Globales Plastikabkommen reloaded

Zweite Verhandlungsrunde legt wichtige Grundsteine gegen die globale Plastiklawine

In Paris endete am 02.06.2023  die zweite internationale Verhandlungsrunde (INC-2) für ein neues globales Plastikabkommen. Die internationale Meeresschutzorganisation OceanCare zieht eine gemischte Bilanz. So wollen etwa Öl-exportierende Länder der globalen Flut an Neuplastik kaum rechtlich verbindliche Grenzen entgegensetzen. Zudem konnte das Regelbuch (Rules of Procedures) nicht final angenommen werden. Ebenfalls Streitpunkt blieb, ob Entscheide im Konsens gefällt werden müssen oder ob Abstimmungen möglich sein werden.

Plastik in der Fischerei: Taue, Netze, Schwimmer – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Während die Plastik-, Chemie-Industrie und Konsumgüterhersteller in großer Anzahl in Paris vertreten waren, gab es auch eine starke Präsenz wissenschaftlicher Beobachter. Die Wissenschaft sei entscheidend für ein erfolgreiches künftiges Plastikabkommen, heißt es. Nichtregierungsorganisationen fordern, die globale Produktion von Kunststoffen deutlich zu verringern, wogegen die Kunststoffindustrie technische Innovationen in den Fokus rücken will – vor allem besseres Recycling. Einige Forschende kritisierten, dass auch ein aktueller Bericht des Umweltprogramms der UN eher auf technische Lösungen als auf die Vermeidung von Kunststoffen fokussiert.

Insgesamt sei der Weg für die dritte Verhandlungsrunde (INC-3), die im November in Nairobi, Kenia, stattfinden solle, bereitet. Aus Sicht von OceanCare ist insbesondere positiv zu bewerten, dass das Problem von Fischereigerät und Geisternetzen von zahlreichen Staaten anerkannt und herausgestrichen worden sei. Der Bedarf an massgeschneiderten und rechtsverbindlichen Richtlinien, die herrenloses Fischereigerät effektiv begrenzten, sei unabdingbar, heißt weiter.

„Geisternetze gehören zur schädlichsten Form von Plastikverschmutzung im Meer. Sie können jahrhundertelang unkontrolliert weiterfischen und sind tödlich für alles Leben im Meer. Diese Plastikverschmutzung kennt keine nationalen Grenzen. Es handelt sich um eine globale Bedrohung, die eine globale Antwort erfordert. Ich baue auf den künftigen Plastikvertrag und hoffe, dass wir Geisternetzen und dem Raubbau, den sie verursachen, endlich ein Ende setzen können. Die Weltgemeinschaft muss sich nun an die Arbeit machen, um den gesamten Lebenszyklus von Fanggeräten zu berücksichtigen und einen klaren Weg für ehrgeizige Massnahmen zur Beendigung dieser problematischen Verschmutzungsquelle zu entwickeln“, sagt Fabienne McLellan, Geschäftsführerin von OceanCare.

„Der Beginn der Verhandlungswoche war wenig ermutigend. Verfahrensfragen, die von einigen Staaten vorgebracht wurden, um den Prozess zu verzögern, haben INC-2 mehr als zwei Tage lang blockiert. Die anschliessenden Diskussionen geben jedoch Anlass zur Hoffnung. Während bis zu INC-3 eine Menge Arbeit auf dem Tisch liegt, hat OceanCare und Verbündete eine wichtige Grundlage geschaffen, um sicherzustellen, dass Fischereigeräte unter Berücksichtigung ihres gesamten Lebenszyklus in das künftige Abkommen aufgenommen werden können“, ergänzt Ewoud Lauwerier, Plastik Policy Experte bei OceanCare.

Ein Blick auf die Zahlen zeigt, wie groß die Herausforderung ist, der sich die Vereinten Nationen stellen: Laut Prognosen der OECD wird sich die Produktion von Kunststoffen von 2019 bis 2050 verdoppeln und bis 2060 verdreifachen. Nur ein Zehntel des Plastikmülls wird aktuell recycelt. Dieser Anteil wird sich laut OECD zwar erhöhen, allerdings nur auf 17 Prozent bis 2060. Der weitaus größere Teil wird demnach auch in Zukunft verbrannt, deponiert oder landet unkontrolliert in der Umwelt. Bereits heute enden pro Minute etwa vier Lkw-Ladungen Plastikmüll in Flüssen, Seen und Meeren – das sind jährlich rund 20 Millionen Tonnen, Tendenz steigend. Weitere Daten, Grafiken und Recherchequellen zum Plastikproblem finden Sie in eiem Living Fact Sheet des SMC (sciencemediacenter.de/un-plastikabkommen-muss-die-produktion-gedrosselt-werden).

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