„Gottgegeben und totgeschwiegen“

Sie können mit ein paar Klicks im Internet jedem Laien zeigen, dass die EEG- Vergütungszahlungen für die Anlagenbetreiber in den vergangenen Jahren kaum gestiegen ist. Wo genau sind Sie da auf welche Zahlen gestoßen?

Seit der Ausgleichsmechanismusverordnung (AusglMechV), also beginnend mit Herbst 2009 sind die Übertragungsnetzbetreiber verpflichtet, die EEG-Umlage bis zum 15. Oktober eines Kalenderjahres zu ermitteln und zu veröffentlichen. Die Originalzahlen der Vergütungszahlungen, also die Berechnung der EEG-Umlage usw. findet man schlicht und einfach auf deren Website. Jeder, der einen Internetanschluss besitzt, kann die Zahlen unter www.netztransparenz.de unter Erneuerbare-Energien-Gesetz – Jahresabrechnungen finden.

Die Tabellen ab dem Jahr 2000 bis 2013 zeigen jeweils für das betreffende Jahr die Summe der EEG-Vergütungszahlungen, bzw. ab dem Jahr 2012 zusätzlich noch die Summe für die Marktprämie im Rahmen der Direktvermarktung. Das sind die reinen, über den Strompreis finanzierten Förderkosten. Die Jahresabrechnung für das vergangene Jahr wird im Sommer veröffentlicht und beinhaltet die endgültigen Zahlen. Die Zahlen für das laufende Jahr, bzw. nach Jahreswechsel die des letzten Jahres, wenn die Datenlage noch nicht endgültig bekannt ist, findet man als vorläufige Zahlen in der EEG-Kontenübersicht in der Einnahmen/Ausgaben-Tabelle – genauer gesagt: ganz oben unter den Ausgabenpositionen. Das ist keine Raketenwissenschaft, sondern kann jeder nachschauen. Und jeder kann mittels Taschenrechner oder Excel-Tabelle die Entwicklung der Auszahlungen an die Anlagenbetreiber von 2000 bis 2014 ermitteln.

Was hat Sie dazu gebracht, das zu untersuchen?

Jahrelang war überall zu lesen und hören, dass die Photovoltaik den Riesen-Löwenanteil an den EEG-Zahlungen ausmacht, also war die Entwicklung bei der Photovoltaik letztendlich so etwas wie ein Indikator für die gesamten EEG-Zahlungen. Ab 2010 begannen etliche Kürzungsrunden. Ich fragte mich, ob derart überproportionale Steigerungen der EEG-Umlage noch möglich sein können nach diesen vielen Kürzungsrunden und ob der Zubau tatsächlich so überdimensional stark war, dass er die Kürzungen der Neuanlagen überkompensiert. Also begann ich danach zu schauen, wie hoch die Zahlen tatsächlich sind und wie sie sich entwickelt haben. Ich war mehr als überrascht über das Ergebnis!

Warum hat die Presse das nicht geschafft?

Das ist eine gute Frage, die ich mir auch oft gestellt habe. Vor allem hätte ich gerne gewusst, warum keine der angeschriebenen Printmedien jemals auf die Informationen reagiert hat, die ich ihnen mehrmals zukommen ließ. Die Thematik wurde schlicht totgeschwiegen. Bedeutung und Folgen der AusglMechV wurden bis zum heutigen Tag nicht thematisiert. Sicher liest man in der Presse immer wieder etwas zu sinkenden Börsenpreisen und zum Teil auch, dass genau dadurch die Umlage steigt. Dieser Sachverhalt wird aber meist so kommuniziert, als sei er gottgegeben, als könne man daran nichts ändern und als sei das schon immer so gewesen – ein Zusammenhang, feststehend und unveränderlich wie ein Naturgesetz – wie die Newtonschen Gesetze oder der Energieerhaltungssatz. Ist es aber nicht. Das EEG-Paradoxon ist menschengemacht und kein Zustand, den es schon immer gab.

Der Knick in der Entwicklung der EEG-Umlage ab 2009 ist so deutlich und unübersehbar, dass er Fragen aufwirft. Allein mit einem hohen PV-Zubau ist das nicht erklärbar. Journalisten der „alten Schule“ hätten hier genauer hingeschaut und begonnen zu recherchieren, was 2009 los war. Das ist leider nicht geschehen. Wenn die EEG-Umlage überhaupt in der breiten Zeitungslandschaft kritisch hinterfragt wurde, wurde sich an den Industrieausnahmen abgearbeitet.

Warum haben die Medien versagt?

In einer von Existenzkrisen und hohem Personalabbau gekennzeichneten Branche gilt folgendes Prinzip: Wessen Botschaft plakativ in eine Zeitungsschlagzeile passt, hat gewonnen. Die Begriffe Subventionsempfänger und Energiearmut waren sehr schlagzeilentauglich. Wer hingegen langwierig argumentieren und komplizierte Sachverhalte erklären muss, der hat medial schnell verloren.

Auch das, was der frühere Spiegel-Redakteur Harald Schumann als „Blattlinie“ bezeichnet, könnte eine Rolle spielen. Schumann hatte 2004 unter öffentlichem Protest gekündigt, als Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust einen gründlich recherchierten Windkraftartikel mit positivem Tenor ablehnte und stattdessen eine negative Windkraft-Geschichte bei einem Autor gezielt bestellte und diese auch noch zur Titelstory machte. Schumann ist deutlich in seinen Aussagen. „Bei meinem früheren Arbeitgeber war die Verbreitung von Behauptungen zum Schutz der Interessen der betroffenen Konzerne die offizielle Blattlinie.“

Folgt: War die Regenerativbranche Zielscheibe einer gezielten Kommunikationskampagne?