Bayerisches Start-up will Kernfusions-Reaktoren bauen

BR: Ab 2030 Baubeginn geplant

Das Münchner Start-up „Marvel Fusion“, deutschlandweit das einzige Kernfusion erforschende Unternehmen, will ab 2030 mit dem Bau erster Kernfusions-Reaktoren beginnen. Nur: Experten bezweifeln, dass diese Form der Energiegewinnung bald klappt. Der jahrzehntelange Traum von einer unerschöpflichen, nachhaltigen und sauberen Energiequelle, der Kernfusion, könnte laut Experten viele unserer Energieprobleme lösen. Nun kam die Nachricht, dass Forscherinnen und Forschern in Kalifornien erstmals der große Coup gelungen ist: Sie haben mittels Kernfusion geschafft, dass mehr Energie freigesetzt wird, als vorher an Energie vorhanden war. Diese spezielle Forschung zu Kernfusion findet aber nicht nur in Kalifornien statt, sondern auch in Bayern, berichtete am stolz der Bayerische Rundfunk.

Heißes Plasma im Magnetfeld eines Tokamaks – Foto © Eye Steel Film from Canada – MAST Tokamak, Courtesy of MAST, CC BY 2.0

Auch in Bayern wird an der laserbasierten Kernfusion geforscht. Durch die Fusion hätte man eine saubere, CO2-freie und sichere Energiequelle, ohne langlebigen radioaktiven Abfall, betont Marvel Fusion-Sprecherin Heike Freund. Das sei „genau die Energiequelle, die wir hier am Wirtschaftsstandort Deutschland bräuchten“. In dem drei Jahre alten Unternehmen sind sechzig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt.

Andere Erhitzung: Magnetbasierte Kernfusion

Ein anderer Ansatz ist die magnetbasierte Kernfusion. Hier wird das fusionsfähige Material, in dem Fall Plasma aus Atomkernen, eingesperrt. Mit starken Magneten soll es erhitzt werden, sodass die Kerne verschmelzen. Daran forscht zum Beispiel das Max-Planck-Institut für Plasma-Physik in Garching und Greifswald (siehe: solarify.eu/871-wendelstein-7-x-feiert-fertigstellung-der-forschungsanlage). „Das ist eigentlich der Hauptpunkt – zu verstehen, wie kommt man dazu, das Plasma heiß zu machen und bei diesen hohen Temperaturen zu halten“, erklärt Plasma-Physik Bereichsleiter Professor Hartmut Zohm.

Um den Fusionsprozess in Gang zu setzen, interagiert ein ultrakurzer Laserpuls mit kleinen Brennstoffpellets in einer Zielstruktur mit hoher Intensität. Durch die schnelle Abgabe von Laserenergie wird die Fusion der Brennstoffkerne ausgelöst, bevor sich die Zielstruktur auflösen kann. Da der gesamte Prozess so schnell abläuft, werden die Teilchen durch ihre eigene Trägheit eingeschlossen. Um eine für den kommerziellen Betrieb ausreichende Größe zu erreichen, müssen die Brennstoffpellets mehrmals pro Sekunde bestrahlt und gezündet werden. Ein Injektor schiebt ein neues Pellet in die Zielkammer, wo es von dem eintreffenden Laserpuls getroffen wird und während des Fusionsprozesses Energie freisetzt. Ergänzende Systeme wandeln die freigesetzte Energie in Elektrizität um. Durch Anpassung der Pellet-Injektionsrate und der entsprechenden Laserpulse pro Sekunde kann unser Fusionskraftwerk die Gesamtenergieproduktion an den Marktbedarf anpassen. Marvel Fusion setzt maßgeschneiderte nanostrukturierte Brennstoffpellets ein, um Effekte auf atomarer Ebene auszunutzen, die die Rate der pB11-Fusionsreaktionen erhöhen. Die Fusion ist das genaue Gegenteil der Kernspaltung. Sie ist sicher, sauber und hinterlässt keine problematischen, langlebigen Abfälle. Eine Kettenreaktion ist physikalisch unmöglich. Marvel Fusion entwickelt die lasergesteuerte Fusion als Lösung für die globale Energiewende hin zu kohlenstofffreien Emissionen.

Weltweit nur 30 Unternehmen, die an Kernfusion arbeiten

Neben verschiedenen Universitäten haben sich laut Freund weltweit nur drei Unternehmen auf die laserbasierte Kernfusion spezialisiert. Um die laserbasierte Kernfusion besser zu erforschen, kooperiert das Münchner Start-up seit diesem Jahr mit der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU). „An der LMU steht eine der stärksten Laseranlagen in Europa“, sagt Freund. In den kommenden Monaten soll dieser Laser weiter optimiert werden. „Bei Lasern bedeutet das zum Beispiel: bessere Spiegel und bessere Optiken, die eingebaut werden.“ Der Freistaat Bayern unterstützt die Partnerschaft zwischen Marvel Fusion und der LMU und schießt zweieinhalb Millionen Euro für die Forschung zu, vor allem, um den Laser noch leistungsfähiger zu machen. „Die umweltfreundliche Energiegewinnung mit Kernfusion war jahrzehntelang ein abstrakter Traum – jetzt kann sie konkrete Hoffnung werden“, sagt Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) dazu, und: „Ich würde mir wünschen, dass auch die Bundesregierung dieses Potenzial erkennt.“

Energiegewinnung durch Kernfusion weiterhin Zukunftstraum?

Das Problem allerdings ist, dass die Fusionsreaktion sehr energieintensiv ist und nur extrem kurz anhält – aber eine kurze Fusion ist zu wenig, um nutzbare Energie zu erzeugen. Experten befürchten deshalb, dass es nochlange dauern könnte, bis die Fusion tatsächlich wie gewünscht funktioniert – oder, wie in Kalifornien angeblich geschehen.

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