen Strommix in der Bundesrepublik Deutschland, und ab wann rechnet sie mit CO2-neutralem Pkw-Verkehr?

Die Transformation der Stromversorgung auf Basis erneuerbarer Energien ordnet sich ein in die klimapolitischen Ziele der Bundesregierung. Erneuerbare Energien werden künftig die wichtigste Primärquelle sein. Ihr Anteil am Bruttostromverbrauch soll bis zum Jahr 2030 auf 65 Prozent steigen. Ein wichtiger Meilenstein zu einem CO2-neutralen Strommix ist die von der Bundesregierung beabsichtigte Umsetzung der Empfehlungen der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung. Danach wird die Kohleverstromung in Deutschland schrittweise bis zum Jahr 2038 beendet sein und die mit der Kohleverstromung verbundenen CO2-Emissionen zurückgehen. Das Verkehrssystem in Deutschland wird im Jahr 2050 nahezu unabhängig von Kraftstoffen mit fossilem Kohlenstoff („dekarbonisiert“) und somit weitgehend treibhausgasneutral sein. Mit dem Klimaschutzprogramm 2030 wird die Bundesregierung einen wichtigen Schritt in diese Richtung gehen, indem die notwendigen Rahmenbedingungen für den politischen und technologischen Transformationsprozess geschaffen werden.

4. In welchem zeitlichen, inhaltlichen und anderweitigen Rahmen bewertet die Bundesregierung die Nachhaltigkeit von batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen, insbesondere in Bezug auf deren CO2-Bilanz, und wie sind die untersuchten Zyklen von Studien zu diesem Thema, auf die sich die Bundesregierung bezieht?

Mit den Auswirkungen und Herausforderungen einer zunehmenden Elektrifizierung des Straßenverkehrs beschäftigt sich eine Vielzahl von Studien. Aufgrund der Bedeutung der Elektromobilität für Umwelt- und Klimaschutz ebenso wie für Wertschöpfung und Beschäftigung bezieht die Bundesregierung ein breites Spektrum von Analysen in ihre Positionierung ein. Sie verlässt sich dabei nicht allein auf Untersuchungen Dritter, sondern hat zahlreiche eigene Forschungsvorhaben dazu vergeben. Darüber hinaus bezieht die Bundesregierung Analysen und Empfehlungen breit angelegter Akteursplattformen wie etwa der Nationalen Plattform zur Zukunft der Mobilität (NPM) in ihre Erwägungen ein

5. Wie bewertet die Bundesregierung die folgenden verschiedenen Zyklen bezüglich ihrer Aussagefähigkeit zur Nachhaltigkeit von Pkw: Well-to-Tank (Energiebereitstellung), Tank-to-Wheel (Fahrzeugwirkungsgrad) und Well-to-Wheel (die beiden vorherigen Zyklen kombiniert), und welche Methodik nutzt bzw. präferiert die Bundesregierung für ihre Schlussfolgerungen?

Bezüglich der Umweltauswirkungen von Pkw betrachtet die Bundesregierung den vollständigen Lebenszyklus der Fahrzeuge (einschließlich aller Komponenten), der eine gesamthafte Bewertung im Sinne einer Umweltbilanz ermöglicht. Intersektorale Effekte, etwa bei der Energiebereitstellung, beim Energiebedarf der Fahrzeug- und Fahrzeugteileproduktion und bezüglich Umweltwirkungen der Rohstoffbereitstellung, sind integrierter Bestandteil einer solchen Umweltbilanz. Aus regulatorischer Sicht ist es oftmals sinnvoll und erforderlich, ein-zelne Elemente einer Umwelt- bzw. CO2-Bilanz separat zu analysieren und zu regulieren.

6. Findet der Aspekt der Entsorgung von Fahrzeug und Batterie Eingang in die von der Bundesregierung verwendeten Zyklen zur Nachhaltigkeit von batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen?

Ja, siehe auch Antwort zu den Fragen 1 und 5.

7. Ist die Bundesregierung grundsätzlich der Meinung, dass batteriebetriebene Elektrofahrzeuge heute über eine bessere CO2-Bilanz als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor verfügen, wenn der gesamte Lebenszyklus inklusive Energiebereitstellung, Fahrzeugwirkungsgrad und Entsorgung berücksichtigt wird
8. Ist die Bundesregierung der Meinung, dass ein aktuell in der Bundesrepublik Deutschland erhältliches batteriebetriebenes Elektrofahrzeug über eine bessere CO2-Bilanz als ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor verfügt, wenn der gesamte Lebenszyklus inklusive Energiebereitstellung, Fahrzeugwirkungsgrad und Entsorgung berücksichtigt wird, und wenn ja, um welches Fahrzeug handelt es sich dabei?
9. Geht die Bundesregierung davon aus, dass batteriebetriebene Elektrofahrzeuge in den kommenden Jahren über eine bessere CO2-Bilanz als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor verfügen werden, wenn der gesamte Lebenszyklus inklusive Energiebereitstellung, Fahrzeugwirkungsgrad und Entsorgung berücksichtigt werden, und wenn ja, wie begründet die Bundesregierung diese Annahme?

Die Fragen 7 bis 9 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Betrachtet man die Klimaschutzwirkung eines Elektrofahrzeugs im Sinne der angesprochenen ganzheitlichen Bilanzierung, ergeben sich erhebliche und mit wachsenden Anteilen erneuerbarer Energien im Strommix im Zeitverlauf zunehmende Treibhausgasvorteile von Elektrofahrzeugen. Diese Einschätzung basiert auf konservativen Annahmen und zieht den Vergleich zu besonders effizienten konventionellen Fahrzeugalternativen. Nähere Angaben und eine detaillierte Erläuterung zu dieser Bewertung können dem in der Antwort auf Frage 1 genannten Papier entnommen werden. (hib/LBR)

->Quelle: bundestag.de/hib=mod454590