Regierung: Grüner Wasserstoff nur mit grünem Strom

Details zur Nationalen Wasserstoffstrategie

Die Wasserstoffproduktion im Inland wird den deutschen Gesamtenergieverbrauch bis 2030 nur geringfügig beeinflussen, meldet der parlamentseigene Pressedienst heute im bundestag in einem Bericht über die Antwort der Bundesregierung (19/20916) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/20351). Der Wasserstoffverbrauch werde bis 2030 von derzeit 50 bis 60 auf 90 bis 110 TWh pro Jahr steigen. Neben der Grund- und Petrochemie setze zukünftig auch der Stahl- und Verkehrssektor verstärkt auf grünen Wasserstoff. Der Elektrolyse-Strom müsse dabei nicht zwingend durch Windkraft erzeugt werden, entscheidend sei jedoch, dass es grüner Strom sei.

Nach Angaben der Bundesregierung sollen die Herstellungskosten des Wasserstoffs zwar grundsätzlich durch den verbrauchenden Sektor gedeckt werden, sie schließt unterstützende Maßnahmen aber nicht aus: „Ferner kann die Wirtschaftlichkeit von grünem Wasserstoff durch Fördermaßnahmen verbessert werden.“ So sollen die Wasserstoffproduzenten „schnellstmöglich“ von der EEG-Umlage befreit werden, allerdings ohne dabei die Umlage für die Allgemeinheit anzuheben. Viele Details der Nationalen Wasserstoffstrategie seien derzeit allerdings noch ungeklärt. Die konkrete Ausgestaltung der vorgesehenen Leitstelle befinde sich beispielsweise noch in der Abstimmung. Auch die Aufteilung der Finanzmittel auf verschiedene Maßnahmen stehe noch nicht fest. Im 2. Nachtragshaushalt seien für die Umsetzung der Strategie 200 Millionen Euro Barmittel und 800 Millionen Euro Verpflichtungsermächtigungen für die kommenden Jahre eingeplant worden. (hib/FNO) Solarify dokumentiert die 28 Fragen und Antworten.

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Michael Theurer, Reinhard Houben, Dr. Marcel Klinge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP– Drucksache 19/20351 – zur Nationalen Wasserstoffstrategie

Vorbemerkung der Fragesteller

Die Bundesregierung hat am 10. Juni 2020 die ursprünglich für 2019 angekündigte Nationale Wasserstoffstrategie (NWS) beschlossen (https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Energie/die-nationale-wasserstoffstrategie.pdf?__blob=publicationFile&v=12). Vorausgegangen war nach monatelangen Verhandlungen eine Einigung im Koalitionsausschuss für ein Corona-Konjunkturpaket am 3. Juni 2020 (https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Schlaglichter/Konjunkturpaket/2020-06-03-eckpunktepapier.pdf?__blob=publicationFile&v=9). Dabei wurde u. a. das Ziel ausgegeben, dass in Deutschland bis 2030 industrielle Produktionsanlagen für Wasserstoff mit einer Gesamtleistung von bis zu 5 GW einschließlich der dafür erforderlichen Offshore-Energiegewinnung und Onshore-Energiegewinnung entstehen. Bis spätestens 2040 sollen weitere 5 GW hinzu-kommen. Als zusätzlicher Finanzbedarf für die Wasserstoffstrategie wurden dabei sieben Mrd. Euro angegeben sowie weitere zwei Mrd. Euro für außen-wirtschaftliche Partnerschaften. Die finale Wasserstoffstrategie umfasst u. a. einen Aktionsplan mit 38 Maßnahmen, die größtenteils als Prüfaufträge formuliert sind, sowie eine Governance-Struktur, nach der u. a. ein 25-köpfigerNationaler Wasserstoffrat, eine Leitstelle Wasserstoff sowie ein Innovationsbeauftragter „Grüner Wasserstoff“ eingesetzt werden sollen.

1. Für welchen Zeitraum sollen die im Konjunkturpaket des Koalitionsausschusses vom 3. Juni 2020 vorgesehenen sieben Mrd. Euro für den Markthochlauf von Wasserstofftechnologien in Deutschland sowie weitere zwei Mrd. Euro für internationale Partnerschaften bereitgestellt wer-den (bitte nach einzelnen Jahren aufschlüsseln)?

Im 2. Nachtragshaushalt wurden für die Umsetzung der Wasserstoffstrategie Barmittel in Höhe von 200 Mio. Euro für das Haushaltsjahr 2020 sowie Verpflichtungsermächtigungen von bis zu 800 Mio. Euro für künftige Haushaltsjahre ausgebracht. Insgesamt sind für die Umsetzung der Wasserstoffstrategie 7 Mrd. Euro vorgesehen, die zunächst in die EKF-Rücklage fließen. Für internationale Kooperationen im Bereich Wasserstoff wurden Barmittel in Höhe von 200 Mio. Euro für das Haushaltsjahr 2020 sowie Verpflichtungsermächtigungen von bis zu 390 Mio. Euro für das Haushaltsjahr 2021, von bis zu 700 Mio. Euro für das Haushaltsjahr 2022 und von bis zu 700 Mio. Euro für das Haushaltsjahr 2023 ausgebracht.

2. Wie hoch ist insgesamt die Summe aller Haushaltsmittel, mit der die Maßnahmen aus der Wasserstoffstrategie in den einzelnen Jahren bis 2023 hinterlegt sind?
3. Wie teilen sich diese Mittel auf bereits bestehende und neu zu schaffen-de, zusätzliche bzw. die Aufstockung bestehender Programme auf (bitte getrennt nach Ressorts auflisten)?
4. Welche konkreten Haushaltstitel sind für die Maßnahmen der Wasserstoffstrategie vorgesehen (bitte nach Einzelplänen bzw. zugeordneten Ressorts auflisten)?

Die Fragen 2 bis 4 werden gemeinsam beantwortet. Zentrale Vorhaben der mit Kabinettbeschluss vom 10. Juni 2020 vorgelegten Nationalen Wasserstoffstrategie befinden sich derzeit in der Ausarbeitungsphase, so dass noch keine Aussage zur Summe der hinterlegten Mittel, zur Verteilung auf bestehende bzw. neue Maßnahmen und zu den konkreten Haushaltstiteln möglich ist.

5. Nach welchen Kriterien wurde der Nationale Wasserstoffrat besetzt?

Bei der Auswahlentscheidung waren zahlreiche Aspekte zu berücksichtigen, so vor allem die fachspezifische Kompetenz, insbesondere entlang der gesamten Wertschöpfungskette über Erzeugung, Infrastruktur/Transport sowie Verwendung in den einzelnen Wirtschaftssektoren. Zudem waren Gleichstellungsaspekte nach dem Bundesgremienbesetzungsgesetz zu berücksichtigen.

6. Wie möchte die Bundesregierung sicherstellen, dass auch die Interessen kleiner und mittelständischer Unternehmen und Start-ups im Nationalen Wasserstoffrat berücksichtigt werden?

Die Mitglieder des Nationalen Wasserstoffrates wurden in das Gremium berufen, um die Bundesregierung unabhängig bei der Umsetzung und Fortentwicklung der Nationalen Wasserstoffstrategie zu beraten. Darunter finden sich auch Vertreterinnen und Vertreter der mittelständischen Industrie. Die Bundesregierung ist davon überzeugt, dass sich die Mitglieder des Nationalen Wasserstoffrates der Bedeutung der mittelständisch geprägten Wirtschaftsstruktur in Deutschland sowie der innovativen Kraft von Start-Ups bewusst sind. Zudem stehen über den Rat hinaus Möglichkeiten zur Mitwirkung an der aktiven Gestaltung der Umsetzung und Fortentwicklung der Nationalen Wasserstoffstrategie zur Verfügung, etwa im Rahmen der vorgesehenen Branchendialoge.

7. Wo soll die Leitstelle Wasserstoff angesiedelt werden, wie viele Planstellen mit welcher Besoldungsstufe sind dafür vorgesehen, und sollen diese Stellen zusätzlich geschaffen oder durch Umwidmung bestehender Stellen besetzt werden?

Die konkrete Ausgestaltung und Leitung der in der Nationalen Wasserstoffstrategie vorgesehenen Leitstelle befindet sich innerhalb der Bundesregierung der-zeit noch in der Diskussion und Abstimmung.

8. Soll für den Innovationsbeauftragten „Grüner Wasserstoff“ eine oder mehrere zusätzliche Stelle im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geschaffen werden, und wenn ja, nach welcher Besoldungsgruppe?

Für den Innovationsbeauftragten „Grüner Wasserstoff“ sollen nach derzeitigem Stand keine zusätzlichen Stellen im Bundesministerium für Bildung und Forschung geschaffen werden.

9. Welche Studien und Gutachten hat die Bundesregierung im Zusammen-hang mit der Wasserstoffstrategie bereits beauftragt bzw. beabsichtigt sie zu beauftragen (bitte getrennt nach Ressorts auflisten)?

Für die Erarbeitung der Nationalen Wasserstoffstrategie wurden keine gesonderten Studien und Gutachten in Auftrag gegeben. Inwieweit im Rahmen der Umsetzungsphase Studien und Gutachten in Auftrag gegeben werden, wird ins-besondere auch von Einschätzungen der im Rahmen der Governance-Struktur eingerichteten Gremien abhängen und ist derzeit noch nicht abschätzbar.

10. Wie erklärt die Bundesregierung, dass der Aktionsplan der Wasserstoffstrategie trotz monatelanger Verhandlungen zwischen den beteiligten Ressorts v. a. aus Prüfaufträgen besteht?

Mit Blick auf die große energie-, umwelt- und industriepolitische Bedeutung von Wasserstoff ist es der Bundesregierung wichtig, die in der Nationalen Wasserstoffstrategie niedergelegten Ziele und Maßnahmen gemeinsam mit den betroffenen Stakeholdern weiter zu konkretisieren. Dazu werden Plattformen wie der Nationale Wasserstoffrat und die Branchendialoge eingerichtet.

11. Wie teilt sich der von der Bundesregierung identifizierte Wasserstoffbedarf von 90-110 TWh in 2030 auf einzelne Nachfragesektoren auf, und auf welchen Studien und Szenarien stützt die Bundesregierung ihre Annahmen?

Der nationale Verbrauch von Wasserstoff liegt aktuell bei rund 55-60 TWh pro Jahr. Der Bedarf besteht dabei hauptsächlich für stoffliche Herstellungsverfahren im Industriesektor und verteilt sich gleichmäßig zwischen der Grundstoffchemie (Herstellung von Ammoniak, Methanol, usw.) und der Petrochemie (Herstellung konventioneller Kraftstoffe). Der Hauptteil des genutzten Wasserstoffs ist hierbei derzeit „grauer“ Wasserstoff. Bis 2030 wird auf Basis des ambitionierten Aktionsplans der Nationalen Wasserstoffstrategie ein Anstieg des Bedarfs an Wasserstoff im Industriesektor (insbesondere im Stahlsektor) und im Verkehr erwartet. Beispielsweise geht die Studie „Kosten und Transformationspfade für strombasierte Energieträger“ im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (abrufbar unter https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Studien/transformationspfade-fuer-strombasierte-energietraeger.pdf?__blob=publicationFile) in den genannten Bereichen von Potenzialen für ca. 30 TWh Wasserstoff p.a. aus. Zusätzlich könnte für den bereits bestehenden Bedarf in der Grundstoffchemie und in der Petrochemie eine zumindest teilweise Umstellung von „grauem“ auf „grünen“ Wasserstoff erfolgen. Hier wird von ca. 15 bis 20 TWh p.a. ausgegangen. Insgesamt würde durch diese Transformationsprozesse 2030 ein kumulierter Bedarf an 85 bis 90 TWh Wasserstoff in Deutschland bestehen. Hinzu kommen mögliche weitere Anwendungen wie die Brennstoffzelle im Straßenverkehr. Der in der Nationalen Wasserstoffstrategie genannte Bedarf von 90 bis 110 TWh stellt also eine Spannbreite dar, in deren Richtung sich der Wasserstoffbedarf in Deutschland unter günstigen Bedingungen für den Markthochlauf bewegen könnte. Diese Einschätzung deckt sich mit weiteren Studien zum zukünftigen Wasserstoffbedarf in 2030. So gibt die Studie „Industrialisierung der Wasserelektrolyse“ über alle Szenarien einen Bedarf von 80 bis 135 TWh in 2030 an (https://www.now-gmbh.de/content/service/3-publikationen/1-nip-wasserstoff-und-brennstoffzellentechnologie/indwede-studie_v04.1.pdf). Darin enthalten sind auch Bedarfe, die sich im Verkehrssektor durch den Einsatz von Brennstoffzellenfahrzeugen ergeben. Unabhängig davon macht sich die Bundesregierung die genannten Studien nicht zu eigen.

12. Von welchem Bruttostromverbrauch in Deutschland in 2030, 2035 und 2040 geht die Bundesregierung unter Berücksichtigung der Ziele der Wasserstoffstrategie aus?

Das Klimaschutzprogramm enthält zu der Frage, wie bis 2030 ein Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch von 65 Prozent erreicht werden soll, ein Zielmodell. Dieses Zielmodell geht von einem Bruttostromverbrauch von 580 TWh im Jahr 2030 aus. Generell hängt die Entwicklung des Stromverbrauchs von diversen Faktoren ab. Hierzu gehören unter anderem die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung sowie Entwicklungen bei der Energieeffizienz, Sektorkopplung und neuen Stromanwendungen. Die Unsicherheit über die Entwicklung dieser Faktoren wächst mit dem Betrachtungszeitraum. Dementsprechend weisen Studien und Szenarien insbesondere langfristig eine erhebliche Bandbreite für die Entwicklung des Stromverbrauchs aus. Gleichwohl ist sicherzustellen, dass die durch die Elektrolyseanlagen zur Produktion von Wasserstoff induzierte Nachfrage nach Strom im Ergebnis nicht zu einer Erhöhung der CO2-Emissionen führt.

13. Sollen die für die geplanten 5 GW Wasserstofferzeugung zusätzlich benötigten erneuerbaren Strommengen von 20 TWh in 2030 ausschließlich aus Windenergie (Offshore und Onshore) gewonnen werden, oder kommen nach Ansicht der Bundesregierung auch andere Erzeugungsarten in Frage?

Für die Herstellung von grünem Wasserstoff ist entscheidend, dass der Strom für die Elektrolyse aus erneuerbaren Energien stammt. Die Windenergie spielt hierbei eine zentrale Rolle. Darüber hinaus kommen aber auch andere Erzeugungstechnologien infrage, beispielsweise Photovoltaik.

14. Wie bewertet die Bundesregierung Wechselwirkungen der heimischen Wasserstofferzeugung mit den Energieeffizienzzielen der Bundesregierung, und plant die Bundesregierung Änderungen an der Zielarchitektur?

Die inländische Wasserstoffherstellung wird den Gesamtenergieverbrauch in Deutschland bis 2030 voraussichtlich nur im geringen Maße beeinflussen, eine Anpassung der Zielarchitektur ist daher derzeit nicht geplant. Grundsätzlich muss aber auch Wasserstoff möglichst effizient erzeugt und verwendet werden, um langfristig Zielkonflikte mit den Energieeffizienz- und Nachhaltigkeitszielen zu vermeiden und die Konkurrenzfähigkeit insbesondere von grünem Wasserstoff zu unterstützen.

15. Sollten bzw. müssen diese zusätzlichen Strommengen nach Ansicht der Bundesregierung über das EEG gefördert werden?

Die Finanzierung des Wasserstoffs und der für die Produktion des Wasserstoffs erforderlichen Strommengen sollten grundsätzlich durch den Sektor erfolgen, der den Wasserstoff verbraucht. Ferner kann die Wirtschaftlichkeit von grünem Wasserstoff durch Fördermaßnahmen verbessert werden.

16. Soll die mögliche Befreiung von der EEG-Umlage und weiteren Steuern, Abgaben und Umlagen für Elektrolyseuren nach Ansicht der Bundesregierung bereits im Zuge der anstehenden EEG-Novelle in 2020 entschieden werden?

In der am 10. Juni 2020 vom Bundeskabinett beschlossenen Nationalen Wasserstoffstrategie strebt die Bundesregierung an, die Produktion von grünem Wasserstoff von der EEG-Umlage zu befreien. Dieses wurde mit den Eckpunkten des Konjunkturpakets „Corona-Folgen bekämpfen, Wohlstand sichern, Zukunftsfähigkeit stärken“ vom Koalitionsausschuss am 3. Juni 2020 nochmals bestätigt. Dabei soll sichergestellt werden, dass dadurch die EEG-Umlage nicht steigt. Die Bundesregierung wird in einem transparenten Prozess die zu schaff-enden Voraussetzungen schnellstmöglich umsetzen. Aktuell werden die verschiedenen rechtlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten, insbesondere EU-beihilfe- und verfassungsrechtlich, geprüft.

17. Sind Power-to-Gas-Anlagen nach Ansicht der Bundesregierung als Energiespeicher und nicht als Letztverbraucher einzustufen?

Das geltende Energiewirtschaftsrecht unterscheidet nicht nach den in der Frage genannten Begriffen. Es stellt ggf. auf die Speicherung elektrischer Energie ab. Für Anlagen zur Wasserstoffelektrolyse gelten nach § 118 Absatz 6 Sätze 7 und8 Energiewirtschaftsgesetz gegenüber anderen Letztverbrauchern gesonderte Bedingungen bei den Entgelten für den Zugang zum Strom- und Gasnetz. Unabhängig davon hat die Bundesregierung im Rahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie beschlossen, kurzfristig ein Leitprojekt zur wissenschaftlichen Politikberatung aufzulegen. Das Projekt soll praktisch verwertbare Grundlagen schaffen, um den nationalen und den europäischen Rechtsrahmen so weiterzuentwickeln, dass der großskalige Roll-out von Anwendungen zu Erzeugung, Speicherung, Transport und Nutzung von Wasserstoff sowie die Umsetzung entsprechender Geschäftsmodelle wirtschaftlich möglich sind.

18. Sieht die Bundesregierung ihre aktuellen Gesetzentwürfe zum Gebäudeenergiegesetz und zur Änderung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (als Teil des Kohleausstiegsgesetzes) im Einklang mit den Zielen der Wasserstoffstrategie, und plant die Bundesregierung die Anrechenbarkeit von klimaneutralem Wasserstoff und seinen Folgeprodukten auch im Wärme- bzw. Gebäudebereich?

Das am 18. Juni 2020 vom Deutschen Bundestag 2020 beschlossene Gebäudeenergiegesetz steht im Einklang mit den Zielen der Wasserstoffstrategie der Bundesregierung. Der Gesetzesbeschluss sieht vor, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat bis zum Jahr 2023 prüfen werden, auf welche Weise und in welchem Umfang synthetisch erzeugte Energieträger in flüssiger oder gasförmiger Form bei der Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen an Neubau und Sanierung Berücksichtigung finden können.
Der Gesetzesentwurf zur Novelle des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (KWKG), der im Rahmen des Kohleverstromungsbeendigungs-Gesetzes sowie als Gesetzespaket zusammen mit dem Strukturstärkungsgesetz am 3. Juli 2020 im Bundestag beschlossen wurde, steht im Einklang mit den Zielen der Nationalen Wasserstoffstrategie. Das KWKG fördert demnach weiterhin KWK-Anlagen unter anderem auf Basis gasförmiger Brennstoffe (vgl. § 1 KWKG).Somit ist die Nutzung von Wasserstoff und seinen Folgeprodukten in KWK-Anlagen förderberechtigt. Die Förderung ist dabei diskriminierungsfrei gegen-über allen anderen zugelassenen Brennstoffen sowie neutral im Hinblick auf die Anlagentechnologie gestaltet, so dass wasserstoffbetriebene KWK-Anlagen den gleichen Fördersatz wie erdgasbetriebene oder mit Biomasse befeuerte KWK-Anlagen sowie Brennstoffzellen-KWK-Anlagen erhalten. Die Förderhöhe unterscheidet sich nach Anlagengröße und wird teils über feste Fördersätze, teils über Zuschläge in Ausschreibungen vergütet.
Im Beschluss des Koalitionsausschusses zum Konjunkturpaket vom 3. Juni2020 sowie im Rahmen der Wasserstoffstrategie vom 10. Juni 2020 wurde der Prüfauftrag erteilt, ob die H2-Readiness von KWK-Anlagen als Förderbedingung angelegt werden könnte. Diese Prüfung kann in die für 2022 anstehende allgemeine Evaluierung des KWKG gemäß § 34 KWKG aufgenommen werden.

19. Wie hoch ist der Wasserbedarf für die in Deutschland geplanten Elektrolyseanlagen nach Schätzungen der Bundesregierung, und worauf basieren diese Annahmen?

Eigene Berechnungen liegen der Bundesregierung nicht vor. Nach Angaben der Verbände der Wasserwirtschaft kann man, ausgehend von rund 70 TWh, von einer benötigten Wassermenge von ungefähr 19 Mio. m³/a für Deutschland für die Wasserstoffherstellung ausgehen. Für 14 TWh werden rund 3,8 Mio. m³/a angenommen. Dies entspricht einem Wasserbedarf einer Stadt mit 80.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Der künftige Wasserbedarf ist bei der Ansiedlung neuer Gewerbe- und Industrieansiedlungen zu beachten, um regionale Engpässe bei der Gewährleistung der Versorgung zu vermeiden.

20. Wie schätzt die Bundesregierung die Bedeutung von Technologien zur Meerwasserentsalzung für den Erfolg einer internationalen Wasserstoff-wirtschaft ein, und warum kommen diese nicht in der Wasserstoffstrategie vor?

Der Aufbau einer Meerwasserentsalzungsinfrastruktur entlang der Küsten unter Nutzung erneuerbarer Energien insbesondere aus Offshore-Windparks ist prinzipiell nicht unkritisch, da die großtechnische Meerwasserentsalzung – je nach konkreter Umsetzung – auch mit Umweltbelastungen, insbesondere im Zusammenhang mit der Entsorgung der hochkonzentrierten und mit chemischen Stoffen belasteten Salzlaken sowie einem hohen Energieverbrauch, verbunden sein kann. Die Bundesregierung wird mit der Meerwasserentsalzung verbundene Fragestellungen bei der Umsetzung des Aktionsplans der Nationalen Wasserstoffstrategie etwa im Hinblick auf den Aufbau globaler Lieferketten adressieren.

21. Wie bewertet die Bundesregierung die Ökobilanz, insbesondere die Treibhausgasbilanz, von grünem Wasserstoff im Vergleich zu grauem, blauem und türkisem Wasserstoff, und auf welche Studien und Annahmen stützt sie sich dabei?

Grüner Wasserstoff aus erneuerbaren Energien ist per Definition stets CO2-frei. Blauer Wasserstoff gilt als CO2-neutral, sofern CO2 abgespalten, sicher transportiert und gelagert werden kann. Ähnliches gilt für „türkisfarbenen“ Wasserstoff, bei dessen Erzeugung grundsätzlich als Nebenprodukt nur fester Kohlenstoff anfällt. Hier wird die CO2-Neutralität insbesondere durch die Bereitstellungsart der benötigten hohen Prozesswärme und die dauerhafte Bindung des Kohlenstoffs bedingt. Die Produktion von „grauem“ Wasserstoff ist dagegen mit CO2-Emissionen verbunden. Die exakte Ökobilanz der verschiedenen Erzeugungsarten wird derzeit noch untersucht und sollte die Grundlage für ein transparentes Zertifizierungssystem sein, das auf EU-Ebene angestrebt wird (Maßnahme 30 der Nationalen Wasserstoffstrategie).

22. Wird die Bundesregierung für den Hochlauf einer Wasserstoffwirtschaft auch die Erzeugung und den Einsatz von blauem und türkisem Wasser-stoff in Deutschland unterstützen und die entsprechenden regulatorischen Rahmenbedingungen, etwa für den grenzüberschreitenden CO2-Trans?port, schaffen, und wenn nein, warum nicht?

Eine finanzielle Förderung der industriellen Erzeugung von blauem und türkisem Wasserstoff ist nach der Nationalen Wasserstoffstrategie nicht vorgesehen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die regulatorischen Rahmenbedingungen für grenzüberschreitenden CO2-Transport auf europäischer und internationaler Ebene geschaffen werden müssen.

23. Wie bewertet die Bundesregierung die Rolle bzw. das Potential von sog. pinkem Wasserstoff, der mit Strom aus Kernenergie gewonnen wird, für eine künftige internationale Wasserstoffwirtschaft?

Die Verwendung von Strom, der aus Kernenergie gewonnen wurde, für die Gewinnung von Wasserstoff ist für die Bundesregierung grundsätzlich keine Option. Mit Blick auf die europäischen Stromverbundnetze ist jedoch nicht vollständig auszuschließen, dass derartiger Strom aus dem Ausland in die inländische Produktion von Wasserstoff einfließt.

24. Welche konkreten Maßnahmen zur Stärkung der Wasserstoffwirtschaft plant die Bundesregierung im Zuge ihrer EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte 2020?

Im Rahmen der deutschen Ratspräsidentschaft wird die Bundesregierung die Diskussion zu Wasserstoff, die in vielen Mitgliedstaaten geführt wird, mit dem Ziel eines liquiden Binnenmarkts, der guten Vernetzung – etwa im Bereich von Bildung, Forschung und Innovation – und eines förderlichen Regelwerks weiter voranbringen. Die Bundesregierung erwartet am 8. Juli 2020 die Vorlage eines Vorschlags für eine EU-Wasserstoffstrategie durch die Europäische Kommission, zusammen mit der Ankündigung der „Clean Hydrogen Alliance“. Diskutiert werden sollen Weichenstellungen für den Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft, wie sie auch in der Nationalen Wasserstoffstrategie vorgesehen sind. Die Bundesregierung beabsichtigt insbesondere Diskussionen zum notwendigen Marktdesign zu führen mit dem Ziel, zur Entwicklung der entsprechenden Märkte und Infrastrukturen in der EU beizutragen. Bei der Weiterentwicklung des Europäischen Forschungsraums plant die Bundesregierung Initiativen zum grünen Wasserstoff auf den Weg bringen. Der EU-Energiediplomatie-Aktionsplan soll aktualisiert werden, um z. B. neue Partner für grüne Energieimporte zu gewinnen.

25. Wird sich die Bundesregierung im Rahmen ihrer Ratspräsidentschaft und darüber hinaus für eine Ausweitung des europäischen Emissionshandelssystems auf weitere Sektoren und auf weitere Regionen bzw. Staaten einsetzen?

Die Bundesregierung plant mit den Mitgliedstaaten europäische Handlungsansätze zur Erreichung der europäischen Klimaziele zu diskutieren. Hierzu gehört auch der Austausch über Optionen zur Ausweitung der CO2-Bepreisung auf al-le Sektoren und die Einführung einer moderaten CO2-Mindestbepreisung im Rahmen des europäischen Emissionshandelssystems. Soweit der Rahmen dies zulässt, können dabei auch Kooperationen mit Drittstaaten Gegenstand der Beratung sein.

26. Warum ist eine Reform der CO2-Flottengrenzwerte für die Anrechenbarkeit von Wasserstofffolgeprodukten wie synthetischem Benzin oder Diesel nicht Teil der Nationalen Wasserstoffstrategie?

Die CO2-Flottengrenzwerte werden auf europäischer Ebene festgelegt. Es wird zudem auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 18 und 19 der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Oliver Luksic, Frank Sitta, Torsten Herbst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP „Auswirkung der EU-CO2-Flottengrenzwerte auf die deutsche Automobil- und Zulieferindustrie“ auf Bundestagsdrucksache 19/10853 verwiesen.

27. Warum ist eine Reform der Kfz-Steuer für die Anrechenbarkeit von Wasserstofffolgeprodukten wie synthetischem Benzin oder Diesel nicht Teil der Nationalen Wasserstoffstrategie?

Die Kraftfahrzeugsteuer für Pkw mit Verbrennungsmotor ist seit 2009 technologieneutral nach Kohlendioxid und Hubraum bemessen. Die Art des Motors und des Kraftstoffs wirkt sich nur über den Einfluss auf die verkehrsrechtlichen CO2-Prüfwerte aus. Für Pkw mit Selbstzündungsmotor geht in die Kraftfahrzeugsteuer lediglich noch ein pauschalierter Ausgleich für den energiesteuerlichen Vorteil beim Dieselkraftstoff ein. Lokal emissionsfreie reine Elektrofahrzeuge, die meist batterieelektrisch oder mit Wasserstoff-Brennstoffzellen betrieben sind, werden gesondert behandelt. Zurzeit gilt ab der erstmaligen Zulassung eine zehnjährige Steuerbefreiung. Im Regierungsentwurf eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes ist vorgesehen, die Gewährung dieser Vergünstigung bis Ende 2025 zu verlängern. Sie soll längstens bis zum 31. Dezember 2030 dauern.

28. Warum hat sich die Bundesregierung für die Prüfung einer Power-to-Liquid-Quote lediglich für Flugkraftstoffe entschieden, und wie bewertet die Bundesregierung eine PtX/PtL-Quote bzw. Grüngasquote für andere Anwendungsbereiche, z. B. eine bilanzielle Beimischungsverpflichtung für das Erdgasnetz?

Da Kapazitäten zur Erzeugung erneuerbarer Energien generell ein begrenztes Gut darstellen und die Produktion von Wasserstoff und seiner Folgeprodukte erhebliche Effizienzverluste mit sich bringen, ist es geboten, Wasserstoff prioritär dort einzusetzen, wo energieeffizientere Lösungen, wie z. B. der direkte Einsatz von Strom, nicht möglich oder ökonomisch nicht sinnvoll sind. Dazu gehören z. B. Teile der Industrie und insbesondere der Luft- und Seeverkehr. Auch Anwendungen im Straßenverkehr (Schwerlasttransport, Nutzfahrzeuge, usw.) sind ein wichtiges Ziel.
Als Anstoß für die Nutzung von erneuerbaren Energien im Verkehr bereitet die Bundesregierung derzeit die ambitionierte nationale Umsetzung der novellierten Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) vor. Mit der Umsetzung der RED II werden auch flüssige strombasierte Kraftstoffe auf die Verpflichtung von Inverkehrbringern von Otto- und Dieselkraftstoffen anrechenbar und somit gefördert. Gegenstand der Diskussionen innerhalb der Bundesregierung ist auch, ob neben der Anrechenbarkeit im Rahmen der RED II für bestimmte Teilsektoren des Verkehrs zusätzliche Verpflichtungen und Förderinstrumente sinnvoll er-scheinen.
Der Luftverkehr ist anders als der landgebundene Verkehr nur in sehr geringem Umfang direkt elektrifizierbar und mittel- bis langfristig auf eine Versorgung mit flüssigen Flugkraftstoffen angewiesen. Zur Dekarbonisierung der fossilen Flugkraftstoffe kann der Einsatz von PtL auf Basis erneuerbarer Energien einen entscheidenden Beitrag leisten.
Für die Energieversorgung zur Erzeugung von Strom und Wärme, zu der auch das Gasnetz dient, stehen überwiegend effizientere und bereits angewandte Lösungen zur Verfügung. Eine Beimischungsquote, tatsächlich oder bilanziell, für grünes Gas im Erdgasnetz befürwortet die Bundesregierung daher derzeit nicht.

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