Indiens CO2-Emissionen sinken zum ersten Mal seit vier Jahrzehnten

CarbonBrief-Analyse: Folge des Coronavirus

Umweltschadstoffe aus der Verbrennung fossiler Energieträger sind für mindestens drei Millionen Todesfälle durch Luftverschmutzung pro Jahr verantwortlich, so das neue unabhängige finnische Forschungsinstitut Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA). Allerdings würden eben 11.000 luftverschmutzungsbedingte Todesfälle in Europa vermieden, nachdem infolge der COVID-19-Pandemie der Verbrauch von Kohle und Öl drastisch gesunken sei. Lauri Myllyvirta, leitender CREA-Analyst und sein Kollege Sunil Dahiya haben zudem errechnet, dass Indiens CO2-Emissionen zum ersten Mal seit vier Jahrzehnten im Jahresvergleich gesunken sind – so der carbonbrief am 12.05.2020.

Die Gründe: langsameres Wirtschaftswachstum, Zunahme der Erneuerbaren Energien und die Auswirkungen der Corona-Pandemie. In dem Fiskaljahr, das im März 2020 endete, gingen die Emissionen um etwa 1% zurück, da der Kohleverbrauch zurückging und der Ölverbrauch stagnierte. Der Rückgang der Emissionen spiegle den Gegenwind wider, der bereits seit Anfang 2019 auf die indische Wirtschaft einwirke, sowie die zunehmende Erzeugung Erneuerbarer Energien. Myllyvirta und Dahiya: „Unsere Analyse offizieller indischer Daten über das gesamte Fiskaljahr 2019/20 zeigt jedoch, dass der Rückgang im März aufgrund von Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie steiler geworden ist. Die CO2-Emissionen des Landes sanken im März um schätzungsweise 15% und dürften im April um 30% gesunken sein.“

Smog – Luftverschmutzung in Delhi – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Wie bei den globalen CO2-Auswirkungen der Pandemie werden auch die längerfristigen Aussichten für Indiens Emissionen in erheblichem Maße von der Reaktion der Regierung auf die Krise geprägt sein. Diese Reaktion beginnt sich jetzt abzuzeichnen und wird erhebliche langfristige Auswirkungen auf Indiens CO2-Emissionen und die Entwicklung der Luftqualität haben.

Kohle trägt Hauptlast der Nachfragekrise

Da ein geringeres Wachstum der Stromnachfrage und die Konkurrenz durch Erneuerbare Energien die Nachfrage nach thermischer Stromerzeugung in den vergangenen zwölf Monaten schwächte, reichte der Rückgang im März aus, um das Erzeugungswachstum in dem im März zu Ende gegangenen Fiskaljahr unter Null zu drücken – zum ersten Mal seit drei Jahrzehnten.

In den vorangegangenen zehn Jahren wuchs die thermische Stromerzeugung um durchschnittlich 7,5% pro Jahr. Wie in der Abbildung unten zu sehen ist, wurde der dramatische Rückgang des Gesamtstrombedarfs vollständig von kohlebasierten Generatoren getragen, wodurch die Auswirkungen auf die Emissionen verstärkt wurden.

Die kohlebefeuerte Stromerzeugung sank im März um 15% und in den ersten drei Aprilwochen um 31%, basierend auf täglichen Daten aus dem nationalen Netz. Im Gegensatz dazu stieg die Erzeugung Erneuerbarer Energien (EE) im März um 6,4% und ging in den ersten drei Aprilwochen leicht um 1,4% zurück.

Der Rückgang der Gesamtnachfrage nach Kohle erstreckt sich über den Stromsektor hinaus und zeigt sich in den Daten zum Kohleangebot. In dem im März endenden Fiskaljahr gingen die Kohleverkäufe des wichtigsten Kohleproduzenten Coal India Ltd. um 4,3% zurück, während die Kohleimporte um 3,2% stiegen, was bedeutet, dass die gesamten Kohlelieferungen um 2% zurückgingen und den ersten Verbrauchsrückgang im Jahresvergleich seit zwei Jahrzehnten signalisiert.

Der Trend verstärkte sich im März mit einem Rückgang des Kohleabsatzes um 10%, während die Kohleimporte im März um 27,5% zurückgingen, was bedeutet, dass die Gesamtlieferungen von Kohle an die Endverbraucher entsprechend dem Rückgang der Stromerzeugung um 15% zurückgingen.

Im März stieg die Kohleproduktion um 6,5%, obwohl der Absatz um einen Rekordbetrag zurückging. Außerdem wurde während des gesamten Jahres mehr Kohle abgebaut als verkauft, was darauf hindeutet, dass der Grund für den Rückgang auf der Nachfrageseite lag.

Folgt: Ölnachfrage: von schwach bis negativ