EEG-Novelle verabschiedet: Bundestag kippt Hürden für Solarenergie

Last-Minute-Nachbesserungen

„Deutschland, Land der aufgehenden Sonne?“ titelte Martin Polansky vom ARD-Hauptstadtstudio auf tagesschau.de seinen Bericht über die Verabschiedung der EEG-Novelle: Am 17.12.2020 hat der Bundestag die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes beschlossen. „In den Nachverhandlungen der vergangenen Tage haben sich Union und SPD noch auf einige Verbesserungen gegenüber dem völlig unzureichenden Gesetzesentwurf von Bundeswirtschaftsminister Altmaier geeinigt“, schrieb das Umweltinstitut München.

PV-Dach in Bonn – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Und in der Tat: „Die Neufassung sieht für 2021 insbesondere den Ausbau von Solarstrom vor“ (Polansky): „2020 könnte in Sachen Ökostrom einen neuen Rekord markieren. 46 Prozent des hiesigen Stromverbrauchs dürften laut Prognosen aus erneuerbaren Energien kommen. So viel wie nie zuvor. Und das neue EEG setzt eine weitere Zielmarke: Bis 2030 soll der Ökostromanteil auf mindestens 65 Prozent steigen“.

Altmaier: „EEG 2021 sendet klares Zukunftssignal für mehr Klimaschutz und mehr erneuerbare Energien“ Bundeswirtschaftsminister Altmaier: „Mit der EEG-Novelle 2021 setzen wir ein klares Zukunftssignal für mehr Klimaschutz und mehr Erneuerbare Energien. Erstmals verankern wir gesetzlich das Ziel der Treibhausgasneutralität noch vor dem Jahr 2050 in der Stromversorgung in Deutschland. Zugleich legen wir die notwendigen Schritte fest, um das Ziel von 65 Prozent Erneuerbare Energien bis 2030 zu erreichen. Dazu führen wir ein ganzes Bündel an Einzelmaßnahmen ein – von einer erleichterten Eigenversorgung bis hin zur finanziellen Beteiligung der Kommunen bei Ausbau der Windenergie an Land. Schon der Umfang der Novelle zeigt: Das ist ein großer und zentraler Schritt für die Energiewende.“ Das neue EEG soll zum 01.01.2021 in Kraft treten und die Rahmenbedingungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien neu regeln. Es legt fest, in welcher Geschwindigkeit die einzelnen Technologien wie Wind und Photovoltaik in den nächsten Jahren ausgebaut werden, damit das 65 Prozent-Ziel 2030 erreicht werden kann. Jährlich wird in einem stringenten Monitoringprozess überprüft, ob die Erneuerbaren Energien tatsächlich in dieser gewünschten Geschwindigkeit ausgebaut werden. Das neue EEG 2021 schafft zudem die Instrumente, um jederzeit kurzfristig nachsteuern zu können, wenn sich Hemmnisse abzeichnen. Zugleich werden die Förderbedingungen für die einzelnen Energien neu geregelt. Im Interesse der Akzeptanz können sich die Kommunen an Windanlagen finanziell beteiligen. Bei der Photovoltaik wird der sog. „atmende Deckel“ neu geregelt und der Mieterstrom deutlich attraktiver ausgestaltet. Die Vergütungsbedingungen für große Photovoltaik-Dachanlagen werden verbessert; sie können künftig zwischen Ausschreibungen und einer auf den Eigenverbrauch optimierten Förderung wählen. Der Eigenverbrauch bei allen Solaranlagen wird gestärkt und vereinfacht, die Anforderungen an die Digitalisierung werden weiterentwickelt. Solaranlagen, die nach 20jähriger Förderung zum Jahreswechsel aus der Förderung fallen, erhalten eine unbürokratische und einfache Lösung, damit sie weiterbetrieben werden können. Windenergieanlagen an Land, deren Förderzeitraum ausläuft, sollen sich in Ausschreibungen um eine Anschlussförderung bewerben können, die bis 2022 läuft. Dazu ist noch eine beihilferechtliche Genehmigung der EU-Kommission erforderlich.

Konzept für schrittweise Absenkung der EEG-Umlage

Wie Sandra Enkhardt auf pv magazine schreibt, „ist unter anderem vorgesehen, dass die Bundesregierung ein Konzept erarbeitet für die ’schrittweise Absenkung der EEG-Umlage mittels eines alternativen, haushaltsneutralen Finanzierungsmodells'“ – über 2022 hinaus. Auch die Ausbaupfade für Photovoltaik, Windkraft und Co. sollen demnach im ersten Quartal definiert werden.

Enkhardt: „Mit der EEG-Novelle 2021 wird es zahlreiche Änderungen geben. Erfreulich für die Photovoltaik sind dabei die Erhöhung der Bagatellgrenze für die Belastung des Eigenverbrauchs mit der EEG-Umlage auf 30 Kilowatt Leistung und 30 Megawattstunden im Jahr. Diese Neuregelung wird sowohl für bestehende als auch neue Photovoltaik-Anlagen ab dem kommenden Jahr gelten. Auch die geplante Ausweitung des Photovoltaik-Mieterstromzuschlags auf Quartierlösungen könnten diesen Markt voranbringen“.

Allerdings sei die vorgesehene Regelung für Photovoltaik-Dachanlagen ab 300 Kilowatt Leistung „weniger gut: Zwar besteht per Gesetz erst ab 750 Kilowatt Leistung eine Pflicht zur Teilnahme an den Ausschreibungen, doch praktisch müssen sich alle Anlagen ab 300 Kilowatt Leistung beteiligen, wenn sie keine Einnahmeverluste in Kauf nehmen wollen. Die neue Option für Betreiber: Wenn sie sich mit ihren Dachanlagen ab 300 Kilowatt Leistung nicht an den Ausschreibungen beteiligen, dann erhalten sie nur 50 Prozent der Vergütung, dürfen dafür aber den Solarstrom selbst verbrauchen. Die Forscher der HTW Berlin um Volker Quaschning und Johannes Weniger haben die Auswirkungen dieser Neuregelung berechnet. Für produzierende Gewerbebetriebe mit einem jährlichen Stromverbrauch von nur bei 100.000 bis 200.000 Kilowattstunden bedeute dies, sie erhalten 20 bis 40 Prozent des Solarstromertrags (siehe Grafik) nicht vergütet. Bei Photovoltaik-Anlagen in landwirtschaftlichen Betrieben sehe es noch düsterer aus, da sie meist noch geringere Eigenverbrauchsquoten erzielen, so die Berliner Forscher.“

Das Umweltinstitut freut besonders, „dass mehrere Forderungen aus unserem ’10-Punkte-Plan für eine Solaroffensive’“ umgesetzt werden! Da hat sicherlich auch das Engagement unserer Unterstützer:innen eine Rolle gespielt: Viele von Ihnen haben sich im Rahmen unserer Eil-Aktion ‚Retten wir das EEG‘ ans Telefon gehängt oder über Email und Twitter die Abgeordneten im Wirtschaftsausschuss angeschrieben.“

„Schwach“ sei dagegen, dass Union und SPD über höhere Ausbauziele für die Erneuerbaren erst 2021 entscheiden wollen. Denn es sei nichts Neues, dass „die bisher beschlossenen Ausbauziele nicht konform mit dem Pariser Klimaabkommen und dem gerade verschärften EU-Klimaziel sind“. Die Ausbaumengen seien nämlich ein „zentraler Hebel, um eine Ökostromlücke und einen Rückfall in die atomare oder fossile Energiewelt zu verhindern“.

Energiezukunft: Anpassung an neue Klimaschutzziele, Repowering und Co. – Regelungen 2022 geplant

Tilman Weber schreibt: „Die Übergangslösung für Windenergieanlagen, deren Förderdauer nach 20 Jahren Ende 2020 eigentlich abgelaufen wäre, hatte sich derweil erst Anfang der Woche abgezeichnet. Sie sieht nun vor, dass alle sogenannten Ü20-Anlagen bis Ende 2021 eine leicht erhöhte Vergütung oberhalb der Stromhandelspreise erhalten. Bis Juni 2021 beträgt dieser Zuschlag einen Cent pro Kilowattstunde (kWh) auf die derzeit häufig bei rund zwei bis drei Cent liegenden Marktpreise. Danach fällt der Zuschlag in zwei Stufen auf 0,5 und dann auf 0,25 Cent ab. Anlagen, die auf Flächen mit der Möglichkeit zum Repowering stehen – der Austausch alter gegen neue leistungsstärkere Anlagen – erhalten danach keine Sonderförderung mehr. Wo nicht repowert werden kann, sollen die Anlagenbetreiber sich an zwei Ausschreibungen noch in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres beteiligen. Während die erste Ausschreibung neue Fördertarife für den Rest des Jahres 2021 bestimmen soll, ermöglicht die zweite Ausschreibung eine Anschlussförderung mit Tarifen bis Ende 2022. Die Altanlagenregelung ist erforderlich, weil ab 2021 große Kapazitäten von über 20 Jahre alten Windenergieanlagen unmittelbar von einer Stilllegungswelle betroffen gewesen wären. Weil die Stromhandelspreise zu tief sind, würde sich der Weiterbetrieb von zunächst rund vier Gigawatt und im Jahr darauf von weiteren zwei Gigawatt nicht mehr lohnen.Das EEG 2021 fördert auch einen wieder leichten Ausbau der Kapazitäten von zuletzt kaum zum Zuge gekommenen Erneuerbarentechnologien wie Geothermie und Bioenergie. Der zusätzliche Entschließungsantrag verweist derweil auf 2022 noch zu erledigende Aufgaben wie nicht zuletzt bei der Windkraft neue genehmigungsrechtliche Repoweringregelungen sowie die Bestimmung angepasster Ausbauziele und Ausbaumengen. Diese Anpassungen sollen die neuen deutschen und die EU-Klimaziele berücksichtigen.“

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