Energiewirtschaft mit großen Minderungen

Finale Treibhausgasbilanz 2019: Emissionen sinken um 35 Prozent gegenüber 1990

2019 wurden in Deutschland insgesamt 809,8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente ausgestoßen. Das sind rund 46 Millionen Tonnen bzw. 5,4 Prozent weniger als 2018 und 35,1 Prozent weniger im Vergleich mit 1990. Dies zeigen die Ergebnisse der Berechnungen, die das Umweltbundesamt (UBA) an die Europäische Kommission übermittelt hat.

Windstrom – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Am deutlichsten seien die Emissionen im Bereich Energiewirtschaft zurückgegangen. Mit 444,3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente im Nicht-Emissionshandelsbereich (v. a. Verkehr und Gebäude) überschreite Deutschland erneut sein Budget aus der Lastenteilungsentscheidung (Effort-Sharing-Decision, ESD), heißt es in der Pressemitteilung des UBA vom 27.01.2021.

Anders als 2016, 2017 und 2018 könne Deutschland 2019 die Überschreitung nicht durch Überschüsse aus Vorjahren ausgleichen. Ob Deutschland in der Folge zum Ausgleich Emissionsberechtigungen von anderen EU-Staaten kaufen müsse, hänge von der Entwicklung im Jahr 2020 ab: Sollten die Treibhausgasemissionen im letzten Jahr in den Bereichen Verkehr und Gebäude 2020 deutlich gesunken sein, könne das Defizit von 2019 noch ausgeglichen werden. Andernfalls müsse Deutschland Emissionsberechtigungen kaufen. Die Entscheidung darüber werde voraussichtlich 2022 fallen, wenn die finalen Emissionen 2020 feststünden.

Die Energiewirtschaft habe ihre Treibhausgasemissionen 2019 deutlich reduziert, um 49,6 Millionen Tonnen oder 16,6 Prozent. Drei wesentliche Faktoren hätten zu dieser Minderung geführt:

(1) ein verringerter Einsatz von emissionsintensiven Kohlekraftwerken zugunsten von Gaskraftwerken. Hier mache sich neben niedrigen Weltmarktpreisen für Gas vor allem die erfolgreiche Reform des europäischen Emissionshandels bemerkbar, die zu höheren CO2-Preisen geführt habe. In der Folge sei der Betrieb von Gaskraftwerken wieder wirtschaftlicher gewesen.

(2) 2019 seien Steinkohlekraftwerke mit insgesamt 3,5 Gigawatt Leistung stillgelegt oder in die Netzreserve überführt worden. Die 2019 in die Sicherheitsbereitschaft übernommenen Braunkohle-Kraftwerksblöcke hätten ebenfalls zur Minderung beigetragen.

(3) Weiterhin sei 2019 der Beitrag der erneuerbaren Energien an der Stromproduktion deutlich gestiegen. Grund dafür sei allerdings nicht in erster Linie der Bau neuer Anlagen, sondern ein besonders wind- und sonnenreiches Wetter.

Demgegenüber seien die Emissionen der Haushalte und des Sektors Gewerbe, Handel und Dienstleistungen um sieben Millionen Tonnen CO2-Äquivalente bzw. 9,4 Prozent gestiegen. Diese Steigerung sei insbesondere durch einen gestiegenen Heizölabsatz in Folge niedriger Heizölpreise bedingt.

Nach dem deutlichen Rückgang 2018 seien auch die Treibhausgasemissionen des Verkehrssektors 2019 wieder leicht gestiegen. Mit 165,5 Mio. t CO2-Äquivalenten lägen sie um knapp ein Prozent über dem Vorjahreswert und damit auch wieder oberhalb des Wertes von 1990. Getrieben werde diese Entwicklung weiterhin durch den Straßenverkehr. Durch höheren Fahrzeugbestand sowie Zuwächse der Verkehrsleistung seien Kraftstoffabsatz und damit die Emissionen gegenüber dem Vorjahr (um 1,2 Prozent gegenüber 2018) gestiegen. Effizienzverbesserungen neuer Kraftfahrzeuge hätten den Anstieg der Emissionen des Verkehrs damit nur dämpfen können, nicht aber verhindern, heißt es weiter.

Durch das Ende des Steinkohlebergbaus 2018 seien die sogenannten „diffusen“ Treibhausgasemissionen gesunken, z. B. durch die Freisetzung von Grubengas, um 1,4 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente oder 16,4 Prozent.

Leichte Rückgänge hätten auch im Bereich der industriellen Prozesse erreicht werden können. Hier seien die Emissionen um drei Prozent bzw. 1,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente gesunken, vor allem durch verminderte Emissionen, insbesondere in der Stahlindustrie.

In der Landwirtschaft seien die Treibhausgasemissionen ebenfalls leicht um 0,65 Millionen Tonnen auf 61,8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente gesunken. Hier setze sich der Trend der vergangenen Jahre fort. Weiterhin sei weniger Mineraldünger eingesetzt worden und die Tierbestände hätten abgenommen.

Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes: „Diese Trends verdeutlichen, was in den kommenden Jahren gelingen muss: Ein rascher Ausbau der erneuerbaren Energien ist notwendig, und in den Sektoren Verkehr, Gebäude, Industrie und Landwirtschaft müssen endlich Durchbrüche zum Klimaschutz gelingen. Nur so können wir unsere ambitionierteren Klimaziele erreichen.“

Emissionen nach Treibhausgasen

Mit fast 88 Prozent dominiere auch 2019 Kohlendioxid (CO2) die Treibhausgasemissionen – größtenteils aus der Verbrennung fossiler Energieträger. Die übrigen Emissionen verteilten sich auf Methan (CH4) mit sechs Prozent und Lachgas (N2O) mit 4,3 Prozent, dominiert durch den Bereich der Landwirtschaft. Gegenüber 1990 seien die Emissionen von Kohlendioxid um 32,4 Prozent, Methan um 58,2 Prozent und Lachgas um 45,9 Prozent gesunken.

Fluorierte Treibhausgase (F-Gase) verursachten insgesamt nur etwa 1,7 Prozent der Treibhausgasemissionen, hätten aber zum Teil sehr hohes Treibhauspotenzial. Seit 1995 seien die fluorierten Treibhausgasemissionen um 18,2 % gesunken. Die Entwicklung der F-Gas-Gruppen verlaufe weniger einheitlich: In Abhängigkeit von der Einführung neuer Technologien, sowie der Verwendung dieser Stoffe als Substitute, seien die SF6- bzw. FKW-Emissionen seit 1995 deutlich gesunken, wohingegen die H-FKW-Emissionen seitdem erheblich angestiegen seien. Die Emissionen des fluorierten Gases Stickstofftrifluorid (NF3) seien auf niedrigem Niveau seit 1995 angestiegen.

Hintergrund: Lastenteilungsentscheidung (Effort-Sharing-Decision, ESD)
Mit den Rechtsvorschriften zur Lastenteilung wurden für die EU-Mitgliedstaaten verbindliche Jahresziele für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen in den Zeiträumen 2013-2020 und 2021-2030 festgelegt. Diese Ziele betreffen Emissionen aus den meisten Sektoren, die nicht unter das EU-Emissionshandelssystem fallen, so die Sektoren Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Abfall, aber auch Teile des Industriesektors. Die genaue Berechnung der für die ESD relevanten Emissionen und damit auch der etwaig nötigen Zukäufe von Zertifikaten erfolgt durch die EU-Kommission. Neben Gutschriften aus Vorjahren und einem Zukauf von Zertifikaten kann eine Überschreitung auch mit möglichen Einsparungen im Jahr 2020 verrechnet werden.

->Quelle und weitere Informationen:

  • umweltbundesamt.de/finale-treibhausgasbilanz-2019-emissionen-sinken
  • Die Änderungen gegenüber der veröffentlichten ersten Schätzung der THG-Emissionen für 2019 (siehe Pressemitteilung 11/2020 vom 16.03.2020) gehen auf Aktualisierungen der damals nur vorläufigen statistischen Informationen zurück.
  • Die offizielle Schätzung für die Emissionen 2020 wird das UBA gemäß Klimaschutzgesetz Mitte März 2021 vorstellen.