Klimapaket der Bundesregierung verfehlt Ziele – Frage: wie weit?

Gutachten für zwei Ministerien senken Daumen

„Ungenügend“ (in Schulnoten „sechs – Versetzung gefährdet“) wäre die Benotung des mit großem Buhei im September vergangenen Jahres von der Bundesregierung auf den Weg gebrachten Klimapakets. Denn auch nach den „Klimaschutzmaßnahmen“ (die keineswegs alle diesen Namen verdienen) würden immer noch 46 Millionen Tonnen CO2 mehr ausgestoßen als nötig, angestrebt und verkündet, so SPIEGEL-Online und zahlreiche Umweltschutzorganisationen. Das prophezeien gleich zwei regierungsamtliche Gutachten – das oben ausführlicher behandelte für das Umwelt- und eines fürs Wirtschaftsministerium.

Reichstag - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Bundestag/Reichstag – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Dieses redete in einer Medienmitteilung die Gutachten-Ergebnisse schön: „Klimaschutzprogramm bringt Deutschland in Reichweite seines Klimaziels für 2030“ und „Projektion im Auftrag des Bundesumweltministeriums ermittelt CO2-Einsparung von 51 Prozent bis 2030 gegenüber 1990″. Das Klimaschutzprogramm 2030 werde die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 51 Prozent gegenüber 1990 mindern, so das BMU. Ohne Klimaschutzprogramm würde der Ausstoß nur um 41 Prozent sinken können. Immerhin kommt dann das Eingeständnis: „Allerdings reichen die bisher beschlossenen Maßnahmen noch nicht aus, um das deutsche Ziel von mindestens 55 Prozent Minderung bis 2030 zu erreichen.“

2030: 71 Mio. t THG-Minderungslücke

Weil die Bundesregierung beim Beschluss des Klimaschutzprogramms zugesagt hatte, die gesamte Wirkung der Maßnahmen berechnen zu lassen, kommt die vom Öko-Institut geleitete Überprüfung jetzt zu dem ernüchternden Schluss, dass vor allem in den Sektoren

  • Verkehr (mit einer Treibhausgasminderungslücke von 33 Mio. t CO2-Äq. im Jahr 2030) und
  • Gebäude (mit einer Treibhausgasminderungslücke von 17 Mio. t CO2-Äq. im Jahr 2030)

mit Blick auf die kommenden Jahre bis 2030 zusätzlicher Handlungsbedarf besteht. Im Sektor Verkehr wird demnach bis 2030 weniger als die Hälfte der notwendigen Minderung erreicht. Alles in allem werden – anders als SPIEGEL-Online meldete – 2050 gar 71 Mio. t CO2-Äq. (!) zuviel emittiert.

Grundsätzlich gelte es zu berücksichtigen, baut das BMU auf seiner Webseite und in einer versandten Mail vor, dass die Schätzungen mit Unsicherheiten behaftet seien. Niemand könne Emissionsentwicklung und Wirkung der Klimaschutzmaßnahmen genau vorhersagen. Plausible zugrunde liegende Annahmen spielten hier eine wichtige Rolle für eine bestmögliche Annäherung an die Realität. Die Studie habe die Beschlüsse des Vermittlungsausschusses mit Blick auf die CO2-Bepreisung und den Kabinettsbeschluss zum Kohleausstieg in der Modellierung berücksichtigt.

In den vom Öko-Institut verwendeten prozessbasierten Emissionsberechnungsmodellen würden die energiebedingten Emissionen aus den einzelnen Sektoren unter Berücksichtigung der im Klimaschutzprogramm 2030 beschlossenen Maßnahmen ermittelt. Außerdem würden Schätzungen für die Entwicklung der nicht-energiebedingten Emissionen (Landwirtschaft, industrielle Verarbeitungsprozesse) erstellt. Die Emissionsentwicklung würden dann samt Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Sektoren in ein übergeordnetes Modell integriert. Die gesteigerte Stromnachfrage durch mehr E-Fahrzeuge und der Einsatz von Wärmepumpen wirke sich auf die Stromerzeugung aus, ebenso wie sich Kohleausstieg und mehr Erneuerbare Energien auf den Stromsektor auswirkten. Diese Wechselwirkungen würden in einem integrierten Modell abgebildet.  Daraus lässt sich dann die absehbare Entwicklung der Treibhausgasemissionen insgesamt ableiten.

Um zu analysieren, ob die Maßnahmen aus dem Klimaschutzprogramm 2030 für die Zielerreichung ausreichten, müsse zunächst abgeschätzt werden, wie sich die Emissionen ohne das Klimaschutzprogramm entwickelt hätten. Grundlage hierfür seien die in den Treibhausgasinventaren des Umweltbundesamtes beobachtbaren vergangenen Trends. Zusammen mit Daten über die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland, die Bevölkerungsentwicklung und der Berücksichtigung von bereits beschlossenen Maßnahmen ließen sich anhand dieser Daten absehbare Trends der Emissionsentwicklung ableiten.

Folgt: Watsch’n für Scheuer