Massive Kritik an Kohleausstiegsplänen

DUH: „Kohleausstieg kommt zu langsam und zu spät: Kohlekompromiss geplatzt, nächste Bundesregierung muss nachbessern“

Zur Einigung des Bundes und der Kohleländer vom 15. Januar 2020 zum Kohleausstieg sowie zur Pressekonferenz ehemaliger Mitglieder der sogenannten Kohlekommission am 21.01.2020 sagte der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Sascha Müller-Kraenner: „Der vor einem Jahr mühsam erzielte gesellschaftliche Kompromiss zum Kohleausstieg wurde von der Bundesregierung und den Kohleländern aufgekündigt. Die vereinbarten Klimaschutzziele lassen sich mit dem nun vorgeschlagenen Abschaltplan nicht mehr erreichen. Die dringend notwendige Abschaltung der schmutzigsten Braunkohlekraftwerke noch in 2020 wurde zum größten Teil auf 2030 bis 2038 vertagt. Mit Datteln 4 wird entgegen der Empfehlungen der Kohlekommission ein weiteres Steinkohlekraftwerk ans Netz gelassen. Diese Entscheidung ist völlig aus der Zeit gefallen. Ein Plan zum konsequenten Ausbau der Erneuerbaren Energien auf mindestens 65 Prozent der Stromproduktion bis 2030 fehlt weiterhin. Stattdessen legt die Bundesregierung dem dringend notwendigen Ausbau der Windenergie am Lande durch die unsinnige Abstandsregelung weitere Steine in den Weg. Wenn Bund und Kohleländer ihre Entscheidung nicht umgehend korrigieren und zu einem schnellen, stetigen Kohleausstieg wie vereinbart zurückkehren, muss die nächste Bundesregierung ein neues Gesamtpaket verabschieden, mit dem die Klimaziele wirklich erreicht werden können. Die Deutsche Umwelthilfe fordert den vollständigen Kohleausstieg bis 2030.“

Hans-Josef Fell: „Kohleausstieg: Ein Fahrplan zum weiteren gnadenlosen Aufheizen der Erde, unterstützt durch Milliardensubventionen für die Kohlewirtschaft“

„Die massive Kritik ist mehr als berechtigt. Der Weiterbetrieb von großen Teilen der Kohlekraftwerke in Deutschland zum Teil bis 2038 wird nun auch noch mit 4,35 Milliarden Euro aus Steuereinnahmen zusätzlich subventioniert und sogar das neugebaute Kohlekraftwerk Datteln 4 soll entgegen der Empfehlung der Kohlekommission in Betrieb genommen werden. Statt die Milliarden in den Ausbau des Ökostromes zu stecken, wird mit diesen neuen Kohlesubventionen der Weiterbetrieb der Kohlekraftwerke künstlich gegen die immer billiger werdende Konkurrenz der klimafreundlichen Erneuerbaren Energien geschützt. Ohne die vielfältigen neuen und noch bestehenden Kohlesubventionen wären die Kohlekraftwerke längst unwirtschaftlich. Der Ausbau der emissionsfreien erneuerbaren Energien könnte das Abschalten aller Kohlekraftwerke weit vor 2038 ermöglichen. Doch die Bundesregierung blockiert weiter den Ausbau der erneuerbaren Energien und vernichtet nun auch Zehntausende Jobs in der Windindustrie, nachdem bereits etwa 80.000 in der Solarwirtschaft verloren gingen, nur um einige Tausend in der Kohlewirtschaft zu erhalten. Damit zementieren Bundesregierung und die beteiligten Länder in unverantwortlicher Weise noch 18 Jahre lang hohe Treibhausgasemissionen. Die Bundesregierung missachtet damit in eklatanter Weise ihre mit der Unterzeichnung des Pariser Klimaabkommens eingegangenen Verpflichtungen, denn dort wurde vereinbart, die Erderwärmung möglichst nicht über 1,5 Grad Celsius hinaus ansteigen zu lassen.
Zudem hat die Regierung keinen Plan, wie sie die klimaschädliche Nutzung von Erdöl und Erdgas beenden will. Wenn die Pariser Klimaziele voraussichtlich längst überschritten sein werden, im Jahre 2050, soll Deutschland ja erst klimaneutral sein. Das bedeutet, dass Deutschland selbst dann immer noch Treibhausgase emittieren wird, die lediglich durch „negative Emissionen“ ausgeglichen werden sollen. Damit setzt sich die Koalition aus Union und SPD, genauso wie fast alle Regierungen der Welt, gnadenlos über die Überlebensinteressen der Menschheit hinweg. So haben die UN gerade davor gewarnt, dass im südlichen Afrika eine Hungerkatastrophe droht, wie sie in ihrer Dimension noch nie auf diesem Planeten existierte. 45 Millionen Menschen sind vom Hunger bedroht, weil insbesondere die Auswirkungen der Erderwärmung – schon heute bei 1,2 Grad Celsius – die Ernten im südlichen Afrika durch extreme Dürren und Überschwemmungen vernichtet haben.

BUND-Kommentar: „Bundesregierung gefährdet gesellschaftlichen Frieden“

Anlässlich der heutigen Stellungnahme der ehemaligen Mitglieder der Kohlekommission, erklärt der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt: „Aus unserer gesellschaftlichen Verantwortung heraus haben wir in der Kohle-Kommission mitverhandelt und den Minimalkonsens schweren Herzens mitgetragen: mit dem Ziel einer klimapolitischen Verbesserung und eines sozialverträglichen Strukturwandels. Die Bundesregierung hat diesen Kompromiss einseitig aufgekündigt und setzt damit den gesellschaftlichen Frieden aufs Spiel. Sie verschiebt die drängenden Abschaltungen auf den spätestmöglichen Zeitpunkt, Datteln 4 soll ans Netz gehen, an Kraftwerks-Betreiber sollen unnötige hohe Entschädigungen fließen und im Bundesgesetz soll zementiert werden, dass auch heute noch Dörfer der Kohle geopfert werden. Das ist eine schallende Ohrfeige für alle Menschen, die bereit waren gesellschaftliche Kompromisse einzugehen. So verschärft die Bundesregierung erneut den gesellschaftlichen Streit und handelt gegen nationale und internationale selbst gesetzte Klimaziele. Wir werden dieses klimapolitische Versagen nicht akzeptieren. Wir werden den gesellschaftlichen Protest zum Kraftwerk Datteln fortsetzen und in die Dörfer tragen. Wir werden für einen klimaverträglichen Kohleausstieg bis spätestens 2030 kämpfen.“

Folgt: BEE-Präsidentin Simone Peter und Christoph Bals, Germanwatch