EU: „Entschädigung für Braunkohle-Aus ist Beihilfe“

Brüssel startet Überprüfung – fünf EU-Länder steigen bis 2025 aus

Die Europäische Kommission habe „Zweifel“ an der im Zuge des Braunkohleausstiegs bis 2038 geplanten Entschädigungsregelung für deutsche Energieunternehmen in Höhe von 4,35 Milliarden Euro geäußert, schreibt Frédéric Simon am 02.03.2021 auf EURACTIV. In Brüssel argwöhnt man, dass die zugesagten Summen „wahrscheinlich eine staatliche Beihilfe“ nach EU-Recht darstellen. Die wäre aber verboten. Sie habe eine eingehende Untersuchung zu den geplanten Zahlungen von 4,35 Milliarden Euro an die Kraftwerksbetreiber RWE und Leag eingeleitet, teilte die Wettbewerbsbehörde mit.

Kohlekraftwerk Schkopau – Foto © Solarify

Deutschland meldete den Ausstiegs- und Entschädigungsplan im Juni vergangenen Jahres bei der Europäischen Kommission an und erklärte, die 4,35 Milliarden seien dazu da, die entgangenen Gewinne der Energiekonzerne sowie die Folgekosten an und in den Kohlebergwerken zu decken. Doch diese Vereinbarung, die nach monatelangen, zähen Gesprächen getroffen wurde, wird nun von der Europäischen Kommission in Frage gestellt: Diese hat am 02.03.2021 einer Medienmitteilung zufolge beschlossen, eine eingehende Untersuchung einzuleiten. Dort heißt es: „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist die Kommission vorläufig der Auffassung, dass die deutsche Maßnahme zugunsten der genannten Betreiber von Braunkohlekraftwerken eine staatliche Beihilfe darstellen dürfte.” Man hege „Zweifel an der Vereinbarkeit der Maßnahme mit den EU?Beihilfevorschriften“.

EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erklärte, der finanzielle Ausgleich müsse „auf das erforderliche Mindestmaß beschränkt“ werden. Die Dänin weiter: „Die uns bisher zur Verfügung stehenden Informationen erlauben es uns aber nicht, dies mit Sicherheit zu bestätigen. Daher leiten wir dieses Prüfverfahren ein.“ Berlin hatte sich zunächst geweigert, die Details der mit RWE und LEAG hinter verschlossenen Türen ausgehandelten Entschädigungsvereinbarungen bekannt zu geben. Dabei ist die Entschädigung von 4,35 Milliarden Euro höchst umstritten. Das Öko-Institut hat beispielsweise errechnet, dass die Summe um zwei Milliarden Euro zu hoch angesetzt sein könnte. Zumal fünf weitere EU-Länder und das Ex-Mitglied Großbritannien bis 2025 aus der Kohlestromproduktion aussteigen: Frankreich (2022), Portugal (2022), die Slowakei (2023), das Vereinigte Königreich (2024), Irland und Italien (jeweils 2025).

SPIEGEL: Leag-Zuwendungen fragwürdig

Bereits im Januar 2020 berichtete der SPIEGEL aus vertraulichen Unterlagen, die eine Milliardenentschädigung zumindest für die ostdeutsche Leag infrage stellen. Die internen Planungsunterlagen des Kohlekonzerns Vattenfall – Vorbesitzer der Lausitzer Braunkohle, die jetzt der Leag gehört – zeigten, dass der Abschaltplan für die Braunkohlemeiler kaum von den Plänen des Kohleausstiegsgesetzes abweichen. Schon Vattenfall habe demnach bereits 2016 mit einem Niedergang der Braunkohle gerechnet. Die Kraftwerke und Tagebaue hätten also ohnehin geschlossen werden müssen, so legen es die Papiere nahe, doch nun wird die Abschaltung mit einem Milliardenbetrag vergoldet.

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