Dokumentation: Energiewende-Beschlüsse am 17.06.2020

Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 17. Juni 2020 – TOP 4.1 Umsetzung Energiewende

Die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder empfehlen – einer Medienmitteilung des Bundespresseamtes vom 17.06.2020 zufolge – der Bundeskanzlerin folgenden gemeinsamen Beschluss: „Die Energieversorgung in Deutschland befindet sich in einem tiefgreifenden Umstrukturierungsprozess. Bund und Länder sind sich einig, dass das Ende der Kernenergieerzeugung und der bis spätestens 2038 rechtssicher abzuschließende Ausstieg aus der Kohleverstromung eine große nationale Kraftanstrengung unter anderem bei dem Ausbau der erneuerbaren Energien und der dafür notwendigen Netze erfordert.“

Die COVID-19-Pandemie stellt die Energiewende vor zusätzliche Herausforderungen. Bund und Länder stellen fest, dass die bewährten und erprobten Prozesse des Krisen- und Notfallmanagements auch im aktuellen Pandemie-Fall greifen. Sie bekräftigen, dass in dieser Sondersituation die Versorgungssicherheit mit Energie weiterhin ohne Einschränkungen gewährleistet und die Leistungsfähigkeit der Energiewirtschaft erhalten bleiben muss. Allerdings haben die aufgrund des Infektionsschutzes notwendigen Einschränkungen des öffentlichen Lebens tiefgreifende Auswirkungen: Fallende Börsenstrompreise und ein Rückgang der Stromnachfrage lassen eine deutlich steigende EEG-Umlage erwarten. Zudem wirken sich die Pandemie-Maßnahmen auf die wirtschaftliche Situation der Energiebranche, laufende Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie den Verwaltungsvollzug aus. Bund und Länder arbeiten bei der Bewältigung und Abfederung der Folgen der Pandemie eng zusammen.

Vor dem Hintergrund der durch die Pandemie ausgelösten Rezession gilt es umso mehr, die Energiewende kosteneffizient zu organisieren und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft nicht zu gefährden. Gleichzeitig bietet das vom Bund beschlossene Zukunftspaket große Chancen, zur konjunkturellen Wiederbelebung beizutragen, die Entwicklung innovativer Energie- und Klimatechnologien zu fördern und starke Klimaschutzimpulse auszulösen.

Der Ausstieg aus der Kohleverstromung und die Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien gehören zusammen. Gleichzeitig gilt es, die enormen Chancen, die sich aus der strukturellen Änderung der Energieversorgung in Deutschland ergeben, zu ergreifen.

Bund und Länder sind sich einig in dem Ziel, die Versorgungssicherheit jederzeit zuverlässig zu gewährleisten sowie eine bezahlbare und umweltverträgliche Energieversorgung für Wirtschaft und private Verbraucherinnen und Verbraucher sicherzustellen. Wettbewerbsfähige Strompreise sind wesentlich für die wirtschaftliche Entwicklung, einen starken Industriestandort, Sektorkopplung und neue Stromanwendungen, wie beispielsweise die Elektromobilität und Wärmepumpen. Beides ist Voraussetzung für die Akzeptanz der Energiewende. Ergänzend zum direkten Einsatz erneuerbarer Energien sollen Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe auf Basis erneuerbarer Energien mittel- bis langfristig zu einem wesentlichen Träger von sauberer Energie werden. Dafür müssen sich Märkte, Infrastrukturen und neue internationale Partnerschaften entwickeln.

Akzeptanzgesicherte Beschleunigung des Ausbaus von Windkraft und Photovoltaik – plus Strom- und Gasnetze

Die Energiewende ist ein wesentliches Element auf dem Weg zur Klimaneutralität 2050. Ziel ist, dass Deutschland möglichst viel seines Bedarfs an elektrischer Energie aus heimischen erneuerbaren Energieträgern deckt. Dazu bedarf es einerseits dringend einer akzeptanzgesicherten Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien, insbesondere der Windkraft und der Photovoltaik, und andererseits eines raschen Ausbaus beziehungsweise Modernisierung der Strom- und Gasnetze. Dieser Weg bietet technologische und wirtschaftliche Herausforderungen aber auch Chancen für Wirtschaft und Gesellschaft. Die Kosteneffizienz der klima- und energiepolitischen Maßnahmen muss daher eines der maßgeblichen Leitbilder des politischen Handelns sein. Die Einigung von Bund und Ländern zum Einstieg in eine CO2-Bepreisung in den Bereichen Wärme und Verkehr ist daher nicht nur ein wichtiger Beitrag zur Dekarbonisierung und zur Sektorkopplung, sondern ergänzend zum ETS ein weiterer wichtiger Impuls für eine zunehmend marktwirtschaftliche Steuerung in der Energie- und Klimapolitik.

Bund und Länder sind sich einig, dass sie gemeinsam die gesamtstaatliche Verantwortung für eine dauerhaft sichere, bezahlbare und umweltverträgliche Energieversorgung und die Einhaltung der Klimaschutzziele zum Wohle aller wahrnehmen.

Entwicklung des Strombedarfs

  • Während im Zielmodell des Klimaschutzprogramms für 2030 ein Bruttostromverbrauch von 580 TWh als Basis für das Ziel von 65 Prozent erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch bis 2030 unterstellt wird, ist perspektivisch zu erwarten, dass der Strombedarf durch neue Stromverbraucher (z.B. Elektromobilität, Wärmepumpen, PtX-Anwendungen, Digitalisierung, neue industrielle Großverbraucher) insbesondere nach 2030 deutlich steigen dürfte. Für die weiteren Überlegungen zum Ausbaubedarf von Netzen und erneuerbaren Energien ist es wichtig, möglichst frühzeitig Trends in der Entwicklung des Strombedarfs zu identifizieren. Die Bundesregierung wird die Entwicklung des Strombedarfs daher im Rahmen eines Monitorings genau beobachten. Die Ergebnisse dieses Monitorings sowie fundierter Prognosen fließen in die Planungen und Entscheidungsprozesse zum weiteren Ausbau von erneuerbaren Energien sowie bedarfsgerecht aufeinander abgestimmter Strom- und Gasleitungsinfrastruktur ein. Auf Grundlage konkreter Strombedarfsprognosen wird rechtzeitig ein Ziel- und Mengengerüst für 2035 / 2040 für den Ausbau erneuerbarer Energien vorgelegt.

Steigerung der Energieeffizienz

  • Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch wurden in Deutschland erfolgreich entkoppelt. Dennoch sind insbesondere im Verkehrs- und Gebäudebereich verstärkte Anstrengungen nötig, um den Primärenergieverbrauch deutlich zu reduzieren. Um diesen bis 2030 um 30 Prozent gegenüber 2008 zu senken, werden Bund und Länder u.a. im Rahmen der Effizienzstrategie 2050 und der Umsetzung der darin vorgesehenen Maßnahmen verstärkt zusammenarbeiten. Der Bund wird prüfen, ob es zur Sicherstellung der Zielerreichung weiterer Maßnahmen bedarf. Im Rahmen des Zukunftspakets hat der Bund bereits beschlossen, das CO2-Gebäudesanierungsprogramm für 2020 und 2021 um eine Milliarde Euro auf 2,5 Milliarden Euro aufzustocken. Auch die Förderprogramme des Bundes zur energetischen Sanierung kommunaler Gebäude werden aufgestockt und ein Programm zur Förderung von Klimaanpassungsmaßnahmen in sozialen Einrichtungen wird aufgelegt.

Ausbau erneuerbarer Energien bis 2030

  • Ein weiterer zielstrebiger, effizienter, weitestgehend netzsynchroner und zunehmend marktorientierter Ausbau der erneuerbaren Energien ist eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Energiewende und Klimaschutzpolitik auf dem Weg zur Klimaneutralität. Um den Kohleausstieg zu kompensieren und die Sektorkopplung zu beschleunigen, ist ein zügiger Ausbau der erneuerbaren Energien sowie der notwendigen Netze dringend erforderlich. Um Planungssicherheit für den weiteren Ausbau zu gewährleisten, wird der Bund einen Entwurf für eine EEG- sowie eine Wind-See-Gesetz-Novelle u.a. mit technologiespezifischen Ausbaupfaden und jährlichen Ausschreibungsmengen im Hinblick auf das Ziel von 65 Prozent erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch bis 2030 vorlegen. Darin wird der Bund zudem die Rahmenbedingungen für einen beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien verbessern. Er wird u.a.
  • das Wind-Offshore Ausbauziel auf 20 GW anheben und einen ersten Zielkorridor für 2040 definieren,
  • eine bessere Regionalisierung des Zubaus der Erneuerbaren Energien ermöglichen (Regionalisierungskomponente),
  • das Repowering erleichtern,
  • die stärkere finanzielle Beteiligung von Bürgern und Kommunen an Windenergieanlagen an Land und die Möglichkeiten für Projektbeteiligungen von Bürgerinnen und Bürgern an erneuerbare Energien-Projekten in enger Abstimmung mit den Ländern verbessern.
  • im Rahmen der EEG-Novelle eine bessere Erschließung des Potenzials für große PV-Dachanlagen prüfen,
  • das Mieterstrommodell verbessern,
  • wirtschaftliche Perspektiven für effiziente, systemdienliche und umweltverträgliche Biomasseanlagen prüfen und Entwicklungsoptionen für Bioenergie im Rahmen des nachhaltig, auch unter Beachtung weiterer Umweltfaktoren verfügbaren Potenzials aufzeigen.
  • Bund und Länder werden zeitnah den von den Koalitionsfraktionen angestrebten Koordinierungsmechanismus konkretisieren, um den Umsetzungsstand des Ausbaus der Erneuerbaren Energien im Hinblick auf die Erreichung des bundesweiten 65%-Ziels im Jahr 2030 zu monitoren.
  • Die Bundesregierung wird prüfen, ob und wie auch Eigenstromproduktion so ermöglicht werden kann, dass diese einerseits wirtschaftlich und andererseits
  • ohne Auswirkungen auf den Strompreis betrieben werden kann. Dies darf außerdem nicht zu einer Entsolidarisierung bei der Finanzierung der Netzinfrastruktur und der Energiewende führen.
  • Die Bundesregierung wird das Ziel- und Mengengerüst für den Ausbau erneuerbarer Energien mit Blick auf die Entwicklung des Stromverbrauchs und möglicher Anpassungen unserer Klimaziele regelmäßig überprüfen.
  • Bund und Länder sind sich einig, dass die gesellschaftliche Akzeptanz für die Energiewende zentral ist. Die Länder beteiligen sich an der Ausarbeitung der verbesserten Rahmenbedingungen für einen beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien und insbesondere den akzeptanzsteigernden Maßnahmen vor Ort.
  • Bund und Länder schaffen gemeinsam die rechtlichen und faktischen Rahmenbedingungen, insbesondere zur Erschließung ausreichender Flächen für den notwendigen weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien. Sie begrüßen, dass die gesetzlichen Änderungen zur Abstandsregelung für Windenergieanlagen an Land mit Länderöffnungsklausel („Opt-in-Lösung“) sowie zur Abschaffung des 52 GW-PV-Deckels unverzüglich im parlamentarischen Verfahren umgesetzt werden sollen.

Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren und Verbesserung der Genehmigungssituation beim Ausbau der erneuerbaren Energien und der Stromnetze

  • Bund und Länder sind sich einig, dass zur Erreichung der Ausbauziele der Windenergie an Land eine Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren und eine Verbesserung der Genehmigungssituation dringend notwendig ist. Hierzu sollen die folgenden Maßnahmen umgesetzt werden:
    1. Bedarfsgerechte Personal- und technische Ausstattung der Planungs- und Genehmigungsbehörden
    2. Möglichst zentrale Genehmigungsstrukturen je Land
    3. Instanzenverkürzung (die Oberverwaltungsgerichte sollen künftig im ersten Rechtszug über Streitigkeiten im Genehmigungsverfahren entscheiden)
    4. Entfall der automatischen aufschiebenden Wirkung von Widersprüchen und Klagen gegen Genehmigungen
    5. Einrichtung einer zentralen Beratungsstelle
    6. Naturschutzfachliche Standardisierung zur Vereinfachung des Vollzugs des Artenschutzrechts bei Genehmigungserteilung.
    7. Natur- und Artenschutzvorschriften sind zentrale Faktoren für die Verfahrensdauer und Rechtswirksamkeit von Planungs- und Genehmigungsverfahren sowohl beim Ausbau der erneuerbaren Energien als auch bei den Stromnetzen. Bund und Länder sind gemeinsam der Auffassung, dass die Belange des Natur- und Artenschutzes einerseits und des Ausbaus der erneuerbaren Energien sowie des Stromnetzes zu einem vernünftigen Ausgleich gebracht werden müssen.

Versorgungssicherheit und Netzausbau

  • Für die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Stromversorgung auf dem heutigen hohen Niveau und zum Erhalt der einheitlichen deutschen Stromgebotszone ist die zügige Umsetzung der im Netzentwicklungsplan bestätigten Netzausbaumaßnahmen erforderlich. Ihr energiewirtschaftlicher Bedarf wird durch Novellierung des Bundesbedarfsplangesetzes festgestellt, die zeitnah auf den Weg gebracht wird. Um die Netzausbauvorhaben fristgerecht fertigzustellen, bekräftigen Bund und Länder die vereinbarten Zeitpläne zum vorausschauenden Controlling des Netzausbaus vom Mai 2019 und aus der Offshore-Vereinbarung vom Mai 2020.
  • Die Netzintegration der Erneuerbaren Energien sowie neuer flexibler Verbrauchseinrichtungen spielt sich vor allem in den Verteilnetzen ab. Die Grundlagen hierfür hat das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende gelegt. Der Rollout intelligenter Messsysteme als zentrale Kommunikationsplattform hat begonnen. Auf der Verteilnetzebene sind die Voraussetzungen für den Einsatz neuer und digitaler Technologien zu verbessern (smart meter, smart grid etc.). Bund und Länder unterstützen die durch das BMWi angestoßene Weiterentwicklung des Rechtsrahmens für flexible Verbraucher in den Verteilnetzen auf Grundlage des §14a EnWG.
  • Bund und Länder sehen eine Fortentwicklung des Monitorings der Versorgungssicherheit vor. Danach umfasst das Monitoring der Versorgungssicherheit künftig unter objektiven und belastbaren Kennziffern auch eine vertiefte Analyse mit Bezug auf die Netze und berücksichtigt kritische historische Wetter- und Lastjahre, ungeplante Kraftwerksausfälle sowie zeitliche und technische Restriktionen beim Kraftwerkszubau.
  • Die Bundesregierung wird das Monitoring der Versorgungssicherheit im Sinne eines Frühwarnsystems und einer zentralen Entscheidungsgrundlage im Rahmen eines Dialogprozesses mit den Betroffenen, der Wissenschaft und den Nachbarländern weiter verbessern.
  • Der Bund wird die Länder in das neue Monitoring einbinden und dabei auch prüfen, ob das bestehende Marktdesign ausreichend ist, auch zukünftig die Versorgungssicherheit in ganz Deutschland zu gewährleisten. Die Bundesregierung prüft zudem neue und innovative Ausschreibungsinstrumente, um die Systemverantwortung der erneuerbaren Energien zu erhöhen – z.B. durch die Kombination von Gaskraftwerken mit erneuerbaren Energien – und so zusätzliche gesicherte Leistung in das bestehende Marktsystem zu integrieren und die Versorgungssicherheit hinter dem Netzengpass zu erhöhen. In der anstehenden EEG-Novelle wird die Bundesregierung einen Vorschlag zur Regionalisierung der Biomasseförderung vorlegen, der insbesondere darauf zielt, kostengünstige und hochflexible Kapazität unter Beachtung des nachhaltig verfügbaren Biomassepotenzials südlich des Netzengpasses anzureizen.
  • In einem zunehmend auf erneuerbaren Energien beruhenden Energiesystem können effiziente und flexible Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen zum Ausgleich von Angebots- und Nachfrageschwankungen beitragen. Die Bundesregierung hat im Entwurf des Kohleausstiegsgesetzes die Weichen für eine Weiterentwicklung und Flexibilisierung der Kraft-Wärme-Kopplung gestellt. Damit werden verbesserte Bedingungen geschaffen, bestehende KWK-Kohlekraftwerke in ganz Deutschland vollständig auf Gas und/oder erneuerbare Energien umzustellen. Beim Kohleersatzbonus sollte die Höhe und eine Differenzierung geprüft werden, um die nötige Anreizwirkung zu entfalten. Mit einem neuen Südbonus werden südlich der Netzengpässe Anreize für mehr KWK-Leistung gesetzt. Die Bundesregierung wird die künftige Rolle der Kraft-Wärme-Kopplung im Lichte des Ausbaus der erneuerbaren Energien sowie die Förderung von „Wasserstoff-ready“ Anlagen über das KWKG weiter prüfen.

Sektorkopplung und Speicher

  • Die Sektorenkopplung ist Voraussetzung für die Dekarbonisierung im Wärme- und Mobilitätssektor und in der Industrie. Mit steigenden Anteilen erneuerbarer Energien sowie mit dem bereits beschlossenen Atom- und Kohleausstieg wird eine funktionierende Sektorenkopplung (u.a. E-Mobilität, Wärmepumpen,Power-to-X-Technologien) und Energiespeicherung neben weiteren Flexibilitätsoptionen zunehmend an Bedeutung gewinnen und kann einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit sowie zur Erreichung der Klimaschutzziele leisten. Bund und Länder setzen sich gemeinsam dafür ein, die regulatorischen Rahmenbedingungen sukzessive an die Erfordernisse einer effizienten, nachhaltigen Sektorkopplung anzupassen. Mit der im Klimaschutzprogramm 2030 und im Vermittlungsausschuss zwischen Bund und Ländern beschlossenen CO2-Bepreisung in den Bereichen Wärme und Verkehr und der beschlossenen Entlastung der EEG-Umlage mit den Einnahmen aus dem nationalen Emissionshandel wird – als erster Schritt – eine aufkommensneutrale Umgestaltung der Energiepreisbestandteile umgesetzt, die die sektorübergreifende Energiewende vorantreiben und die Anreize für eine zunehmende Elektrifizierung im Wärme- und Mobilitätssektor verstärken soll.

Entwicklung der Strompreise

  • Bund und Länder sind sich einig, dass bezahlbare Strompreise ein wesentlicher Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen sowie für die Akzeptanz der Energiewende sind.
  • Die Länder begrüßen, dass der Bund wie im Klimaschutzprogramm 2030 einschließlich des Vermittlungsausschussergebnisses vorgesehen die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen hat, dass ein beträchtlicher Teil der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung in den Bereichen Wärme und Verkehr dafür eingesetzt werden kann, die EEG-Umlage zu entlasten. Aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Energiemärkten ist allerdings ein deutlicher Anstieg der EEG-Umlage zu erwarten. Dieser Anstieg würde die geplante Senkung der EEG-Umlage mit den Einnahmen der CO2-Bepreisung ab 2021 sogar überkompensieren. Um für mehr Verlässlichkeit bei den staatlichen Strompreisbestandteilen zu sorgen, wird ab 2021 zusätzlich zu diesen Einnahmen aus dem BEHG ein weiterer Zuschuss aus Haushaltsmitteln des Bundes zur schrittweisen, verlässlichen Senkung der EEG-Umlage geleistet, sodass diese im Jahr 2021 bei 6,5 ct/kWh, im Jahr 2022 bei 6,0 ct/kWh liegen wird.
  • Bund und Länder nehmen die im Rahmen des Kohleausstiegsgesetzes vorgesehene Regelung zur Strompreiskompensation zur Kenntnis.
  • Bei der Umsetzung des nationalen Emissionshandels muss eine Doppelbelastung für Unternehmen, die bereits dem EuropäischenEmissionshandel unterliegen, ausgeschlossen werden. Außerdem werden die zum Carbon Leakage-Schutz vorgesehenen Maßnahmen in Abstimmung mit den Ländern zügig umgesetzt und industrie- und mittelstandfreundlich ausgestaltet, um den betroffenen Unternehmen schnell Planungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit zu gewähren.
  • Bei der Verabschiedung weiterer Maßnahmen zur Umsetzung der Energiewende und der Erreichung der Klimaziele werden Bund und Länder die Auswirkungen auf Strompreisbestandteile berücksichtigen und sicherstellen, dass diese das Ziel der Strompreissenkung nicht gefährden. Der Bund wird auch die Angemessenheit der staatlich induzierten Preisbestandteile mit Blick auf die Anforderungen der Energiewende prüfen, über die Ergebnisse der Prüfung informieren und einen Vorschlag zum weiteren Vorgehen vorlegen. Gegenüber der EU-Kommission wird sich der Bund zudem für eine Verstetigung und Fortentwicklung der ETS-Strompreiskompensation für energieintensive Unternehmen einsetzen.

Weiteres Verfahren

  • Bund und Länder bekräftigen das Ziel, den Netzausbau zu beschleunigen und gleichwohl den Ausbau der erneuerbaren Energien nicht zu blockieren. Bund und Länder werden sich im Rahmen der EEG- und der Wind-auf-See-Gesetz-Novelle auf konkrete Maßnahmen zur besseren Synchronisierung des Ausbaus der erneuerbaren Energien und der Netze verständigen. Die Maßnahmen sollen sicherstellen, dass die einheitliche deutsche Stromgebotszone erhalten bleibt und die Grundsätze der Kosteneffizienz und Kostentransparenz gewahrt bleiben. Dabei werden Bund und Länder auch prüfen, in wie weit übergangsweise Nutzungsmöglichkeiten für abgeregelten Überschussstrom bestehen. Der Transport des Stroms in die Lastzentren hat aber Priorität.
  • Für das Gelingen der Energiewende in einigen Bereichen des Verkehrs-, Gebäude- und Industriesektors sind Alternativen zu den derzeit eingesetzten fossilen Energieträgern zwingende Voraussetzung. Durch erneuerbare Energien erzeugter Wasserstoff wird hier in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Daher ist es Ziel der Bundesregierung, mit der Nationalen Wasserstoffstrategie einen zügigen Markthochlauf zu unterstützen sowie entsprechende Wertschöpfungsketten zu etablieren. Deutschland hat das Ziel, weltweit führender Technologielieferant für grüne Wasserstofferzeugung und dessen effektive Nutzung zu sein. Da die verfügbaren Kapazitäten an erneuerbaren Energien für die Wasserstoffproduktion am Standort Deutschland auf absehbare Zeit begrenztsind, wird Deutschland zur Deckung des steigenden Bedarfs europäische und internationale Partnerschaften und Kooperationen aufbauen und intensivieren. Als erster Schritt für den Markthochlauf von Wasserstofftechnologien ist eine starke und nachhaltige inländische Wasserstoffproduktion und Wasserstoffverwendung – ein „Heimatmarkt“ – unverzichtbar. Daher sollen bis 2030 industrielle Produktionsanlagen von bis zu 5 GW Gesamtleistung einschließlich der dafür erforderlichen Offshore- und Onshore-Energiegewinnung entstehen. Für den Zeitraum bis 2035 werden nach Möglichkeit weitere 5 GW zugebaut. Bis 2040 werden die weiteren 5 GW spätestens entstehen. Neben der Prüfung, ob die Wasserstoffproduktion über Ausschreibungen von Elektrolyseleistungen gefördert werden kann, soll der Umstieg von fossilen Energieträgern auf Wasserstoff insbesondere bei industriellen Prozessen in der Entwicklung und Prozessumstellung gefördert werden. Dabei wird bei den Fördermaßnahmen darauf geachtet, dass alle Regionen Deutschlands von den neuen Wertschöpfungspotenzialen der Wasserstoffwirtschaft profitieren. Die Umstellung wird sowohl durch Investitionszuschüsse in neue Anlagen als auch über ein neues Pilot-Programm zur Unterstützung des Betriebs von Elekrolyseanlagen auf Basis des Carbon Contracts for Difference-Ansatzes gefördert werden. Der Bund strebt die Befreiung der Produktion von grünem Wasserstoff von der EEG-Umlage an. Dabei wird sichergestellt, dass dadurch die EEG-Umlage nicht steigt. Zudem werden die regulatorischen Grundlagen für den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur zügig umgesetzt. Um Maßnahmen aufeinander abzustimmen, Synergieeffekte zu nutzen, Pfadabhängigkeiten vorzubeugen, wertvolle Erfahrungen auszutauschen und verbleibende Handlungsbedarfe zu identifizieren, arbeiten Bund und Länder eng zusammen.
  • Der Bund wird die projektbezogene Forschung (u.a. SINTEG-Programm und Reallabore der Energiewende) ausweiten. Der Fokus liegt auf den nächsten großen Umbrüchen im Energiesystem: Digitalisierung und Sektorkopplung.
  • Bund und Länder werden prüfen, welche weiteren Möglichkeiten zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren und zur Verbesserung der Genehmigungssituation im Bereich des Ausbaus der erneuerbaren Energien und des Netzausbaus bestehen, die zeitnah realisiert werden können. In diesem Zusammenhang soll auch geprüft werden, welche Änderungen, Präzisierungen, Verfahrenserleichterungen und Standardisierungen im Natur- und Artenschutzrecht zu Beschleunigungen führen.In die Prüfung einbezogen werden sollen neben der erforderlichen Standardisierung auch Vereinheitlichungen im Naturschutz- undArtenschutzrecht, insb. auf untergesetzlicher Ebene, und eine mögliche Vorrangregelung im Zusammenhang mit der Umsetzung der Energiewende.

Bund und Länder setzen sich mit dem Ziel der Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren gemeinsam dafür ein, diesbezüglich Verbesserungen anzustoßen, auch im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, darunter in der FFH-Richtlinie (92/43/EWG) und der Vogelschutzrichtlinie (2009/147/EG). In diesem Zusammenhang begrüßen und unterstützen die Länder auch den von Seiten des Bundeskanzleramtes aufgesetzten Prozess zur Identifizierung von Beschleunigungspotenzialen im Bereich der Planungs- und Genehmigungsverfahren und Verbesserung der Genehmigungssituation.

  • Die Länder begrüßen, dass die Bundesregierung in einem ersten Schritt für die Bereitstellung neuer Flächen für die Windenergienutzung an Land das Bewertungsverfahren der DFS (Deutsche Flugsicherung GmbH) zum 1. Juni 2020 auf Grundlage gesicherter, anerkannter neuer Erkenntnisse geschärft und entsprechend aktualisiert hat. Dieser Prozess soll durch eine zügige Modernisierung der Infrastruktur beschleunigt werden, um eine Verringerung des Prüfbereichs zu ermöglichen.
  • Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird die zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit bestehenden Reserveinstrumente im Sinne eines transparenten Marktdesigns prüfen und die Gespräche mit der Europäischen Kommission zur beihilferechtlichen Bewertung der Instrumente fortführen.

->Quelle: Mailzusendung des bpa-cvd@list.bpa.bund.de