Gebäudeenergiegesetz beschlossen

Bundestag stimmt für Heizungsgesetz

Nach monatelangem Gezerre hat der Deutsche Bundestag am 08.09.2023 das Gebäudeenergiegesetz (GEG), vulgo Heizungsgesetz, beschlossen, welches das Heizen deutlich klimafreundlicher machen soll. Für das Gesetz stimmten 399 Abgeordnete, mit Nein 275 bei 54 Enthaltungen. Jetzt blickt die Ampelregierung etwas nervös nach Karlsruhe; das BVerfG könnte das Gesetz wegen formeller Mängel des Verfahrensablaufs stoppen. Die Novelle soll dazu führen, dass alle Öl- und Erdgasheizungen nach und nach ausgetauscht werden. Denn künftig soll jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Das Gesetz soll Anfang 2024 in Kraft treten, aber zunächst nur für Neubaugebiete gelten. Für Bestandsbauten soll eine kommunale Wärmeplanung in Kraft treten – die gibt es aber noch nicht.

Fernwärmeleitungen in Berlin – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Das zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Klima sieht im GEG einen Startschuss für den Umstieg aufs Heizen mit Erneuerbaren Energien. Es leite eine umfassende Modernisierung der Wärmeversorgung in Deutschland ein: „Mit mehr Fernwärme und effizienterer, sparsamerer und klimafreundlicher Heiztechnologie geht damit die Wärmepolitik in Deutschland nach Jahren des Stillstandes auf einen zukunftsfähigen Kurs“, so das BMWK n einer Medienerklärung. Verbraucherinnen und Verbraucher, Wohnungswirtschaft, Heizungsindustrie und Handwerk hätten mit den neuen Regelungen eine klare Richtschnur für ihre Investitionsentscheidungen. So könnten Erneuerbare Energien im Gebäudebereich zum Standard werden und Schritt für Schritt klimaschädliche Heizungen auf Basis von Erdgas oder Erdöl ersetzen. Klimaschutz und Energiesicherheit kommen mit diesem Gesetz Jahr für Jahr verlässlich voran.

Damit beim Umstieg auf eine zeitgemäße Heizung niemand überfordert werde, gebe es ausreichende Übergangsfristen sowie Härtefallregelungen und eine Förderung für den Heizungstausch bis 70%. Die Fristen harmonierten mit den geplanten Vorgaben für die Erstellung von Wärmeplänen nach dem Wärmeplanungsgesetz. EigentümerInnen können beim Umstieg auf erneuerbare Energien frei zwischen unterschiedlichen Technologien wählen. Bestehende Öl- und Gasheizungen sind nicht von der Regelung betroffen und können weiter genutzt werden.

Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck: „Wir haben monatelang intensiv über dieses Gesetz debattiert, und die vielen Diskussionen und Gespräche haben dieses Gesetz besser gemacht. Nun können wir sagen: Das Gesetz ist eine zentrale Weichenstellung für den Klimaschutz. Wir werden unabhängiger von fossiler Energie und stärken so die Energiesicherheit. Wir schützen Verbraucherinnen und Verbraucher vor steigenden Preisen für Erdgas und Erdöl. Und wir setzen einen Impuls für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands bei grünen Technologien. Zentral ist, dass wir die Bürgerinnen und Bürger bei den anstehenden Investitionen mit unserer Förderung unter die Arme greifen, so dass sie sich den Umstieg leisten können. Es gibt in Zukunft bis zu 70% Förderung für den Heizungstausch, um insbesondere Haushalte mit geringen und mittleren Einkommen zu unterstützen. Das ist wichtig.“

Die Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen Klara Geywitz: „Nach den intensiven Diskussionen der letzten Monate um das sog. „Heizungsgesetz“ freue ich mich, dass dieses heute vom Deutschen Bundestag beschlossen worden ist und im Ergebnis ein wirklich gutes Gesetz geschaffen wurde. Es bringt uns dem Ziel der Klimaneutralität 2045 ein gutes Stück näher, ohne dabei die Eigentümer und Mieter zu überfordern. Das Gesetz bietet echte Technologieoffenheit. Durch die Verknüpfung mit der kommunalen Wärmeplanung gibt es den Gebäudeeigentümern die Möglichkeit, sich bei der Entscheidung für eine klimafreundliche Heizung an den Inhalten der Wärmepläne zu orientieren und schafft so nach und nach Planungs- und Investitionssicherheit. In Verbindung mit den erweiterten gesetzlichen Erfüllungsoptionen und den großzügigen Übergangsfristen hat jeder Gebäudeeigentümer die Möglichkeit, die für ihn passende und sachgerechte Option zur Erfüllung der 65% EE-Vorgabe zu wählen, egal, ob er auf dem Land oder in der Stadt wohnt.“

39,2 Millionen Tonnen CO2 einsparen – bestenfalls

Nach Berechnungen des Öko-Instituts könnten mit dem neuen Heizungsgesetz bis 2030 im günstigsten Szenario 39,2 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Das aber nur, wenn sich 70 Prozent der betroffenen Gebäudeeigentümer bereits vor dem Abschluss der kommunalen Wärmeplanung für eine klimafreundliche Heizung entscheiden, etwa für eine Wärmepumpe. Im ungünstigsten Szenario entscheiden sich 90 Prozent bis dahin nicht für klimafreundliche Heizungen – dann würden nur 10,8 Millionen Tonnen CO2 eingespart. Für den im April vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf rechnete das Ministerium mit einer Einsparung bis 2030 von rund 54 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten.

Kurzüberblick über das Gesetz:

  • In Neubaugebieten muss ab dem 01.01.2024 jede neu eingebaute Heizung mindestens 65% Erneuerbare Energie nutzen.
  • Für Bestandsgebäude und Neubauten, die in Baulücken errichtet werden, gilt diese Vorgabe abhängig von der Gemeindegröße nach dem 30.06.2026 bzw. 30.06.2028. Diese Fristen sind angelehnt an die im Wärmeplanungsgesetz vorgesehenen Fristen für die Erstellung von Wärmeplänen. Ab den genannten Zeitpunkten müssen neu eingebaute Heizungen in Bestandsgebäuden und Neubauten außerhalb von Neubaugebieten die Vorgaben des Gesetzes erfüllen. Um es den EigentümerInnen zu ermöglichen, die für sie passendste Lösung zu finden, kann während einer Übergangsfrist von fünf Jahren noch eine Heizung eingebaut werden, die die 65% EE-Vorgabe nicht erfüllt.
  • Bestehende Heizungen sind von den Regelungen nicht betroffen und können weiter genutzt werden. Auch wenn eine Reparatur ansteht, muss kein Heizungsaustausch erfolgen.
  • Der Umstieg auf Erneuerbare erfolgt technologieoffen. Bei einem Heizungseinbau oder -austausch können HauseigentümerInnen frei unter verschiedenen Lösungen wählen: Anschluss an ein Wärmenetz, elektrische Wärmepumpe, Stromdirektheizung, Biomasseheizung, Hybridheizung (Kombination aus Erneuerbaren-Heizung und Gas- oder Ölkessel), Heizung auf der Basis von Solarthermie und „H2-Ready“-Gasheizungen, also Heizungen, die auf 100 Prozent Wasserstoff umrüstbar sind. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass es einen rechtsverbindlichen Investitions- und Transformationsplan für eine entsprechende Wasserstoffinfrastruktur vor Ort gibt.
  • Daneben ist jede andere Heizung auf der Grundlage von Erneuerbaren Energien bzw. eine Kombination unterschiedlicher Technologien zulässig. Dann ist ein rechnerischer Nachweis für die Erfüllung des 65%-Kriteriums zu erbringen.
  • Um auch bei Öl- und Gasheizungen, die ab dem 01.01.2024 eingebaut werden, den Weg Richtung klimafreundliches Heizen einzuschlagen, müssen diese ab 2029 stufenweise ansteigende Anteile von grünem Gasen oder Öl verwenden: Ab dem 01.01.2029 15 %, ab dem 01.01.2035 30 % und ab dem 01.01.2040 60 %.
  • Das Gebäudeenergiegesetz enthält weitere Übergangsregelungen, z.B. wenn der Anschluss an ein Wärmenetz in Aussicht steht, und eine allgemeine Härtefallregelung, die auf Antrag Ausnahmen von der Pflicht ermöglicht. Im Einzelfall wird dabei etwa berücksichtigt, ob die notwendigen Investitionen in einem angemessenen Verhältnis zum Ertrag oder in einem angemessenen Verhältnis zum Wert des Gebäudes stehen. Auch Fördermöglichkeiten und Preisentwicklungen fließen hier ein. Aber auch aufgrund von besonderen persönlichen Umständen, wie etwa einer Pflegebedürftigkeit, kann eine Befreiung von der Pflicht zum Heizen mit Erneuerbaren gewährt werden.
  • Für den Umstieg aufs Heizen mit Erneuerbaren gibt es finanzielle Unterstützung in Form von Zuschüssen, Krediten oder steuerlicher Förderung. So sind bis zu 70% Förderung möglich. Alle Antragstellenden können eine Grundförderung von 30% der Investitionskosten erhalten. Haushalte im selbstgenutzten Wohneigentum mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von unter 40.000 Euro erhalten noch einmal 30% Förderung zusätzlich (einkommensabhängiger Bonus). Außerdem ist für den Austausch alter Heizungen ein Klima-Geschwindigkeitsbonus von 20% bis 2028 vorgesehen, welcher sich ab 2029 alle 2 Jahre um 3 Prozentpunkte reduziert. Die Boni sind kumulierbar bis zu einer maximalen Förderung von 70%.
  • Zusätzlich ist neu ein Ergänzungskredit für Heizungstausch und Effizienzmaßnahmen bei der KfW erhältlich, bis zu einem Jahreshaushaltseinkommen von 90.000 Euro zinsverbilligt. Sonstige energetische Sanierungsmaßnahmen werden weiterhin mit 15% (bei Vorliegen eines individuellen Sanierungsfahrplans mit 20%) Investitionskostenzuschuss gefördert. Auch die Komplettsanierung von Wohn- und Nichtwohngebäuden auf ein Effizienzhaus-Niveau sowie alternativ die steuerliche Förderung bleiben unverändert erhalten.
  • Dazu wird jetzt die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) novelliert und soll gemeinsam mit dem GEG zum 01.01.2024 Inkrafttreten.
  • Durch die weitreichende Förderung des Heizungsaustauschs werden auch die Mieterinnen und Mieter vor hohen Mietsteigerungen geschützt, denn die Fördermittel müssen von den Kosten der Modernisierungsmaßnahme abgezogen werden. Dadurch kommt die Förderung den Mieterinnen und Mietern zu Gute, da die Modernisierungsmieterhöhung entsprechend geringer ausfällt. Zusätzlich gilt eine Kappungsgrenze von 50 Cent pro Quadratmeter für alle Heizungsaustausche. Damit ist sichergestellt, dass durch die Beteiligung des Staates an Kosten der Wärmewende Mieterhöhungen auf das erforderliche Maß begrenzt werden.

->Quelle: bmwk.de/20230908-bundestag-beschliesst-novelle-des-gebaeudeenergiegesetzes