RWE: Wachsende Marktmacht – fast marktbeherrschend

Monitoringbericht 2020 von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt

PV und Wind – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Der am 27.01.2021 veröffentlichte Monitoringbericht von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt konstatiert wachsende Marktmacht von RWE bei der Stromerzeugung. Im Endkundenmarkt herrsche Wettbewerb, doch die Verbraucher seien wenig wechselwillig; der Marktanteil der fünf größten Stromerzeuger sei demnach gesunken, jedoch hätten sich die Anteile innerhalb der Gruppe verschoben, stellt energiezukunft fest.

Größter Energieerzeuger ist dem Bericht folgend weiterhin mit großem Abstand RWE. „Diese Tatsache allein lässt aber noch nicht auf eine marktbeherrschende Stellung schließen. Vielmehr betrachtet das Kartellamt die Zeiten, in denen ein Unternehmen unverzichtbar für die Deckung der Nachfrage ist. Erst wenn dieser Parameter eine bestimmte Schwelle überschreitet, wäre eine marktbeherrschende Stellung gegeben.“ (energiezukunft)

Jochen Homann (re.), Präsident der Bundesnetzagentur: „Es gibt weitere Fortschritte beim Umstieg von konventioneller auf erneuerbare Stromerzeugung. Bis 2023 werden mindestens 9 GW zusätzliche Kohlekapazitäten stillgelegt oder umgerüstet“. Und Andreas Mundt (li.), Präsident des Bundeskartellamtes: „Während die Endkundenmärkte von lebhaftem Wettbewerb geprägt sind und den Verbraucherinnen und Verbrauchern zahlreiche Anbieter zur Auswahl stehen, könnten sich die Marktmachttendenzen bei der Stromerzeugung weiter verstärken.“

Rückgang der konventionellen (Kohle-)Stromerzeugung

Die Kohlestromversorgung hat sich auch 2019 weiter reduziert. Die Erzeugung in Kohlekraftwerken ist gegenüber dem Jahr 2018 um 59 TWh gesunken (27 Prozent). Die konventionelle Erzeugung insgesamt ging wie schon in den Vorjahren um 13 Prozent zurück.

Bis Ende 2023 wird sich die am Markt befindliche Kohlekapazität auf Basis des Gesetzes zur Reduzierung und zur Beendigung der Kohleverstromung (KVBG) zusätzlich um voraussichtlich 9 GW oder mehr reduzieren. Als Ergebnis des ersten Ausschreibungsverfahrens haben Kohleanlagen mit einer Leistung von knapp 5 GW ihre Kohlestromvermarktung bereits zum Jahreswechsel eingestellt. Die Betreiber können in diesen Anlagen mit anderen Brennstoffen erzeugten Strom weiterhin vermarkten oder die Anlagen stilllegen.

Neben diesen Anlagen mit knapp 5 GW Kapazitäten mit Kohlestromvermarktungsverbot gehen bis Ende 2023 mit zusätzlichen Anlagen nach dem KVBG (mindestens 4 GW), den verbliebenen Kernkraftwerken (rund 8 GW) und den Braunkohlekraftwerken in der Sicherheitsbereitschaft (über 2 GW) mindestens weitere 14 GW aus dem Markt oder werden teilweise durch andere Energieträger ersetzt. Für denselben Zeitraum wurden der Bundesnetzagentur Inbetriebnahmen (im Probebetrieb oder im Bau befindliche Anlagen) mit insgesamt ca. 2 GW gemeldet.

Marktstruktur bei der Stromerzeugung

Bei insgesamt rückläufigen Marktanteilen der größten fünf Stromerzeuger haben sich die relativen Gewichte in dieser Gruppe verschoben. Marktführer ist weiterhin RWE mit weitem Abstand vor den anderen Unternehmen. Zusätzlich zu den im Monitoringbericht ermittelten Marktanteilen bei der Stromerzeugung bedarf es indes weitergehender Analysen, um die Marktpositionen der großen Stromerzeuger zu bewerten. Insbesondere ist der Tatsache Rechnung zu tragen, dass zu jedem Zeitpunkt die nachgefragte und die erzeugte Strommenge übereinstimmen müssen und Speichermöglichkeiten nur sehr begrenzt verfügbar sind.

Andreas Mundt: „Bereits in dem Fusionskontrollverfahren RWE/E.ON haben wir festgestellt, dass RWE in einer nicht unerheblichen Anzahl von Stunden im Jahr unverzichtbar für die Deckung der Stromnachfrage war. Der Ende 2020 veröffentlichte Marktmachtbericht des Bundeskartellamtes hat diese Analyse erneut bestätigt. Die weitere Entwicklung auf dem Stromerzeugungsmarkt ist entscheidend von der Energiewende geprägt. Durch den fortschreitenden Rückgang an Erzeugungskapazitäten und die damit einhergehende Marktverknappung könnte RWE perspektivisch die Schwelle zur Marktbeherrschung überschreiten.“

Entwicklung bei erneuerbaren Energieträgern

Die Stromerzeugung auf Basis erneuerbarer Energieträger ist in 2019 wieder etwas stärker gestiegen als im vergleichsweise schwachen Jahr 2018, dabei stieg der Anteil von Strom aus Erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch auf 42 Prozent. Bei der installierten Erzeugungsleistung war der Zubau bei den erneuerbaren Energieträgern in 2019 mit dem Vorjahr vergleichbar. Trotz eines deutlichen Anstiegs des Volumens der Abregelung von erneuerbaren Anlagen aufgrund von Netzengpässen im Vergleich zum Vorjahr, konnten im Jahr 2019 weiterhin rund 97 Prozent des erneuerbaren Stroms zum Letztverbraucher transportiert werden. Die Einspeisereduzierungen und -erhöhungen von konventionellen Kraftwerken sind 2019 leicht gesunken. Die Gesamtkosten für Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Systemsicherheit sanken von 1,48 Mrd. Euro in 2018 auf 1,28 Mrd. Euro in 2019.

Strom- und Gasgroßhandel

An den Strom- und Gasgroßhandelsmärkten haben sich Handelsvolumen und Liquidität im Jahr 2019 gegenüber dem Vorjahr deutlich erhöht. Eine solche Entwicklung wirkt sich im Allgemeinen positiv auf den Wettbewerb aus, da dies die Markteintrittsmöglichkeiten für neue Anbieter verbessert und den Marktteilnehmern Möglichkeiten eröffnet, ihre Auswahl an Handelspartnern und -produkten sowie Handelsformen und -verfahren zu diversifizieren. Zudem sind im Jahr 2019 die Strom- und die Gasgroßhandelspreise gesunken.

Endkundenmärkte – Haushaltsstrompreis 32,05 ct/kWh

Auf den jeweiligen Endkundenmärkten ist – wie auch in den vergangenen Jahren – derzeit kein Anbieter marktbeherrschend. Die kumulierten Marktanteile der vier absatzstärksten Strom- und Gaslieferanten bei der Belieferung von leistungsgemessenen und Standardlastkunden lagen erneut deutlich unter den gesetzlichen Vermutungsschwellen.

Obwohl die Haushaltskunden in Deutschland mittlerweile zwischen über hundert Energielieferanten wählen können, ist die Anzahl von Haushaltskunden, die ihren Lieferanten gewechselt haben, leicht gesunken. Zudem befinden sich weiterhin 26 Prozent der Strom- und 17 Prozent der Gaskunden in der Grundversorgung. „Der Wechsel des Lieferanten ist fast immer mit einer Ersparnis verbunden, dementsprechend ist der Anteil der teuren Grundversorgungsverträge immer noch zu hoch. In Zeiten von Homeoffice möchten wir verstärkt an die Verbraucher appellieren, sich über den Vertragsstatus und die aktuellen Preise ihrer derzeitigen Strom- und Gaslieferanten zu informieren und diese mit denen anderer Lieferanten zu vergleichen. Der Monitoringbericht 2020 zeigt, dass die jährlichen Einsparpotentiale für Haushaltskunden im dreistelligen Eurobereich liegen können“, sagt Jochen Homann.

Für einen typischen Haushaltskunden lag der durchschnittliche Strompreis zum Stichtag 1. April 2020 bei 32,05 ct/kWh. Damit ist eine Steigerung um 1,2 ct/kWh zum Vorjahr zu verzeichnen. Mit der Senkung der EEG-Umlage ab Januar 2021 auf 6,5 ct/kWh ist ein Schritt unternommen worden, um den Strompreis zu stabilisieren. Bei den Nicht-Haushaltskunden (Gewerbe- und Industriekunden) sind die Strompreise für das Jahr 2020 ebenfalls gestiegen. Der Gaspreis, der für Haushaltskunden in 2020 konstant blieb und für Gewerbe- und Industriekunden sogar gesunken ist, wird in 2021 aufgrund der CO2-Abgabe voraussichtlich leicht steigen.

Ein breites Bündnis von Akteuren der Energiewirtschaft kämpft gerichtlich gegen die Marktaufteilung zwischen RWE und E.ON, die 2019 grünes Licht von Bundeskartellamt und der Wettbewerbskommissarin der EU erhielt.

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