Osterpaket beschlossen

EE zu Land und zu Wasser werden gefördert – bis 2030 80%

Der Bundestag hat ein umfangreiches energie- und klimapolitisches „Osterpaket“ beschlossen, das insgesamt sieben Gesetze enthält und dafür sorgen soll, dass bis 2030  80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien kommen (tagesschau.de). Die Ausbauziele für Solar- und Windenergie sowohl an Land als auch auf See werden nun entsprechend angehoben. Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) sagte, das Paket sei das größte im Energiebereich der letzten Jahrzehnte. Damit würden notwendige und dringend erforderliche Veränderungen umgesetzt. Die Gesetze passierten am 08.07.2022 den Bundesrat.

Bald mehr gefördert: Photovoltaik-Dächer – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Das „Gesetz zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor“ sowie weitere Gesetze zum Ausbau der Windenergie an Land, zur Windenergie auf See und zum Bundesnaturschutzgesetz wurden ebenfalls verabschiedet. Insgesamt ergeben sich aus dem Gesetzespaket zahlreiche Änderungen für die erneuerbaren Energien, ein Großteil davon auch direkt im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Diese treten unmittelbar nach Verkündung in Kraft, während andere Regelungen erst ab Januar 2023 gelten.

Der Bundesrat hatte zahlreiche Veränderungs-Vorschläge der Gesetzesvorlage eingebracht, diesen stimmten Bundesregierung und Bundestag überwiegend nicht zu. So bleiben für die Photovoltaik wesentliche Regelungen so bestehen, wie sie bereits im Entwurf für die erste Lesung gefasst worden waren. Insbesondere die Aufteilung der Vergütung für Aufdach-Anlagen bis ein Megawatt Leistung in „Volleinspeiser“ mit höherer Vergütung und in Eigenverbrauchsanlagen, die für den ins Netz eingespeisten Teil des Ertrags deutlich geringere Vergütungen erhalten, blieb bestehen.

BEE: Osterpaket durch Herbstpaket ergänzen, um drohende Umsetzungslücke zu schließen

Simone Peter hatte in ihrer Begrüßungsrede beim BEE-Sommerfest viel Lob, aber auch reichlich Kritik. Die Streichung des Ziels einer zu 80 Prozent klimaneutralen Stromversorgung bis 2030 und zu 100 Prozent bis 2035 und die Absicht, nach Vollzug des Kohleausstiegs die Förderung der Erneuerbaren Energien zu beenden, nannte sie „ein fatales Signal“. Der BEE begrüßt zwar die Ambition der Ampel, fordert aber zügige Nachbesserungen. „Es braucht jetzt jede Kilowattstunde Erneuerbarer Energie zur Kompensation der fossilen Importe. Deswegen muss das Osterpaket durch ein Herbstpaket ergänzt werden, um die Umsetzungslücke zu schließen“, kommentiert BEE-Präsidentin Simone Peter die Beschlüsse. „Wir nehmen Bundeskanzler Olaf Scholz beim Wort, der gestern [06.07.2022] anlässlich des BEE-Sommerfestes in Berlin betonte, dass Energiepolitik eine Frage der Preise und der Sicherheit sei und Preissenkung sowie Unabhängigkeit nur mit einem massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien gehe. Dafür müssen einige Stellschrauben im Laufe der nächsten Wochen nachgezogen werden“, so Peter.

Die Branche habe dieses große Reformpaket, auf das sie Jahre warten musste und zwischenzeitlich 100.000 Jobs verloren habe, intensiv begutachtet und dazu Stellung genommen. „Das Osterpaket ist das größte Energiepaket seit Jahren. Auf den energiepolitischen Befreiungsschlag nach einer langen Zeit des Desinteresses und der Lähmung, ja gar der Rückschläge bei Produktion und Zubau haben wir lange gewartet. Wir haben deshalb früh gegenüber der Bundesregierung deutlich gemacht, dass der Ukrainekrieg eine Neubewertung der Energiesicherheit und der Ausbaugeschwindigkeit der Erneuerbaren erforderlich macht“, betonte Peter gestern in ihrer Rede auf dem BEE-Sommerfest. Eine klaffende Umsetzungslücke drohe, wenn die Instrumente zu kurz griffen.

„Das Osterpaket enthält viel Gutes, aber einige Maßnahmen springen noch zu kurz, um die ambitionierten Regierungsziele zu schaffen. Den Booster bei Wind und Solar sehen wir noch nicht. Und einige Branchen erhalten gar keine Perspektive, vor allem das Biogas. Gerade die Bioenergie hat mit Blick auf sinkende russische Gasexporte aber eine zentrale Rolle für die Energieversorgung in Deutschland.“ Bei unterzeichneten Ausschreibungen der Erneuerbaren könne man nicht noch weitere Hürden und Zwischenschritte bei Genehmigungen und Flächen einziehen.

Es brauche jetzt einfache, klare Regelungen, nicht noch mehr unklare Rechtsbegriffe oder Flächenzwischenziele. „Um den Ausbauturbo einzuschalten und alle Erneuerbaren zu entfesseln, braucht es mehr Flächen und einfache Verfahren“, so Peter. Sie erinnerte den Kanzler daran, dass er vor einiger Zeit von Tesla-Geschwindigkeit bei den Genehmigungen sprach. Damit sei die Branche sehr einverstanden. Nicht einverstanden sei sie mit der Streichung des 2030- und 2035-Ziels im EEG, das mit dem Ende der EEG-Förderung verbunden sei. „Die Bundesregierung muss ein alternatives Finanzierungskonzept vorlegen, wenn sie das Refinanzierungsinstrument EEG streicht. Mit unserer Studie ‚Klimaneutrales Stromsystem‘ haben wir gezeigt, wie sich die Marktwerte der Erneuerbaren Energien nachhaltig stabilisieren lassen, indem wir den Erneuerbaren-Mix der fluktuierenden und flexibel steuerbaren Quellen intelligent koppeln. Eine bürgernahe Versorgung mit heimischen Erneuerbaren Quellen ist möglich, sicher und günstiger als das derzeitige Energiesystem“, so Peter. Deshalb müsse die entsprechende Regierungsplattform bald eingerichtet werden.

Naturstrom: „Energie-Novellen großer Schritt hin zu erneuerbarem Versorgungssystem“

Thomas E. Banning, Vorstandsvorsitzender der NATURSTROM AG, begrüßt die Beschlüsse und sieht darin einen Meilenstein auf dem Weg zu einer vollständig regenerativen Energieversorgung. Bis zur Zielgeraden brauche es aber noch weitere große Schritte, vor allem im Strommarktdesign sowie bei der Nutzung von Ökostrom für Wärme und Verkehr. Für die Realisierung des Erneuerbaren-Ausbaus appelliert er an alle Verwaltungsebenen, nun den ambitionierten Ausbauzielen auch eine lösungsorientierte Umsetzung folgen zu lassen.

„Der heutige Tag markiert ohne Frage einen Meilenstein für die Energiewende! Die Ausbauziele für Wind- und Solaranlagen werden im EEG 2023 endlich auf ein Niveau angehoben, das im Einklang mit unseren Klimazielen steht und das uns zudem viel unabhängiger von fossilen Energieimporten macht. Es ist dabei beispielsweise sehr zu begrüßen, dass Bürgerenergie wieder gestärkt wird, dass Flächenausweisungen für Windenergie über ein neues Gesetz verpflichtend werden und dass das Naturschutzgesetz für vereinfachte Genehmigungsverfahren geändert wird. In einigen Details sehen wir zwar noch weiteren Verbesserungsbedarf, um die anstehenden Transformationen des Energiesystems in aller Konsequenz anzugehen. Dass beispielsweise das Ziel einer klimaneutralen Stromversorgung bis 2035 nicht mehr genannt wird, ist angesichts der herrschenden Krisen beim Klima und bei den fossilen Energieträgern unverständlich. Die nur mittelfristig verpflichtend greifende Flächenausweisung sowie die neuen Artenschutzregeln sind nicht ausreichend für den notwendigen Ausbau der Windenergie. Der Mieterstrom muss endlich entbürokratisiert werden, um Dächer von Mehrfamilienhäusern genauso wie Mietshaushalte für eine Vor-Ort-Solarstromnutzung zu gewinnen. Insgesamt sind die neuen und novellierten Regelungen jedoch ein großer Schritt in Richtung eines vollständig auf Erneuerbaren Energien basierenden Versorgungssystems – herzlichen Glückwunsch dazu an die Abgeordneten der Ampel-Koalition und alle Beteiligten in den Ministerien!“, kommentiert Dr. Thomas E. Banning die heute im Bundestag beschlossenen Energiegesetze.

Banning sieht die nun erfolgte Umsetzung von Oster- und Sommerpaket nicht als Abschluss, sondern als Auftakt für dringend gebotene Reformprozesse der Energiewirtschaft. „Im ersten Halbjahr 2022 haben Erneuerbare Energien die Hälfte des Stromverbrauchs in Deutschland gedeckt, in wenigen Jahren werden es drei Viertel sein. Das ist eine absolut notwendige Entwicklung, aber auch eine grundsätzliche Veränderung der Energieversorgung, die ein neues Marktdesign erfordert. Erneuerbare wurden zu lange als Randgebiet behandelt, sie müssen ins Zentrum der energiewirtschaftlichen Prozesse und Systeme rücken – und das nicht nur im Stromsektor, sondern auch im Wärme- und Verkehrsbereich. Das strombasierte Energiesystem der Zukunft braucht Raum für Flexibilität, auch dauerhaft sichere Refinanzierungsbedingungen für Erneuerbare sowie neue Vermarktungsmöglichkeiten wie Energy Sharing oder Vor-Ort-Versorgungen, damit Verbraucher:innen künftig stärker von den günstigen Gestehungskosten von Solar- und Windstrom profitieren können. Gleichzeitig müssen Wärmepumpen und Elektrofahrzeuge – hier übrigens nicht nur vierrädrige, sondern unbedingt auch Zweiräder, und sicher in beiden Fällen zunehmend auf Basis von Sharinglösungen – über Förderprogramme wie über gesetzliche Rahmenbedingungen massiv verbreitet werden, um mit dem günstigen Ökostrom fossile Rohstoffe auch in Wärme und Verkehr zu verdrängen.“

Banning konstatiert: „Nach diesem ersten Kraftakt der Ampel-Koalition, den man gerne auch mal feiern darf, können also nicht die Füße hochgelegt werden. Denn um die Energiewende zum Erfolg zu führen, muss es künftig regulatorisch mit dem gleichen Engagement wie im letzten halben Jahr weitergehen.“
Die Bundespolitik sieht Banning allerdings nicht allein verantwortlich für das Gelingen des Erneuerbaren-Ausbaus und damit der Energiewende. Die Steilvorlage der beschlossenen Gesetzespakete müsse nun in den Bundesländern und vor allem in den Behörden auf den verschiedenen Verwaltungsebenen aufgegriffen werden.

Banning appelliert: „Die Energie-Gesetzespakete wurden im Geiste großer Lösungsorientierung erarbeitet. Das war und ist angesichts der aktuellen multiplen Krisensituation auch unbedingt notwendig. Diese konstruktive Haltung muss nun flächendeckend gelebt werden. Bundesländer müssen Solar- und Windenergie-Flächen schnell und gerne auch über die Mindestvorgaben des Gesetzes hinaus ausweisen, Genehmigungsbehörden dürfen Erneuerbaren-Projekte nicht mit Verhinderungsplanung blockieren, Gerichtsverfahren müssen möglichst schnell entschieden werden. Laufzeiten von acht Jahren und mehr bis zu Projektrealisierung, denen wir gerade bei Windprojekten viel zu häufig begegnen, können wir uns als Gesellschaft einfach nicht erlauben, es geht um die Absicherung unserer Zukunft, die es ohne eine gute Energieversorgung ohne große Umweltschäden einfach nicht geben kann. Daher hoffe ich, dass der heutige Tag nicht nur ein regulatorischer Fortschritt, sondern ein Startschuss für eine grundlegende Energiewendebeschleunigung ist – gemeinsam getragen von Bund, Ländern und Kommunen, von Bürgerinnen und Bürgern genauso wie von Projektierern, Umweltverbänden, Verwaltungen und Wirtschaft. Es ist längst Zeit dafür!“

VKU: „Im Vergleich zu den Regierungsentwürfen enthalten die Parlamentsbeschlüsse wichtige Verbesserungen“

Dazu VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing: „Die heute beschlossenen Gesetze sind ein erster wichtiger Meilenstein für eine klimaneutralere und unabhängigere Energieversorgung. So zum Beispiel ist es gut, dass Solarenergie auf Dächern im EEG künftig auch dann besser vergütet werden soll, wenn ein Teil des erzeugten Stroms selbst verbraucht wird. Entscheidend ist aber: Wir können uns auch im Solarbereich nach diesen Verbesserungen nicht zurücklehnen. Wir brauchen dringend weitere Impulse für Mieterstrom und Quartiersversorgung, die nun schnell folgen müssen. Beim Wind-an-Land-Gesetz und der Reform des Bundesnaturschutzgesetzes hat der Bundestag vor allem für das Repowering von Windparks weitergehende Vereinfachungen auf den Weg gebracht, die wir begrüßen.

Bedauerlich ist allerdings, dass die KWKG-Reform weit hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt. Sie sorgt leider vor allem für praxisferne Anforderungen an neue KWK-Anlagen. Dabei sollte sie vielmehr den Weg für den Einsatz von Wasserstoff und Biomethan in KWK-Anlagen ebenen. Wir brauchen dringend Anreize für den Bau neuer KWK-Anlagen, die den Ausbau der Erneuerbaren Energien flankieren, entscheidend zur Versorgungsicherheit beitragen und die Dekarbonisierung der Wärmenetze vorantreiben.“

BUND: „Osterpaket“ wichtiger Schritt für die Energiewende – mit unverzeihlichen Bremsklötzen.

Naturverträgliche Erneuerbare in Bürgerhand und Energieeinsparung werden vernachlässigt. Das „Osterpaket“ mit insgesamt fünf Gesetzespaketen ist aus Sicht des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zwar ein wichtiger Schritt für die Energiewende. Im Detail weist er aber viele Leerstellen auf und vernachlässigt wichtige Stellschrauben.

„Die Ampel hat ihr ‚Osterpaket‘ auf den Weg gebracht, aber bei den Absendern herrscht wenig Feierstimmung: Die Gesetzespakete zeigen deutlich, dass die Koalition bei der naturverträglichen Umsetzung der Energiewende und der Dekarbonisierung des Stromsektors, nicht an einem Strang zieht“, erklärt Olaf Bandt, Vorsitzender BUND. „Vor allem die FDP ist zu oft der Bremsklotz, wenn es um ambitionierten Klimaschutz und funktionierenden Naturschutz geht.“ Insbesondere die Dekarbonisierung des Stromsektors fünf Jahre nach hinten zu schieben, ist ein echter Rückschlag im Gegensatz zu dem Entwurf im April.

Wenn die Bundesregierung die Klimaschutzziele erreichen und eine Antwort auf die vielfältigen Krisen finden will, ist der Ausbau Erneuerbarer der Schlüssel. Hier zu bremsen ist unverantwortlich. Statt die zukünftigen Leitenergie Wind an Land und Solarenergie konsequent naturverträglich auszubauen, bleiben auf Druck der Liberalen und der SPD Biomasse und die kleine Wasserkraft weiterhin förderfähig. Bandt: „Biomasse und Wasserkraft ebenso wie Wind und Sonne als ebenbürtig im überragenden öffentlichen Interesse festzuschreiben ist energiepolitischer Unsinn und eine vermeidbare Schädigung der biologischen Vielfalt.“

Beim Thema Energiesparen hat die Ampel aus Sicht des BUND versagt. „Hundert Prozent naturverträglich ist nur die Energie, die nicht gebraucht wird. Mit den schwachen Vorgaben für die Hülle neuer Gebäude stellt die Regierung einen Freifahrtschein für Energieverschwendung aus“, kritisiert der BUND-Vorsitzende. Völlig vernachlässigt wurden darüber hinaus die größten Potenziale, um den Gebäudesektor auf den Klimapfad zu bringen. Änderungen an den Vorgaben für bestehende Gebäude wurden gar nicht erst angefasst. Bandt weiter: „In Anbetracht der Klima- und Gaskrise und der explodierenden Heizkosten ist dies sowohl aus ökologischer als auch aus sozialer Sicht inakzeptabel. Hier muss die Bundesregierung nun im Klimaschutzsofortprogramm schnell nachsteuern. Ausnahmen für Nachrüstpflichten müssen noch in diesem Jahr gestrichen, Mindesteffizienzstandards für Bestandsgebäude und Vorgaben für die Optimierung von Heizungsanlagen beschlossen werden.“

Zu den weiteren Kritikpunkten des BUND gehört, dass mit dem Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG) ein verstärkter Ausbau der Offshore-Windenergie beschlossen wurde und auch an Land die Kriterien für die notwendige Ausweisung naturverträgliche Windenergiegebiete geschwächt werden. „Das Gesetz öffnet das Tor zur Industrialisierung der Meere und die Verschärfung der Konflikte mit Naturschutz. Naturschutz darf insbesondere beim Ausbau auf See nicht auf der Strecke bleiben. Meeresschutzgebiete müssen tabu für die Windparks sein.“

Positiv zu sehen ist die verbindliche Sicherung von zwei Prozent der Fläche für die Windkraft und die Aufwertung der Bürgerenenergie. Über die Anhebung der Vergütung für Teileinspeisung wurde dafür zumindest teilweise der Weg geebnet. „Die Energiewende wird nur in Bürgerhand funktionieren“, so der BUND-Vorsitzende. „Leider hat die Regierung sich im Klein-Klein verloren und wichtige rechtlichen Rahmenbedingungen für Energy Sharing entgegen dem Koalitionsvertrag erneut nicht umgesetzt.“ Dabei ist das gemeinsame Produzieren, Verbrauchen und Teilen von erneuerbarem Strom laut eine Potenzialstudie des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (ioew.de/energy_sharing_eine_potenzialanalyse) für viele Menschen attraktiv. 90 Prozent aller Haushalte könnten sich so an der naturverträglichen Energiewende beteiligen und 35 Prozent des Zubaus bis 2030 übernehmen. Auch sei das Schaffen der Rechtsgrundlage für Artenhilfsprogramme sei ein wichtiger Schritt, bedrohten Arten zu helfen. Dadurch könne die Windkraft einen deutlichen Beitrag zur Erholung von Populationen leisten und ihrem Ruf als Grünen Energie gerechter werden.

Bandt abschließend: „Das ‚Osterpaket‘ hätte für die Energiewende ein Meilenstein sein können. So ist es eine vertane Chance, nicht nur für das Erreichen der Ausbauziele, sondern auch für den Naturschutz an Land und auf See. Denn grade der dezentrale und bürgernahe Ausbau sorgt dafür, dass das Potenzial von bereits versiegelten Flächen genutzt wird und der Druck auf die schützenswerten Flächen abnehmen kann und die Energiewende beschleunigt wird.“

BWP zu GEG-Novelle und „Osterpaket“: „Anpassungen bringen erste Fortschritte, aber weitere Maßnahmen im Bereich der Gebäudemodernisierung müssen dringend folgen“

Das „Osterpaket“ beinhaltet einige wichtige Schritte auch aus Sicht der Wärmepumpentechnologie, u.a. durch die Anhebung der Effizienzanforderungen im Gebäudeenergiegesetz (GEG) und durch die Neugestaltung von § 14a im Energiewirtschaftsgesetz. Entscheidend für die Wärmewende und das Loslösen von Gasimporten ist aber, dass sich die Koalition nicht darauf ausruht. Im Herbst müssen wichtige weitere Maßnahmen für die Gebäudemodernisierung folgen, erklärt der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) e.V..

Mit der ersten von drei angekündigten Gesetzesnovellen sei im GEG hinsichtlich der Anforderungen an neu errichtete Gebäude nachgebessert worden. Eigentlich wäre die Anhebung des Neubaustandard auf den Faktor 0,55 („Effizienzhaus 55“) schon mit der Einführung des GEG vor zwei Jahren fällig gewesen.

Die Absenkung des Primärenergiefaktors für Großwärmepumpen, die in Wärmenetze einspeisen, werde zudem dazu beitragen, die Dekarbonisierung der Fernwärme voranzutreiben – diese Anpassung könne jedoch nur der Anfang sein, um Wärmepumpen in der energetischen Bilanzierung des GEG sachgerecht zu berücksichtigen. Denn der aktuelle Strommix entspreche schon längst nicht mehr dem im GEG noch veranschlagten Wert, sondern liegt, laut IINAS-Institut mittlerweile bei 1,2. Richtig sei schließlich auch die Vereinfachung bei der Anrechnung von eigenerzeugtem PV-Strom.

„So richtig diese GEG-Novelle auch ist – zur Frage, wie wir von der Abhängigkeit von russischen Gasimporten, der Verbrennung fossiler Energieträger und den hohen CO2-Emissionen im Gebäudesektor loskommen, trägt sie nur wenig bei“, so BWP-Geschäftsführer Martin Sabel. „Gaskrise und Klimawandel sorgen gerade dafür, dass viele Menschen so schnell wie möglich ihre Heizkessel gegen eine Wärmepumpe tauschen wollen. Die Heizungsindustrie und das Handwerk brauchen daher jetzt langfristige Planungssicherheit, um sich voll auf erneuerbare Wärme auszurichten. Grundlegend ist hierfür, dass die Bundesregierung ihre Ankündigung gesetzlich konkretisiert, dass ab 2024 jede neue Heizung mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Dafür muss noch in diesem Herbst direkt die nächste GEG-Novelle angegangen werden.“

De BWP-Erklärung weiter: „Zu den weiteren aktuellen Maßnahmen zählt auch die lange erwartete Neufassung des §14a EnWG. Dieser ermöglicht die netzorientierte Steuerung von sogenannten steuerbaren Verbrauchseinrichtungen, um Überlastungen im Stromnetz zu vermeiden. Neben Elektroautos oder Batteriespeichern fallen auch Wärmepumpen unter diese Anlagen. Laut der Neufassung liegt es jetzt an der Bundesnetzagentur (BNetzA), bundeseinheitliche Regelungen zu gestalten, welche die Verteilnetzbetreiber dazu verpflichten, Vereinbarungen über die netzorientierte Steuerung im Gegenzug für Netzentgeltreduzierungen abzuschließen. Ermöglicht werden soll unter anderem eine Steuerung über wirtschaftliche Anreize und entsprechende Vereinbarungen zu Netzanschlussleistungen, nachrangig auch über den Zugriff auf die einzelnen Verbrauchseinrichtungen. Hintergrund für die Kompetenzverschiebung zur BNetzA ist unter anderem ein EuGH-Urteil aus dem vergangenen Herbst, worin eine unzureichende Unabhängigkeit der BNetzA von politischen Vorgaben bemängelt wurde.

Dass in der Neufassung nun vor allem marktliche Anreize im Fokus stehen sollen, ist entscheidend. Denn momentan ist der Abschluss entsprechender Verträge für Wärmepumpennutzer*innen häufig mit übermäßigen Kosten verbunden. Insbesondere die Investition in den obligatorischen zweiten Stromzähler und der Planungsaufwand für die Integration einer PV-Anlage sorgen dann dafür, dass Wärmepumpen viel zu selten ihre volle Flexibilität ausnutzen.“

Dazu Sabel: „Das Flexibilitätspotenzial, welche Wärmepumpen zur Energiewende beisteuern können ist enorm. Leider wird diese Flexibilität viel zu selten aus der Sicht der Verbraucher*innen gedacht.  Wenn es um die Ausgestaltung der neuen Netzentgeltsystematik geht, muss darauf geachtet werden, dass Netzbetreiber einen ökonomischen Anreiz bieten, sich netzdienlich zu verhalten und den Betrieb bei Lastspitzen im Netz zu vermeiden.“ Derzeit verfügten Verteilnetzbetreiber noch unzureichend über genaue Informationen wo und in welchem Umfang Lastspitzen auftreten könnten. Ein besseres digitales Monitoring der Netze sei daher in gleichem Maß geboten. Bis zur endgültigen Ausgestaltung der bundesweiten Regelungen würden die Netzentgelte wohl weiter wie bisher reduziert werden, wenn eine netzorientierte Steuerung vereinbart worden sei und die Verbrauchseinrichtung über einen separaten Zählpunkt verfüge.

Bundesverband Solarwirtschaft: „Bundestag setzt Solarzeitalter-Meilenstein“

Als einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg ins Solarzeitalter bezeichnet der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) die vom Deutschen Bundestag am heutigen Donnerstag auf den Weg gebrachte Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2023). Die Vervielfachung der Photovoltaik-Ausbauziele sei ein unübersehbares Zeichen des Aufbruchs, zugleich aber auch eine Messlatte für die Energie- und Klimaschutzpolitik der kommenden Jahre, so der Branchenverband. Das EEG 2023 sieht vor, die solare Kraftwerkskapazität in Deutschland von heute rund 60 Gigawatt bis zum Jahr 2030 auf 215 Gigawatt zu steigern. Zur Zielerreichung muss der Anteil der Solarenergie an der heimischen Stromversorgung in den kommenden zehn Jahren von derzeit rund 10 Prozent auf nahezu 30 Prozent anwachsen.

BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig hält dies für möglich, mahnt aber zugleich: „Diese richtigen und alternativlosen Ziele sind nur erreichbar, wenn Investitionsbarrieren jetzt konsequent eingerissen werden und schnell weitere Reformpakete folgen.“ Die Interessenvertretung der Solarbranche begrüßt, dass die Ampelkoalition mit dem heute verabschiedeten energiepolitischen „Osterpaket“ auch auf konkreter regulatorischer Ebene erste Weichen in die richtige Richtung gestellt habe. So seien Auktionsvolumen für den Zeitraum ab 2023 entsprechend erhöht, die Flächenkulisse für künftige Solarparks etwas erweitert, der solare Eigenverbrauch bei großen Solardächern erleichtert und die Förderanreize für Solardächer zum Teil nachjustiert worden.

„Bei privaten Immobilienbesitzern und im Bereich großer Solarparks rechnen wir jetzt mit einem deutlichen Anziehen der Nachfrage. Einige Zahnräder im Maschinenraum der Energiewende wurden frisch geölt, wichtige Antriebsriemen fehlen jedoch weiterhin, um der Solarisierung die nötige Schubkraft zu verleihen“, so Körnig. Weitere bürokratische Hemmnisse für die dezentrale solare Direktversorgung müssten nun schnell abgebaut werden, damit beispielsweise auch Mieter künftig noch unmittelbarer von preiswerter Solarenergie profitieren können. Ebenso überfällig seien Reformen, um riesige Solarpotenziale nun auch in der Nah- und Fernwärme endlich stärker zu nutzen.

Körnig: „Mit dem heutigen Parlamentsbeschluss sind Erneuerbare Energien auch energierechtlich von „überragendem öffentlichen Interesse“. Vom Netzanschluss bis zum Steuerrecht müssen weitere Barrieren aus dem Weg geräumt und Prozesse beschleunigt werden. Je weniger Zeit Solarunternehmen für Papierkram aufbringen müssen, desto mehr Solaranlagen werden sie in den kommenden Jahren installieren können.“

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