2024 wurden fast 10.000 Großspeicher-Projekte beantragt. Der Boom zeigt, wie stark Markt und Netz in Bewegung geraten. Neue Studien zeigen, warum Standort und Betriebsweise entscheidend werden.

Das deutsche Stromnetz steht vor einem Umbruch: Immer mehr große Batteriespeicher sollen künftig Lastspitzen abfedern und erneuerbare Energie besser nutzbar machen. Foto von Pawel Hordjewicz
Der starke Ausbau von Wind- und Solaranlagen führt zu einem wachsenden Bedarf an einem flexiblen Stromsystem. Im Jahr 2024 gingen bei den Netzbetreibern fast 10.000 Anschlussanfragen für Großspeicher ein. Diese Projekte sollen direkt an das Stromnetz der regionalen Versorger angeschlossen werden. Anträge für eine Gesamtleistung von rund 400 Gigawatt und eine Kapazität von mehr als 660 Gigawattstunden. Selbst wenn ein Großteil dieser Projekte nicht realisiert werden würde, zeigen die Anfragen, auf welchem beeindruckenden Level sich die Energiewende bewegt. Die Speicher werden zum festen Bestandteil des Stromnetzes und sind nicht nur eine Ergänzung. Studien erwarten, dass die installierte Kapazität der Großspeicher in Deutschland bis 2030 auf etwa 57 Gigawattstunden und bis 2050 auf mehr als 270 Gigawattstunden steigen könnte.
Der Boom hat starke Treiber. Marktakteure reagieren auf Preissignale, die seit dem starken Ausbau der Photovoltaik eindeutiger ausfallen. Im Jahr 2024 gab es 459 Stunden mit negativen Strompreisen. Gleichzeitig steigen die Preisspitzen zu Zeiten hohem Strombedarfs. Die Preissunterschiede im Laufe des Tages haben sich deutlich vergrößert, wodurch sich Arbitrage mehr lohnt. Betreiber richten sich deshalb an den kurzfristigen Preisunterschieden aus: Sie laden in Phasen niedriger Preise und speisen wieder ein, wenn der Preis steigt. Der zunehmende Speicherbetrieb verkleinert Preisspitzen, wirkt stabilisierend und macht die Einspeisung erneuerbarer Energien besser nutzbar. Die Tatsache, dass Großspeicher ohne staatliche Förderung und rein marktgetrieben entstehen, unterstreicht die wirtschaftliche Reife der Technologie. Der Zubau zeigt, wie eng Markt und die Anforderungen eines Stromsystems mit erneuerbaren Energien inzwischen miteinander verschränkt sind.
Ein Speicher, der sich nach Börsenpreisen richtet, achtet zwar nicht automatisch darauf, wie stark die umliegenden Stromleitungen belastet sind. Was je nach Standort auch zu zusätzlichen Engpässen führen könnte. Darauf weisen Studien von FfE und TenneT hin. Besonders im Norden zeigt sich bereits, dass viele geplante Speicher auf Netze treffen, die wegen der hohen Windstrommengen heute schon stark ausgelastet sind.
Deswegen lassen sich neue Anlagen dort nur begrenzt sinnvoll einbinden. Weiter südlich ist die Lage günstiger. Solarreiche Regionen bieten häufig Bedingungen, unter denen der profitorientierte Betrieb eines Speichers eher hilfreich für die lokale Netzsituation ist. Der Standort ist also laut der Studie der entscheidende Faktor. Er bestimmt, ob ein Speicher das Netz zusätzlich belastet oder es entlastet. Als erste Lösungsansätze gelten klar vereinbarte Leitplanken zwischen Batterie-Projekten und Netzbetreibern sowie engere Abstimmungen bei der Betreibung der Batterien.
Aktuell ist eine spannende Zeit für die grüne Transformation. Denn es entstehen (auch in Deutschland) Projekte, die neue Maßstäbe setzen. In Jänschwalde planen LEAG Clean Power und Fluence Energy ein Speichersystem mit einem Gigawatt Leistung und vier Gigawattstunden Kapazität. Solche Anlagen zeigen, wie weit die Technik ist und dass große Batteriespeicher profitabel sind und auch eine Preis- und Stromnetz-stabilisierende Wirkung haben.
Quellen:
- Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE): „Netzverträglicher Ausbau von Großbatteriespeichern – Lösungsansätze aus der Praxis“
- LEAG Clean Power GmbH & Fluence Energy GmbH: Pressemitteilungen zum Projekt GigaBattery Jänschwalde 1000 (1 GW / 4 GWh)
- Bundesnetzagentur: Dokument zu Netzentgelten für Großbatterien
- TenneT TSO GmbH: Studie „Quo Vadis, Großbatteriespeicher?“